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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Wahldebakel der SPD

Geschrieben am 08-06-2009

Bielefeld (ots) - Das hatte sich der SPD-Parteichef Franz
Müntefering ganz anders vorgestellt. Die Europawahl sollte der
deutschen Sozialdemokratie den Swing bringen: selbst zulegen, die
Verluste der Union bejubeln und aus dem deutlich geringer gewordenen
Rückstand die Trendwende ableiten. Herausgekommen ist für die SPD
allerdings ein Gong, und was für einer!
Nach dem Wahldebakel, das für die SPD einen Rückstand von 17,1
Prozentpunkten auf die Union ausweist, macht sich bei den Genossen
Ratlosigkeit breit. Am schlimmsten erwischte es - noch am Wahlabend -
Frank-Walter Steinmeier. Als einziger Gast bei »Anne Will« konnte der
SPD-Kanzlerkandidat auch nicht retten, was nur schwer zu retten war.
Im Nachhinein dürften die Wahlkampfstrategen den Auftritt ihres
Spitzenmanns in der ARD-Talkshow bitter bereuen. Ohne Zweifel war die
Zusage der Überzeugung geschuldet, dass es für die Sozialdemokraten
bei der Europawahl nicht schlimmer würde kommen können als 2004. Als
es dann doch schlimmer kam, war es für einen Rückzieher zu spät.
Also musste sich der sichtlich geknickte Steinmeier als »Frank-Walter
Supermann« veralbern lassen und hilflos mit ansehen, wie ihm
reihenweise SPD-Anhänger die Qualitäten für den Job des Kanzlers
absprachen. Steinmeier taumelte von einer Verlegenheit in die
nächste. Er blieb blass, seine Antworten wirkten wie gestanzt, fast
trotzig klang seine Einlassung »Ich bin Kandidat, weil ich es will.«
Beinahe folgerichtig verzichtete der Noch-Außenminister gestern nach
der Präsidiumssitzung auf den Auftritt vor der Presse. Müntefering
musste allein ankündigen, was in den nächsten 111 Tagen kommen soll:
die Verschärfung der Konfrontation mit der Union und vor allem die
stärkere Mobilisierung der eigenen Anhänger.
Beides wird der SPD zur Bundestagswahl gelingen. Der Plan aber,
vorzugsweise eine rot-grüne, mindestens aber eine Ampelkoalition mit
FDP und Grünen anzuführen, ist in weite Ferne gerückt. Es ist zwar
richtig, dass es der SPD traditionell besonders schwerfällt, ihre
Klientel zur Europawahl zu bewegen. Dass allerdings am Sonntag nur
SPD-Wähler zu Hause geblieben sein sollen, ist kaum vorstellbar.
Keineswegs zufällig hat Müntefering gestern gesagt: »Unser Ziel
bleibt, Schwarz-Gelb zu verhindern.« Die SPD führt von sofort an
einen Abwehrwahlkampf, weil es ihr nicht gelingen will, in den
Angriff zu kommen. Dabei werden sich die Sozialdemokraten der
gleichen Methoden wie bisher bedienen. Was die Parteispitze
Prinzipientreue nennt, ist vielmehr ein Mangel an Alternativen. Der
SPD fehlt ein Thema, und ihr fehlt der Kopf, der die Leute mitreißen
kann. Doch eine Personaldebatte verbietet sich. Sie käme politischem
Selbstmord gleich.
So wird die SPD weiter das bürgerliche Lager als Hort marktradikaler
Tendenzen brandmarken und die Rettung jedes einzelnen Arbeitsplatzes
mit Steuergeldern propagieren. Alles in der Hoffnung, dass doch noch
von irgendwoher ein Swing kommt.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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