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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Patientenverfügung:

Geschrieben am 19-06-2009

Bielefeld (ots) - Das Leben endet mit dem Tod. Doch mehr noch als
vor dem scheinen viele Menschen in Deutschland heute Angst davor zu
haben, nicht sterben zu dürfen, wenn ihre Zeit gekommen ist. Vor
diesem Hintergrund fand das sechs Jahre währende parlamentarische
Ringen um die Patientenverfügung statt. Nun wird Gesetz und damit
Recht: Der Patient hat das letzte Wort.
Die Medizin hat in den vergangenen Jahrzehnten unglaubliche
Fortschritte gemacht. Sie rettet Leben und Lebensqualität, wo es noch
vor 30 Jahren keine Hoffnung gab. Die Kehrseite: Sie verlängert auch
Leben, wo viele Menschen keine Qualität mehr sehen. Magensonden,
Schläuche, Apparate betreiben über Wochen, Monate, Jahre einen Leib,
der dies bestenfalls nicht mehr, schlimmstenfalls nur noch als Leiden
empfindet. Für viele eine Horrorvorstellung. Vermutlich für weitaus
mehr als die neun Millionen, die bereits ihre Patientenverfügung
hinterlegt haben.
Wegen fehlender Rechtsverbindlichkeit konnten diese Menschen bislang
jedoch nicht wirklich sicher sein, ob ihr frühzeitig und bei klarem
Verstand formulierter Wille auf ein selbstbestimmtes Sterben auch
umgesetzt würde. Denn letztlich kollidierten hier oft Patientenwunsch
und Medizinrecht, konnte der Arzt durchaus noch belangt werden, wenn
er »nicht alles getan« hatte.
Positiv für beide Seiten, Patient wie Arzt, ist also, dass mit der
Beschlussfassung des Deutschen Bundestages die Patientenverfügung nun
rechtlich verbindlich wird: Es gilt, was der Erkrankte oder
Verunglückte einst festgehalten hatte, als er sich noch äußern
konnte. Womit das Selbstbestimmungsrecht, in unserer Verfassung
verbürgt, nun tatsächlich bis zum Tode reicht.
Den Verfasser einer Patientenverfügung nimmt dieses Recht nun aber
auch voll und ganz in die Pflicht, zumal der Gesetzgeber nicht einmal
die Beratung durch Arzt oder Anwalt verbindlich vorsieht. Wer für
sich beispielsweise »die Apparatemedizin rundweg ablehnt«,
unterschreibt damit vielleicht unnötigerweise sein Todesurteil. Denn
wer weiß heute, welche Geräte ihm morgen ein selbstbestimmtes Leben
nach einem schweren Unfall ermöglichen können? Wer kann heute exakt
alle Fälle benennen, in denen er später nicht mehr »an die Steckdose«
will? Wer weiß überhaupt mit 35, wie er mit 55 oder 65 über das Leben
und den Tod denkt?
Wer eine Patientenverfügung hinterlegt, muss mehr denn je auf die
Klarheit seiner Worte und Vorgaben achten, wenn er nicht möchte, dass
sein Bevollmächtigter, der Arzt und ein Amtsvormund das Sterbebett
letztlich doch noch im Streit vors Gericht bugsieren. Wer eine
Patientenverfügung hinterlegt, sollte sich zudem regelmäßig prüfen,
ob das, was dort steht, noch Bestand hat, wirklich der allerletzte
Wunsch ist.
Als Alternative bleibt freilich weiterhin der Verzicht auf die
Verfügung. Im Vertrauen darauf, dass Ärzte, Angehörige, Freunde mit
Sachverstand und Herz, wer mag, auch mit Gott, den richtigen letzten
Weg für uns finden.
Man muss auch mal loslassen können. Auch sich selbst.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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