(Registrieren)

Dienstaufsichtsbeschwerde und Strafanzeige wegen Schwermetallbelastungen um Abfallanlage Pohritzsch in Sachsen

Geschrieben am 25-02-2009

Berlin (ots) - Behörden wussten bereits seit Monaten von
"bleikontaminiertem Staub" -Nach Rechtsauffassung der Deutschen
Umwelthilfe ist die unterlassene Warnung der vom Giftstaub belasteten
Anwohner auch strafrechtlich relevant - DUH-Bundesgeschäftsführer
Resch: "Auf dem Weg zur größten Mülldeponie Mitteleuropas verweigert
Sachsen seinen Bürgern systematisch ihre Rechte"

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) hat angekündigt, gegen die für
die Überwachung der Abfallbehandlungsanlage S.D.R. Biotec
Verfahrenstechnik GmbH im nordsächsischen Pohritzsch verantwortlichen
Behördenleiter Dienstaufsichtsbeschwerde und zudem Strafanzeige zu
stellen. Letzter Auslöser für den Schritt sei das in einer am
vorgestrigen Montag veröffentlichten Pressemitteilung des
Landratsamts Nordsachsen in Torgau enthaltene Eingeständnis gewesen,
dass das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie bereits
Ende 2008 aufgrund eigener Staubniederschlagsmessungen von
"Auffälligkeiten im Bezug zu Immissionen bleikontaminiertem Staub"
wusste, erklärte die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation.
Daraufhin hat das Landratsamt Nordsachsen zwar nach eigenem Bekunden
"Bodenproben zur Abklärung von möglichen Bodenbelastungen
angeordnet", diese jedoch nicht sofort durchgeführt. Darüber hinaus
wurden die betroffenen Anwohner in keiner Weise über das
offensichtliche Risiko informiert.

Erst nach Veröffentlichung von festgestellten
Schwermetallbelastungen durch die DUH wurde - über ein Jahr nach dem
ersten Hinweis auf Gefahr im Verzug für Anwohner um die Anlage -
gestern durch das Landratsamt Nordsachsen vorsorglich darauf
hingewiesen, dass "im unmittelbaren Umkreis der Fa. S.D.R. Biotec
Pohritzsch direkte Bodenkontakte möglichst vermieden werden sollten"
und dass außerdem der Verzehr von Wintergemüse vorübergehend
eingeschränkt werden sollte.

Das Eingeständnis eines tatsächlichen Risikos hoher
Schwermetallbelastungen in dem der Abfallbehandlungsanlage
benachbarten Wohngebiet erfolgte von den Behörden erst, nachdem die
DUH Ende vergangener Woche eigene Messungen von Bodenproben
veröffentlicht hatte. Darin war der zulässige Bleigehalt um den
Faktor sechs und der für das Schwermetall Cadmium sogar um den Faktor
elf überschritten gewesen. Bereits seit einem Jahr, konkret seit
Februar 2008, weist die Deutsche Umwelthilfe auf die in Fotos
dokumentierten, offensichtlich schwermetallhaltigen Staubemissionen
der Abfallbehandlungsanlage hin. Doch anstelle diesen Hinweisen
sofort nachzugehen, Bodenproben zu nehmen und den Schwermetallgehalt
untersuchen zu lassen wiegelten die für die Überwachung zuständigen
Behörden und das Umweltministerium mehrfach ab und behaupteten im
April 2008 gar, die auf den Fotos deutlich sichtbaren Staubwolken
seien "Wasserdampf".

Zuletzt am 13.01.2009 verlangte die DUH Auskunft über die
Ergebnisse der Staubimmissionsmessungen vom Umweltministerium. Mit
Schreiben vom 21.01.2009 wurden der DUH diese Werte verweigert und
darüber hinaus angekündigt, die Untersuchungen würden bis August 2009
verlängert werden, erst danach würde die DUH diese Ergebnisse
erhalten.

Ebenso unkooperativ verhielt sich das zuständige
Regierungspräsidium Leipzig bei der Forderung der DUH nach
behördlichen Bodenproben. Über Monate hinweg weigerte sich diese
Behörde, die zum Gesundheitsschutz zwingend notwendigen
Untersuchungen durchzuführen. Zum großen Erstaunen der DUH erhielt
bisher der Betreiber der Abfallbehandlungsanlage die Auflage,
eigenständig Bodenproben entnehmen und untersuchen zu lassen. Für die
DUH nicht überraschend jeweils ohne Befund.

"Es hat sich bei der Verkehrsüberwachung bewährt, dass die Polizei
die Einhaltung der Verkehrsregeln überwacht. Würde man die in Sachsen
offensichtlich übliche Praxis der Selbstüberwachung von
Abfallbehandlungsanlagen auf den Straßenverkehr übertragen, so hieße
dies, die Autofahrer wäre selbst dafür verantwortlich, den
Verkehrsbehörden ihre Geschwindigkeitsübertretungen zu melden ", so
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. "Auf dem Weg zur größten
Mülldeponie Mitteleuropas verweigert Sachsen seinen Bürgern
systematisch ihre Rechte. Was wir erleben, ist der zynische Umgang
von Behörden mit der Gesundheit der Anwohner. Risiken werden immer
erst dann öffentlich eingestanden, wenn Beweise vorliegen, die oft
genug Dritte beibringen müssen, in diesem Fall die Deutsche
Umwelthilfe in Kooperation mit den Betroffenen", erklärte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Hintergrund
Bereits im Februar 2008 hat die DUH das Regierungspräsidium Leipzig
auf die hohen Staubbelastungen um die Abfallbehandlungsanlage in
Pohritzsch aufmerksam gemacht und Bodenproben gefordert.
Bereitgestellte Fotos ließen vermuten, dass die vor Ort vorgefundene
Staubbelastung direkt von der Abfallbehandlungsanlage ausgeht. Nach
schriftlicher Aussage des Regierungspräsidiums Leipzig wurde die
Anlage "regelmäßig überwacht". Die Behörde habe hinsichtlich der
Staubemissionen der Anlage selbst und der Umgebung "keinerlei
Beanstandungen festgestellt". Ohne jegliche Bodenproben genommen und
analysiert zu haben, stellte das Regierungspräsidium Leipzig der DUH
gegenüber fest: "Ein Verdacht auf Gesundheitsgefahr für die Bürger
durch die Abfallbehandlung der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH
in Pohritzsch liegt nicht vor". Auch der damalige Staatsminister
Wöller hat auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die
Grünen im sächsischen Landtag am 17. März 2008 versichert, dass es
zur Sammlung von Staubproben in der Umgebung der Anlage "keine
Veranlassung" gäbe.

Auf wiederholte Forderungen der DUH hat das Sächsische
Umweltministerium im April 2008 eine Staubmessung durch das
Regierungspräsidium Leipzig angekündigt. Bodenanalysen wurden jedoch
weiterhin abgelehnt. Daraufhin hatte die DUH selbst drei Bodenproben
aus der Umgebung der Anlage analysieren lassen. In der Probe eines
angrenzenden Wohngebiets hat ein staatlich anerkanntes Prüflabor
Bleikonzentrationen 2.340 Milligramm pro Kilogramm und
Cadmiumkonzentrationen von 223 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse
festgestellt. Die entsprechenden Grenzwerte für Wohngebiete liegen
bei 400 bzw. 20 Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse.

Sowohl Blei als auch Cadmium sind sehr giftig und
gesundheitsschädigend. Blei schädigt über einen langen Zeitraum schon
in niedrigen Konzentrationen die Nerven. Laut Umweltbundesamt stehen
die neurotoxischen Effekte beim Menschen durch Bleivergiftungen im
Vordergrund. Bei Cadmium sind langfristig Schädigungen der Nieren zu
erwarten. Beide Metalle sind auch krebsauslösend. Untersuchungen
lassen u. a. auf ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko nach langjähriger
Exposition von hohen Cadmiumkonzentrationen in Form atembarer Stäube
schließen.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin Tel.: 030 24 00867-41, 0160
533 73 76, elander@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse DUH, Hackescher Markt
4, 10178 Berlin, Mobil: 01715660577, Tel.: 0302400867-21, Fax:
0302400867-19,E-Mail: rosenkranz@duh.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

188223

weitere Artikel:
  • Ulla Jelpke: Nominierung Steinbachs ist eine weitere Provokation gegenüber Polen Berlin (ots) - "Die Nominierung von Erika Steinbach für den Beirat des sogenannten Zentrums gegen Vertreibungen ist eine erneute Provokation für unsere osteuropäischen Nachbarstaaten, die unter dem deutschen Faschismus schlimmste Verbrechen erleiden mussten", erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Diskussion um die Besetzung des Beirates. Jelpke weiter: "Die heutige Präsidentin des Bundesverbandes der Vertriebenen hat 1991 im Bundestag gegen die Ankerkennung der Oder-Neiße-Linie als polnischer mehr...

  • Kassenärzte dürfen Honorarstreit nicht auf Kosten der Patienten austragen Berlin (ots) - SoVD-Präsident Adolf Bauer erklärt: Es ist unverantwortlich und rechtswidrig, dass Kassenärzte aus Unzufriedenheit mit der Honorarreform Patienten abweisen oder nur gegen Vorkasse behandeln wollen. Dieser unhaltbare Zustand muss beendet werden. Der Streit um die Honorarreform darf nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. Die Verantwortung für die Honorarreform tragen die Kassenärztlichen Vereinigungen. Sie sind jetzt in der Pflicht eine vernünftige Lösung zu finden. Es kann ja wohl nicht sein, dass mehr...

  • Terminhinweis und Einladung zur Pressekonferenz NABU-Studie: Müllverbrennung in Deutschland wächst unkontrolliert - Recycling ist gefährdet, Müllimport wird attraktiver Berlin (ots) - Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Abfall wird in Deutschland hauptsächlich verbrannt. Dies geschieht in klassischen Müllverbrennungsanlagen oder den seit dem Deponierungsverbot aus dem Jahr 2005 neu gebauten Ersatzbrennstoffkraftwerken. Während das Abfallaufkommen in Deutschland künftig weiter sinken wird, ist der Ausbau von Verbrennungskapazitäten von Kommunen und privaten Investoren fest eingeplant. Schon jetzt bestehen Überkapazitäten, die im Jahr 2015 auf 25 Prozent ansteigen könnten, mehr...

  • Axel Troost: HSH Nordbank - Sozialisierung von Verlusten verhindern Berlin (ots) - Angesichts der wiederholten Stützungsversuche bei der HSH Nordbank bekräftigt DIE LINKE ihre Forderung nach einer Millionärsabgabe. "Eine Steuer von fünf Prozent auf Privatvermögen ab einer Million Euro kann entscheidend dazu beitragen, die Sozialisierung der Kosten der Finanzkrise zu stoppen. Dann würden endlich diejenigen die Zeche zahlen, die vor der Krise an abenteuerlichen Spekulationen mitverdient haben", sagt der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Axel Troost. Weiter fordert Troost: "Landesbanken müssen mehr...

  • Pfeiffer: Bei Kernenergie von britischen Umweltschützern lernen Berlin (ots) - Das eindeutige Bekenntnis zur Kernenergie von vier prominenten Vertretern der grünen Bewegung in Großbritannien kommentiert der Koordinator für Energiepolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Joachim Pfeiffer MdB: Vier der bekanntesten britischen Umweltschützer haben sich nach gründlichem Studium der Fakten zur Kernenergie bekannt. "Es war ein wenig wie eine religiöse Bekehrung. Gegen die Kernkraft zu sein war lange Zeit eine essentielle Position, wenn man Umweltschützer war. Aber nun, wenn ich mit anderen Umweltschützern mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht