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Berliner Morgenpost: Eine Geste der Versöhnung gegenüber Polen

Geschrieben am 04-03-2009

Berlin (ots) - Erika Steinbach hat dem öffentlichen Druck
nachgegeben: Nachdem sie schon vor einer guten Woche angekündigt
hatte, dass sie bereit sei, auf ihren Platz in der geplanten Stiftung
"Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zu verzichten, zog sie sich nun
gestern zurück. Offiziell sah das dann so aus: Der Bund der
Vertriebenen (BdV) nahm die Entscheidung seiner Präsidentin an und
verzichtet auf deren Nominierung. Den Platz im Stiftungsrat, der
eigentlich von Steinbach besetzt werden sollte, wird der BdV aber
frei lassen und nur zwei von drei ihm zustehenden Vertreter in das
Gremium schicken. Der Stiftungsrat kann damit schon im nächsten Monat
bestimmt werden und dem Aufbau der Ausstellungs- und
Dokumentationsstätte in der Nähe des Anhalter Bahnhofs in Berlin
steht nichts mehr im Wege.
Der Respekt am gestrigen Tag gebührt Erika Steinbach. Auch wenn sie
nicht ganz freiwillig ging: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
persönlich führte in den letzten Tagen viele Gespräche, um den
öffentlichen, den internationalen Streit über Steinbachs Nominierung
zu beenden. Polen hatte sich vehement gegen die
CDU-Bundestagsabgeordnete Steinbach, die seit 1998 BdV-Präsidentin
ist, ausgesprochen. Für die SPD machte Bundesaußenminister und
Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier deutlich, dass man wegen der
heftigen Kritik aus Polen die Berufung von Steinbach nicht mittragen
werde. Damit war klar, es die Stiftung und das Zentrum gegen
Vertreibungen nur ohne Steinbach geben würde.
Sicherlich, Erika Steinbach ist nicht ganz ohne Grund umstritten. Mit
ihrer Kritik am politischen Gegner war sie nie zimperlich. In Polen
verzeiht man ihr nicht, dass sie 1990 im Bundestag als eine von
wenigen Abgeordneten gegen die Anerkennung der deutsch-polnischen
Grenze stimmte. Auch einem Beitritt Polens zur Europäischen Union
stand sie sehr skeptisch gegenüber - und sagte dies auch. Deshalb
befürchteten die Polen, dass in dem Zentrum die Geschichte
relativiert und die Deutschen nur als Opfer dargestellt werden
sollen.
Doch solche Vorbehalte waren meist überzogen. Erinnern wir uns: Erika
Steinbach hatte gemeinsam mit dem 2005 verstorbenen SPD-Politiker
Peter Glotz die Idee für das Vertriebenenzentrum. Sie brachte Gerhard
Schröder dazu, als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler bei
einem Vertriebenen-Treffen aufzutreten. Sie stellte die Verantwortung
der Nationalsozialisten für den Zweiten Weltkrieg, den Holocaust und
auch das Leid in Polen niemals in Frage. Und weil sie - gemeinsam mit
Glotz - die Initiative für das Vertriebenenzentrum ergriffen hatte,
müsste sie selbstverständlich auch Mitglied im Stiftungsrat sein. Als
eines von 13 Mitgliedern, die unverdächtig sind, dass sie die
Geschichte verfälschen oder die Situation der Vertriebenen einseitig
darstellen wollen. Nun, es ist anders gekommen.
Ein Zentrum für Vertreibungen ist wichtig - für die jungen Menschen,
die diese Ereignisse nur noch aus Fernsehfilmen kennen, für die
Überlebenden in Deutschland und Polen. Es wird Zeit.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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