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Berliner Morgenpost: Nur die besten Schulen retten die Problemkieze - Kommentar

Geschrieben am 01-04-2009

Berlin (ots) - In Wedding und Teilen Neuköllns herrscht der
soziale Ausnahmezustand, am Stadtrand sind Teile von
Marzahn-Hellersdorf, Spandau und Reinickendorf auf dem absteigenden
Ast. Das erste Fazit aus dem Sozialstrukturatlas für Berlin kann
niemanden überraschen. Seit Jahren diskutieren wir über Armut,
Arbeitslosigkeit, fehlende Zukunftsperspektiven, Bildungsnotstand,
Gewalt und Verwahrlosung. Diese ballen sich eben vor allem in den
schlechteren Vierteln einer Millionenstadt. Die Misere schlicht auf
"Hartz IV" zu schieben, wie das die Sozialsenatorin tut, denkt zu
kurz.
Die Datensammlung als Fleißarbeit von Soziologen und Statistikern
abzutun, wäre dennoch ungerecht. Der Atlas bietet die Möglichkeiten,
detailliert anzuschauen, was sich in einem Kiez tut. Sichtbar wird
etwa, dass sich Pankow, Prenzlauer Berg und Teile Friedrichshains,
Kreuzbergs, Schönebergs positiv entwickeln. Ein Ring von
Altbauquartieren um die ohnehin gut situierte Stadtmitte herum strebt
auf. Das gilt auch für das neuerdings als Fluchtort der Kreativen
gefragte Nord-Neukölln.
Aber was steckt wirklich hinter einem Aufstieg? Ziehen nur neue Leute
zu und verdrängen die Armen oder verbessern sich auch die
Alteingesessen? Oder sterben einfach nur die armen Rentner, deren
Wohnungen hoffnungsfrohe Studenten übernehmen? All das sollte wissen,
wer die viel beschworene "Gentrifizierung" bejammert, wie das manche
Sozialdemokraten und Linke so gerne tun. Wenn in gefragten
Innenstadtlagen höhere Mieten verlangt und gezahlt werden, dann ist
das ein Symptom dafür, dass sich die Lage dort verbessert, auch wenn
es im Einzelfall schmerzen mag.
Die Stadt lebt, das macht Berlin so faszinierend. Die Szene, in ihrem
Gefolge die bürgerlichen Urbanisten und schließlich die
Immobilienentwickler wandern von Kiez zu Kiez. Solche Trends
entstehen aus Tausenden von Einzelentscheidungen mündiger Bürger. Es
wäre eine Lebenslüge linker Kommunalpolitik, solche Bewegungen
verhindern oder steuern zu wollen. Nichts gegen Quartiermanagement.
Aber dieses Instrument kann nicht aus abgehängten Kiezen Aufsteiger
machen. Das belegt das Beispiel des Dauer-Verlierers Rollberg, wo
seit Jahren fast alles getan wird, was der Werkzeugkasten der
Sozial-Ingenieure hergibt.
Langfristig wird in Berlin geschehen, was in allen europäischen
Großstädten passiert ist. Die Armen werden sich in den für
Normalverdiener wenig attraktiven Großsiedlungen sammeln, im Westen
wie im Osten. Die Politik muss zusehen, dass sie den 20 Prozent der
Deklassierten in Berlin, egal wo sie wohnen, individuell hilft. Dass
sie Leute qualifiziert und motiviert, für sich und ihre Kinder zu
sorgen. Aber vor allem brauchen die Problemkieze die besten Lehrer
und Schulen der Stadt, die auch bildungsorientierten Eltern so
attraktiv erscheinen, dass sie dort wohnen bleiben. Aber zu einem
solchen Beschluss, der natürlich auf Kosten der besser gestellten
Viertel ginge, hat Rot-Rot nicht die Kraft.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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