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IGES-Studie: Kleiner Babyboom möglich, würde Staat Kinderwunsch finanziell unterstützen - Krankenkasse KKH-Allianz fordert Vollfinanzierung - Sachsenmodell läuft gut an

Geschrieben am 02-07-2009

Berlin (ots) - Jede zehnte Ehe in Deutschland bleibt kinderlos.
Doch Frauen, die privat krankenversichert sind, haben eine achtfach
höhere Chance mithilfe reproduktionsmedizinischer Behandlungen (IVF)
schwanger zu werden als ihre gesetzlich versicherte Nachbarin.

Schuld an dieser sozialen Schieflage sind die hohen Kosten, welche
die gesetzlich Versicherten seit 2004 selbst tragen müssen. Würde
sich der Staat allerdings zu 50 Prozent daran beteiligen, könnte ein
kleiner Babyboom einsetzen: Moderat gerechnet kämen jährlich rund
7.900 Babys mehr zur Welt - so viele wie 2007 im Saarland geboren
wurden.

Dies sind die Ergebnisse der Studie "Finanzielle Zuschüsse zu
medizinisch unterstützter Fortpflanzung aus Steuermitteln", die das
Forschungsinstitut IGES heute in Berlin auf einer Pressekonferenz
vorgestellt hat. Seit der Gesundheitsreform 2004 beteiligen sich die
gesetzlichen Krankenkassen nur noch zur Hälfte und nur bei den ersten
drei Versuchen an den Kosten für IVF-Behandlungen. Das bleibt nicht
ohne Folgen: "Im Bereich der Reproduktionsmedizin ist Deutschland
längst in der Zwei-Klassen-Gesellschaft angekommen", sagte IGES-Chef
Prof. Dr. Bertram Häussler.

Das Land Sachsen steuert mit einem eigenen Unterstützungsprogramm
seit März dieses Jahres dagegen an. Mit Erfolg. "Mit diesem
Förderprogramm zur finanziellen Unterstützung von Maßnahmen der
künstlichen Befruchtung ist der Freistaat Sachsen bundesweit
Vorreiter. Ich bin zuversichtlich, dass andere Bundesländer mit einem
ähnlichen Förderprogramm folgen werden, darauf deuten zumindest die
zahlreichen konkreten Anfragen von anderen Landesregierungen hin. Wir
haben in den ersten drei Monaten bereits 180 Anträge auf Zuschuss
bewilligt", sagte Christine Clauß, Sozialministerin von Sachsen heute
in Berlin.

Bundesweite Regelung notwendig

Die gesetzliche Krankenkasse KKH-Allianz unterstützt den Vorstoß
des Landes Sachsen und forderte eine bundesweite Regelung. "Bis zu
fünf Behandlungsversuche sind aus medizinischer Sicht sinnvoll und
sollten sowohl für gesetzlich als auch für privat Krankenversicherte
komplett von der Gesellschaft getragen werden", sagte Rudolf Hauke,
Mitglied des Vorstandes der KKH-Allianz.

Aus welchen finanziellen Mitteln die Kosten bezahlt werden sollen,
habe die Politik zu entscheiden. Hauke betonte: "Die Einschränkung
der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung war eine
Entscheidung der Politik - nicht der gesetzlichen Krankenkassen. Die
damit verbundene soziale Ungleichheit beim Kinderwunsch muss wieder
beseitigt werden."

Die Pharmafirma Merck hatte die Studie Ende 2008 beim IGES
Institut in Auftrag gegeben. Vor zwei Jahren hatte der
Petitionsausschuss des Bundestages den Weg in die Steuerfinanzierung
aufgezeigt und festgestellt, dass "Leistungen für den Fortbestand der
Bundesrepublik" eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe seien. Vor
diesem Hintergrund hat das IGES Institut die zu erwartenden Wirkungen
eines Zuschusses aus Steuermitteln in verschiedenen Szenarien
gerechnet.

Drei Szenarien mit weitreichenden Folgen

Momentan teilen sich Krankenkasse und Paar die Kosten für die
ersten drei Behandlungszyklen. Mit durchschnittlich 4.800 Euro
schlägt der Eigenanteil zu Buche. Die Versuche vier und fünf werden
ihnen durchschnittlich mit 7.200 Euro privat in Rechnung gestellt. So
summieren sich die Kosten auf rund 12.000 Euro; im Jahr 2003 waren es
noch 3.600 Euro gewesen. Würde sich der Staat an der
Eigenfinanzierung künftig zur Hälfte beteiligen, müsste das Paar noch
6.000 Euro aufbringen.

Die Wirkungen eines solchen Zuschusses wären in jedem der drei
IGES-Szenarien weitreichend.

Konservativ gerechnet: Würden die gesetzlich versicherten Frauen
heute repromedizinische Behandlungen im Umfang von 2003 beanspruchen,
könnte man mit 4.309 zusätzlichen Babys in einem Jahr rechnen. Im
moderaten Szenario liegt die Nachfrage etwas höher, vergleichbar mit
Dänemark. Bei dieser moderaten Annahme kämen schon 7.900 Kinder mehr
zur Welt. Im optimistischen Szenario, würden die kinderlosen Paare
die Repromedizin im gleichen Umfang in Anspruch nehmen wie die privat
versicherten, könnte sich die Zahl des Nachwuchs auf rund 14.500
erhöhen - das wären immerhin mehr Kinder als 2007 in
Mecklenburg-Vorpommern geboren wurden (12.786).

Je nachdem, welches Szenario Wirklichkeit würde, müsste der Staat
zwischen 41 Millionen und 85 Millionen Euro ausgeben. Pro Kind wären
es noch nicht einmal 10.000 Euro, so das IGES Gutachten. Die
IGES-Studie basiert auf Daten des Deutschen IVF-Registers und des
Sozioökonomischen Panels (SOEP).

Über das IGES Institut

Seit 1980 steht das IGES Institut für Forschung, Entwicklung und
Beratung für Infrastruktur und Gesundheit. Zu seinen Auftraggebern
zählen nahezu alle relevanten öffentlichen und privatwirtschaftlichen
Organisationen, die im Gesundheitswesen tätig sind. In jüngerer Zeit
weitete IGES sein Spektrum auf weitere Bereiche der öffentlichen
Daseinsvorsorge aus: Mobilität (Verkehr) und Bildung. www.iges.de

elektronische Pressemappe mit druckfähigen Info-Grafiken:
www.iges.de/presse

Originaltext: IGES Institut GmbH
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/68509
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_68509.rss2

Für Rückfragen:
Annette Rogalla | IGES Institut |Tel. 030 230 809411 |presse@iges.de
Daniela Friedrich | KKH-Allianz |Tel. 0511 2802 1610
|presse@kkh-allianz.de
Ralph Schreiber | Sächsisches Staatsministerium für Soziales |
Tel. 0351.564.5595 |presse@sms.sachsen.de


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