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WAZ: Sozialenzyklika des Papstes - Maßstäbe für die Weltenlenker. Leitartikel von Angelika Wölk

Geschrieben am 07-07-2009

Essen (ots) - Der Zeitpunkt war überirdisch gut: Genau einen Tag
vor dem G-8-Gipfel veröffentlicht Papst Benedikt seine erste
Sozialenzyklika. Der Papst, der Stellvertreter Christi auf Erden,
wendet sich geradezu direkt an die Weltenlenker im italienischen
L'Aquila. In seinem Schreiben allerdings geht es eher um das
Irdische: um Finanzmakler, Gier, Wirtschaftskrise, menschliches
Versagen und um Gerechtigkeit, Nächstenliebe, das Gemeinwohl.

Papst Benedikt schreibt den Politikern eine deutliche Botschaft
ins Stammbuch. Dabei analysiert er die Ausgangslage für seine
Schlussfolgerungen in dramatischen Worten: Er spricht von
Verzerrungen in der Wirtschaft, unzureichender Flüchtlingspolitik,
von Ausbeutung der Umwelt, wachsender Armut nicht nur in armen
Ländern, sondern auch in reichen Industrienationen. Es ist eine
krasse Anklage an all jene, die das mit zu verantworten haben. Doch
Benedikt belässt es nicht bei der Kritik. Seine Enzyklika ist ein
Appell zum Umdenken an Politiker, Unternehmen, an jeden Einzelnen.
Die Krise als Chance.

Die Forderung nach einer "Weltregierung" hingegen mutet eher
weltfremd an, wie aus einem Science-Fiction-Film. Sicherlich: Utopien
beflügeln. Und sicherlich steht es einem Papst zu, von einer besseren
Welt zu träumen. Ob es jedoch je umgesetzt wird, weiß nur der Himmel.

Doch abgesehen davon: Benedikt überrascht in seiner
Sozialenzyklika vor allem mit dem Ton. Er ist versöhnlich, das Wort
"Liebe" kommt beinah auf jeder der 70 Seiten vor. Und vieles, vor
allem zur Entwicklungspolitik oder zum Thema Umweltschutz klingt wie
von den Globalisierungskritikern von Attac.

Seine theologischen Ableitungen dagegen, die er über weite
Passagen erklärt, sind für Nicht-Theologen nur schwer verständlich.
Sie klingen zuweilen, als fürchte sich Benedikt, in den weltlichen
Fragen unterzugehen. Und dennoch: Hier ist nicht der Hauch jener
rückwärts gewandten Pius-Bruderschaften zu spüren, den man in den
vergangenen Monaten schon überall im Vatikan auszumachen wähnte. Die
erste Sozialenzyklika des Papstes trifft mehr den Geist der Zeit. Und
in vielen Kapiteln ist sie - ungewöhnlich genug für den feinsinnigen
Benedikt - durchaus politisch. Konkretere Rezepte gegen die Krise
bietet sie nicht. Doch was sie bietet, das sind Maßstäbe für das, was
die Weltenlenker in L'Aquila beschließen wollen. Und deshalb war der
Zeitpunkt tatsächlich überirdisch gut.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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