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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afghanistan

Geschrieben am 17-08-2009

Bielefeld (ots) - Afghanistan hat die Wahl in dramatischer Lage.
Im Juli starben 76 Nato-Soldaten und auch die Zahl ziviler Opfer ist
so hoch, wie seit der Vertreibung der Taliban 2001 nicht mehr. Die
Islamisten kontrollieren weite Landstriche, noch mehr Tote und
Verletzte sind in den kommenden Tagen mehr als wahrscheinlich.
Wahnsinn, jetzt zu wählen!
Allerdings: In den zwei Jahrzehnten davor, während der sowjetischen
Besatzung und des anschließenden Bürgerkriegs war das Land noch
unsicherer als heute. Bis zu zehn Millionen Afghanen flüchteten
damals nach Pakistan und in alle Welt. Wenn also Demokratisierung,
dann jetzt das Nötige durchsetzen. In Kabul herrscht fast normales
Leben wie in anderen Metropolen Vorderasiens auch. Mit der Wahl
verbinden sich Hoffnung auf Stabilisierung und bescheidenen
Wohlstand.
Einzig die nicht unwahrscheinliche Wiederwahl des korrupten
Präsidenten Hamid Karsai stört die Aussicht auf vielleicht sogar
demokratische Zeiten. Der elegante Paschtune mit der grauen Fellkappe
könnte im ersten Durchgang mehr als 50 Prozent schaffen - in der
Wahlkabine oder mit Nachhilfe bei der folgenden Auszählung, um deren
Neutralität gefürchtet werden muss. Kommt es zur Stichwahl, steigen
die Chancen des Herausforderers Ex-Außenminister Abdullah Abdullah.
Karsai hatte das Blaue vom Himmel versprochen, aber weder Frieden
noch echten Neuanfang geliefert. Die Afghanen sahen 2004 in ihm den
Modernisierer, haben aber traditionelle Regierungsmethoden bekommen.
Statt Parlamentsentscheidungen zählen Beziehungen, Vetternwirtschaft
und Hinterzimmerabsprachen. Karsai betreibt Politik als Ausgleich von
Claninteressen, wo gute Beziehungen zu den Stammesältesten zählen.
Dass er den berüchtigten Warlord Abdul Raschid Dostum jetzt auch noch
in sein Team geholt hat, kann die Afghanen kaum überraschen.
Wirtschaftsleistung, Arbeitslosenquoten oder gar Gleichberechtigung
spielen in dieser Welt keine Rolle. Dafür verschwinden seit Jahren
Millionen-Beträge zur Modernisierung der Gefängnisse, für die Karsai
dem Westen gegenüber persönlich die Verantwortung übernommen hat. Wer
sich den Zustand 2009 anschaut, erkennt kaum Unterschiede zu 2001.
Nur eines ist anders als zu Taliban-Zeiten. Die Zahl junger Frauen
unter den Häftlingen ist auffällig hoch. Ihr sexueller Missbrauch im
großen Stil ist bekannt. Hohe Nato-Offiziere klagen inzwischen ganz
offen über dies eine Beispiel. Allein, es ändert sich nichts.
Für die jüngeren Afghanen - zwei Drittel sind höchstens 30 Jahre alt
- geht es um die Befreiung aus einer Welt von gestern. Sie kennen
richtige Demokratie aus dem Internet. Sie wollen Rechenschaft
abgelegt sehen und mit ihrer Stimme etwas bewirken. Der Westen setzt
deshalb hohe Hoffnungen in ihr Stimmverhalten und ihren Mut, sich
trotz Drohungen ins Wahllokal zu begeben.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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