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WAZ: Strukturdebatte muss sein - Schule, die Dauerbaustelle - Leitartikel von Theo Schumacher

Geschrieben am 01-07-2009

Essen (ots) - Drei Nachrichten zum Schuljahresende, scheinbar
willkürlich ausgewählt: Dem Land brechen bis 2012 über 26 Milliarden
Euro an Steuereinnahmen weg; die Schulministerin drängt tausende
Teilzeitlehrer zu Mehrarbeit, weil sie sonst Lücken in der
Unterrichtsversorgung nicht schließen kann; der Sozialverband
Deutschland teilt mit, dass jedes vierte Kind in NRW mit seiner
Familie in Armut lebt. Drei Nachrichten, die nach den Ferien über
kurz oder lang Lehrer, Schüler und Eltern einholen.

Finanzkrise, Lehrermangel, Sozialgefälle - all das und noch viel
mehr muss die Schule aushalten. Sie ist - natürlich - Ort des Lernens
und der Freude, aber nirgends prallen gesellschaftliche Gegensätze so
hart aufeinander, werden Mängel so schonungslos sichtbar. Für
Politiker ist sie eine Dauerbaustelle von machtentscheidender
Bedeutung, auf der das Wohl der Schüler zu oft aus dem Blickfeld
gerät. Logisch, dass ein Jahr vor der Landtagswahl Eigenlob oder
Häme, je nach Standort, noch dicker aufgetragen werden.

Wo steht NRW mit seinen Schulen? Mit dem Regierungswechsel 2005
setzte der größte Umbruch seit langem ein. CDU und FDP krempelten das
Schulgesetz um, griffen tief ein in den Unterrichtsalltag. Vieles,
was nur gegen Kritik und rot-grünen Widerstand durchzusetzen war, hat
sich beruhigt: Die Auflösung der Grundschulbezirke oder die
verbindliche Empfehlung für weiterführende Schulen sind keine
Aufreger mehr. Selbst der - berechtigte - Protest gegen Kopfnoten
scheint zur Fußnote verkümmert zu sein. Das Zentralabitur lief in
diesem Jahr fast geräuschlos ab.

Aber die relative Ruhe kann nicht über die strukturelle
Schieflage hinwegtäuschen, unter der vor allem Hauptschulen leiden.
Zu oft stehen ihre Absolventen ohne Berufsaussicht da, ohne echte
Chance, sich eine Zukunft zu erarbeiten - Verlierer eines
Schulsystems, das an seine Grenzen gestoßen ist. Während der
öffentliche Streit über die Hauptschule als "Auslaufmodell" ihre
Schüler und die - oft besonders einsatzbereiten - Lehrer beschämen
muss, gelingt es der Koalition kaum noch, das Thema unter der Decke
zu halten. Nach der Wahl wird es aufbrechen, spätestens. Die FDP
wittert das Risiko - sie setzt sich schon ab. Der Glaube, alle
Probleme auf der Baustelle Schule ließen sich lösen, wenn nur die
Lehrer engagiert genug sind, ist eine Illusion. Gute Pädagogen sind
der Kitt, aber man darf ihnen nicht zuviel aufbürden. Der Niedergang
der Hauptschule belegt, dass es ohne Strukturdebatte nicht geht.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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