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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zur Einigung im Kita-Tarifstreit

Geschrieben am 27-07-2009

Bielefeld (ots) - Es war eine Problemschwangerschaft, die in einer
Zangengeburt endete. Doch nun ist er endlich da, der neue
Tarifvertrag für die Erzieherinnen in den kommunalen Kindergärten.
Aus Gewerkschaftssicht ist es ein wahrer Prachtkerl geworden:
Durchschnittlich 120 Euro mehr im Monat für die Erzieherinnen, dazu
erstmals eine Übereinkunft über ein Anrecht der 220 000 Beschäftigen
auf individuellen Gesundheitsschutz - Verdi und GEW haben sich mit
ihren Forderungen weitgehend durchgesetzt.
Abertausenden Eltern dürfte ein Stein vom Herzen fallen. Vorbei sind
die nervigen Streik-Tage mit Notgruppen und Alarm-Einsatz von
Großeltern, Nachbarn oder Freunden. Endlich ist die Kinderbetreuung
wieder verlässlich planbar. Und den wahrlich nicht üppig entlohnten
Erzieherinnen gönnt man die Gehaltssteigerung von Herzen.
Also: Ende gut, alles gut? Im Gegenteil: Der neue Tarifvertrag
markiert erst den Anfang eines langen Weges.
Erstens: Nicht die Kommunen, sondern die Kirchen sind der größte
Kindergartenträger. Warum sollten den Erzieherinnen in den
kirchlichen Einrichtungen jene Segnungen vorenthalten werden, die die
Gewerkschaften für die kommunalen Kolleginnen erstritten haben? Auch
der Arbeiterwohlfahrt, die in Ostwestfalen-Lippe 110 Kindergärten
betreibt und einen eigenen Tarifvertrag hat, steht diese Diskussion
noch bevor - Streikrecht inklusive.
Zweitens: Wer soll das bezahlen? Auf Städte und Gemeinden kommen
Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe zu. Entweder muss dieses
Geld an anderer Stelle eingespart werden - etwa bei der Kultur, bei
der Sportförderung, beim Straßenunterhalt -, oder die
Kindergartengebühren steigen, was politisch aber kaum durchsetzbar
sein dürfte. NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) steht somit
neuer Zwist um das umstrittene Kibiz-Gesetz ins Haus, das den Anstieg
der Landesförderung auf 1,5 Prozent pro Jahr begrenzt, obwohl die
Kosten stärker steigen.
Drittens: Der neue Tarifvertrag bügelt nur die Sünden der
Vergangenheit aus. Die Gretchenfrage aber, wie unsere Kinder früher
und besser in ihrer Entwicklung gefördert werden können, bleibt
unbeantwortet. Gerade einmal 3,6 Prozent der Kita-Beschäftigten haben
hierzulande eine akademische Ausbildung. Im Vergleich etwa mit
Schweden oder Finnland sind wir damit Entwicklungsland, was die
frühkindliche Pädagogik betrifft. »Wir müssen an die Qualität ran«,
lautet denn auch Laschets Erkenntnis. Die Wirklichkeit: Die
Übergangsfrist zur Nachschulung der Kita-Ergänzungskräfte ist in
Nordrhein-Westfalen gerade um zwei Jahre verlängert worden - eine
Qualitätsoffensive sieht anders aus.
Wer tatsächlich bessere Kindergärten will, der muss investieren - in
Aus- und Fortbildung, in wissenschaftlich fundierte Konzepte, in
wirklich angemessen entlohntes Fachpersonal. Ein paar hundert
Millionen Euro im Jahr reichen da kaum aus.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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