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Berliner Morgenpost: Große Koalition hat das Land nach links gerückt

Geschrieben am 04-07-2009

Berlin (ots) - Die Erwartungen an die große Koalition waren groß.
Zu groß, wie sich am Ende dieser 16. Legislaturperiode herausstellt.
Gescheitert sind CDU, CSU und SPD vor allem mit zwei zentralen
Herausforderungen: Sie wollten die Staatsfinanzen sanieren mit dem
Ziel, ab 2011 wieder ausgeglichene Haushalte zu verabschieden.
Zweitens sollten die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest
reformiert werden. Am Ende der Regierungsarbeit von Christ- und
Sozialdemokraten ist die Verschuldung so hoch wie nie, die
Finanzgrundlagen der dynamischen Rente, des solidarischen
Gesundheitswesen und der Pflegeversicherung so ungewiss wie eh und
je. Natürlich hat die globale Finanzkrise einen dicken Strich durch
die Planung der Regierung gemacht. Aber das Scheitern in zentralen
Problembereichen ist nicht allein auf diese äußeren Widrigkeiten
zurückzuführen. In wichtigen Fragen sind die Koalitionäre
kompromisslos zerstritten; zudem sind auch sie viel zu spendabel mit
den jahrelang rekordverdächtig sprudelnden Steuereinnahmen
umgegangen. So fehlte das Polster, als die Finanzkrise hereinbrach.
Eines kann man der großen Koalition allerdings nicht vorhalten: Sie
sei nicht fleißig gewesen. Mehr als 580 Gesetze hat der Bundestag in
den vergangenen vier Jahren verabschiedet. So viel wie noch nie in
einer Legislaturperiode, die meisten auf Initiative der Regierung.
Die inhaltliche Bilanz dieser Gesetzesflut: Die Republik ist
politisch weiter nach links gerückt. Weil Angela Merkel des lieben
Koalitionsfriedens wegen der SPD in vielen Fragen weiter
entgegengekommen ist, als es die CDU- Programmatik eigentlich
erlaubt: Breiter Einstieg in den Mindestlohn, Begrenzung von
Managergehältern, staatliche Konjunkturprogramme samt Abwrackprämie,
selbst die Option Verstaatlichung hat die Kanzlerin der Partei der
sozialen Marktwirtschaft nicht geschreckt. Diese programmatische
Flexibilität hat Merkels eigene Partei mehr verstört als die Wähler.
Der SPD andererseits hat der von ihr ertrotzte Linksruck nicht
geholfen.
Angela Merkel hat aus der fast verloren gegangenen Wahl 2005 die
Konsequenz gezogen, dass mit orthodoxer CDU-Programmatik in einer
Gesellschaft, in der die Volksparteien nicht mehr auf ihre
angestammten Milieus bauen können, keine Mehrheiten mehr zu erzielen
sind, um erstens Kanzlerin zu bleiben und zweitens ein Bündnis mit
der FDP zu erreichen. Ob diese Strategie trägt, wird sich am
Wahlabend zeigen.
Bei allen Mängeln kann sich die große Koalition zu Gute halten, dass
sie bislang das Land im internationalen Vergleich recht souverän
durch die Finanz- und Wirtschaftskrise führt. Wer daraus allerdings
ein Plädoyer für die Fortsetzung des schwarz-roten Bündnisses
ableitet, droht einem großen Trugschluss aufzusitzen. Die SPD würde
nicht noch einmal vier Jahre als Juniorpartner in einer großen
Koalition ausharren. Spätestens zur Halbzeit würde sie den Bruch
provozieren, um als Kanzlerpartei mit den Tiefroten und den Grünen
weiter zu regieren. Absurd? Eine Blaupause dafür hat Klaus Wowereit
schon vor acht Jahren in Berlin abgeliefert.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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