(Registrieren)

Sicherheits-Krise in deutschen Atomkraftwerken

Geschrieben am 06-07-2009

Berlin (ots) - Deutsche Umwelthilfe warnt vor Billig-Nachrüstungen
in Alt-Reaktoren - Noch intakter Trafo in Krümmel stammt aus
Uralt-Kraftwerk Brunsbüttel - Zuverlässigkeitsprüfung des Betreibers
Vattenfall darf nicht zur "folgenlosen Routine" werden - Altreaktoren
nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik überprüfen

Weil die AKW-Betreiber in Deutschland auf den Ausstieg aus dem
Atomausstieg unter einer schwarz-gelben Regierung spekulieren, nimmt
das Risiko einer schweren Atomkatastrophe in Deutschland systematisch
zu. Auf diesen unter Reaktorsicherheitsexperten diskutierten
Zusammenhang hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) anlässlich der
neuen Störfallserie im Atomkraftwerk Krümmel hingewiesen.

Statt alternde und besonders störanfällige Reaktoren stillzulegen
und nicht genutzte Stromkontingente entsprechend den geltenden
Regelungen des Atomausstiegsgesetzes auf neuere Anlagen zu
übertragen, versuchten die Betreiber diese Kraftwerke mit
Billig-Reparaturen und -Nachrüstungen über den Wahltermin zu retten.
Weil die Zukunft der Meiler unsicher sei, würden teure Nachrüstungen,
die nach dem Wortlaut des Atomgesetzes dem heutigen Stand von
Wissenschaft und Technik genügen müssen, systematisch verweigert.

"Die AKW-Betreiber haben den Ausstiegsvertrag selbst unterzeichnet
und spekulieren nun auf seinen Bruch. Union und FDP müssen wissen,
welche praktischen Folgen ihre Atomstrategie aktuell für die
Sicherheit dieses Landes hat", sagte der Leiter Politik und Presse
der DUH, Gerd Rosenkranz. Die Handhabung des Transformatoren-Problems
in Krümmel sei dafür "ein gutes Beispiel". Vattenfall und Eon hatten
den Transformator des AKW Krümmel, der vor zwei Jahren spektakulär
ausbrannte, nicht durch einen fabrikneuen ersetzt, sondern den Ersatz
im Uralt-Reaktor Brunsbüttel beschafft. Im seinerzeit intakt
gebliebenen zweiten Trafo, ist nun trotz "umfangreicher Prüfungen und
Analysen" (O-Ton Vattenfall) ein fast identischer Störfall
aufgetreten. Als "zweiter Strang" stand lediglich der
"Austausch-Trafo" aus dem noch älteren Atomkraftwerk Brunsbüttel zur
Verfügung. Rosenkranz: "Die frühere Maxime ´Sicherheit geht vor
Wirtschaftlichkeit´ ist längst einer anderen geopfert worden. Die
lautet: möglichst billig über die Runden kommen." Schon vor drei
Jahren hatte der technische Kraftwerksleiter des Brunsbüttel-Reaktors
erklärt, umfangreiche Nachrüstungen kämen vor einer Entscheidung über
eine Laufzeitverlängerung nicht in Frage. Mit ihrem Widerstand gegen
den von ihnen selbst ausgehandelten und unterzeichneten Atomausstieg
schaffe die Atomwirtschaft so neue Unsicherheiten. Deshalb müsse die
politische Debatte über eine Abkehr vom Atomausstieg aufhören.

Rosenkranz riet den Atomaufsichten in Bund und Ländern, auf das
neuerliche Desaster in Krümmel "nicht nur mit einer weiteren
Zuverlässigkeitsprüfung des Betreibers zu reagieren". Vielmehr sei
es "jetzt unumgänglich, die Sicherheit von Krümmel, Brunsbüttel und
allen anderen Atomkraftwerken zeitnah nach dem aktuellen Stand von
Wissenschaft und Technik zu überprüfen." Das verlange nicht nur das
Atomgesetz. Vielmehr hätte der Bund soeben nach fast sechsjährigen
Debatten mit allen Beteiligten, den Stand von Wissenschaft und
Technik im neuen Kerntechnischen Regelwerk (KTR) neu bestimmt.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und seine Kollegin Gitta
Trauernicht in Kiel müssten diese Regeln nun auch ohne Wenn und Aber
anwenden. Dann könnten weder Krümmel noch Brunsbüttel wieder in
Betrieb gehen. Insofern sei es ein "eklatanter Fehler des
Bundesumweltministers gewesen, die Anwendung des neuen
Kerntechnischen Regelwerks faktisch von der Zustimmung der Länder und
letztlich der AKW-Betreiber abhängig zu machen."

Die von der schleswig-holsteinischen Sozialministerin Gitta
Trauernicht angekündigte erneute Überprüfung der Zuverlässigkeit des
Betreibers Vattenfall dürfe nicht "zur folgenlosen Routine
verkommen", sagte die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH,
Cornelia Ziehm. Bei normalen Gewerbetreibenden, zum Beispiel
Gastwirten, reichten "ernsthafte Zweifel" der Behörde an der
Zuverlässigkeit, um die Betriebslizenz zu entziehen.

Für das Atomrecht müsse das Bestehen ernsthafter Zweifel an der
Zuverlässigkeit in Anbetracht des Gefahrenpotenzials erst recht
ausreichend sein, sagte die Juristin. Das Bundesverwaltungsgericht
habe in seinem Beschluss vom 17. April 1990 (Az. 7 B 111/89)
ausdrücklich festgestellt, "dass Störfälle im Betrieb eines
Atomkraftwerks Anhaltspunkt für die mangelnde Zuverlässigkeit des
Betreibers oder der verantwortlichen Personen oder für ungenügendes
Wissen des Betriebspersonals sein können". Ziehm: "Genau so liegt es
hier. Die neuen Störfälle in Krümmel und das wiederholte Verschweigen
von Vattenfall offenbaren grundlegende Mängel bei den
verantwortlichen Personen und in der Organisation des Betriebs."
Folglich sei nicht auszuschließen, dass deswegen auch künftig ein
erhöhtes Risiko bestehe. Der Austausch führender Manager von
Vattenfall Europe habe seit 2007 offensichtlich nicht ausgereicht, um
die Zuverlässigkeit herzustellen. Offensichtlich lägen die Probleme
bei Vattenfall "in den Strukturen und hier in den Gewinnzielen des
Konzerns", sagte Ziehm.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 01715660577, Tel.: 0302400867-21, Fax:
0302400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende, Deutsche
Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0160
94182496, Tel. 030 2400867-0, Fax 030 2400867-19, ziehm@duh.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

212805

weitere Artikel:
  • Jan Korte: Arbeitnehmer gegen Spitzel-Manager schützen Berlin (ots) - "Eines der ersten Gesetze, das nach der Bundestagswahl verabschiedet wird, muss ein umfassendes und effektives Arbeitnehmerdatenschutzgesetz sein", fordert Jan Korte angesichts der jüngsten Bespitzelungsskandale bei Airbus und der Deutschen Bank. "Es besteht dringender Handlungsbedarf. Eklatante Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte sind nicht mehr die Ausnahme, sie haben System. Je größer der Konzern, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Beschäftigte gezielt ausspioniert werden", so der Datenschutzbeauftragte der mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Die Märkische Oderzeitung Frankfurt (Oder) schreibt zu Stasi-Fälle werden untersucht: Frankfurt/Oder (ots) - Potsdam. An der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg wird die Übernahme ehemaliger Stasi-Mitarbeiter in die brandenburgische Polizei wissenschaftlich untersucht. Das kündige Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern in einem Interview der Märkischen Oderzeitung an (Dienstagausgabe). Das Vorhaben bettet sich in ein Forschungsprojekt ein, das den Werdegang der Polizei in der ehemaligen DDR beleuchten soll. Der Innenminister kündigte an, mit den 201 ehemaligen Stasi-Mitarbeitern im Polizeidienst noch vor Ablauf mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: Kernenergie / Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Haseloff gegen sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft Halle (ots) - Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) hat ungeachtet jüngster Probleme im Meiler Krümmel vor einem sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft gewarnt. "Zu einem ausgewogenen Energiemix gehört neben den Erneuerbaren Energien derzeit auch die Atomkraft", sagte der Minister der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Dienstag-Ausgabe). Ein sofortiger Atomausstieg würde bedeuten, dass die Energieversorgung in Deutschland zusammenbrechen würde. "Entscheidend ist", so Haseloff weiter, "dass die Versorgungssicherheit, mehr...

  • Ostsee-Zeitung: OSTSEE-ZEITUNG Rostock zum Tapferkeitsorden Rostock (ots) - Berlin trägt letztlich mit seiner "blechernen Symbolik" den neuen Herausforderungen der Bundeswehr als globale Interventionsarmee Rechnung. Dann aber sollte den Spitzenpolitikern auch das Wort Krieg endlich klar und deutlich über die Lippen kommen. Dazu bedarf es nicht mal Tapferkeit. Jeder deutsche Berufssoldat weiß, dass er jederzeit in jenen entsendet werden kann - ob am Hindukusch oder auf dem Balkan. Originaltext: Ostsee-Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65393 Pressemappe via RSS : mehr...

  • Siebert: Das richtige Signal Berlin (ots) - Zur erstmaligen Verleihung der Ehrenkreuze für besondere Tapferkeit durch Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel erklärt der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Bernd Siebert MdB: Die Verleihung der ersten Ehrenkreuze für besondere Tapferkeit bei der Bundeswehr durch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird von uns ausdrücklich begrüßt. Die Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr, die im Auftrag des Deutschen Bundestages in vielen Ländern zur Konfliktbewältigung und Friedenssicherung eingesetzt mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht