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WAZ: Staaten schotten sich ab - Jeder gegen den Rest der Welt - Leitartikel von Detlef Fechtner

Geschrieben am 12-02-2009

Essen (ots) - In Europa herrscht Alarm. Protektionismusalarm. In
Frankreich werden staatliche Kredite für Autobauer an eine
Vorzugsbehandlung französischer Standorte gekoppelt. Und auch in
anderen EU-Staaten wächst der öffentliche Druck, das Geld der
Steuerzahler nur für Rettungsprogramme auszugeben, die ausschließlich
der Industrie im eigenen Land helfen. Die Versuchung, die eigenen
Unternehmen zu bevorzugen, scheint verständlich. Ist es nicht auch
richtig, dass Staaten in der Not vor allem ihre heimische Wirtschaft
schützen? Schließlich gilt die alte Regel: Wenn jeder an sich selbst
denkt, ist an alle gedacht.

Nein. Erstens widerspricht es den Regeln des Binnenmarkts. Und
die haben Europa im bisherigen Verlauf der Krise vor einem noch
dramatischeren konjunkturellen Absturz bewahrt - genauso übrigens wie
die einheitliche Währung. Zweitens schadet eine nationale
Wirtschaftspolitik letztlich allen - auch dem, der sich abschottet.
Denn das Verflixte an nationalen Alleingängen ist, dass sie andere
Länder zur Revanche zwingen. Aus "Jeder für sich" wird dann schnell
"Jeder gegen den Rest der Welt" - mit dramatischen Einbußen an
Wohlstand. Kurz gesagt: Wer dicht macht, ist nicht ganz dicht.

Das ist allerdings nur die halbe Antwort. Europas Binnenmarkt
heißt nämlich nicht nur, dass es verboten ist, die heimische
Wirtschaft zu hätscheln und ausländische Unternehmen auszugrenzen.
Der Gemeinsame Markt, auf den die Europäische Union so stolz ist,
heißt vielmehr auch, dass sich alle um die Konjunktur kümmern müssen.
Wenn sich tatsächlich alle angemessen beteiligen, schwindet wiederum
der Hang zum Protektionismus.

Der EU-Kommission fällt darum jetzt eine doppelte Aufgabe zu. Sie
muss Eigenbrödler ausbremsen. Und sie muss gleichzeitig von allen
Staaten ambitionierte Beiträge zur Krisenbewältigung abfragen. Als
Antreiber hat die EU-Behörde bisher funktioniert, als Wachtmeister
steht ihre Bewährungsprobe aus. Sie täte gut daran, keine Angst vor
einem Konflikt mit Frankreich zu zeigen. Zumal das Problem mit den
Autohilfen nicht unlösbar ist.

Leider droht sich Europas oberste Behörde derzeit zu verzetteln,
weil sie nebenbei selbst auch noch eigene Milliarden-Programme
anschieben und das Finanzsystem umkrempeln will. Beides könnte
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso zum Verhängnis werden: Sich
als Hüter des Binnenmarkts zu wenig zu trauen. Oder sich als Retter
der Welt zu überschätzen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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