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"Es herrscht eine Art Aufbruchstimmung im Osten Kongos" Nothilfeleiter von World Vision Deutschland berichtet aus Goma

Geschrieben am 12-02-2009

Friedrichsdorf (ots) - In einem Flüchtlingslager westlich von Goma
sticken Mädchen an einer Decke: greifbares Zeichen einer vorsichtigen
Hoffnung auf Frieden und Neuanfang im Kongo. Seit ein paar Wochen
schweigen die Waffen in dieser Gegend. Kongolesische Armee und
ruandische Truppen versuchen gemeinsam die Hutu-Milizen der FDLR zu
entwaffnen. "Niemand weiß wie das ausgeht, aber es gibt jetzt die
Chance zum Frieden", sagt Harry Donsbach, der Nothilfeleiter von
World Vision Deutschland. Er war gerade im Ost-Kongo und schildert in
dem folgenden Interview seine Eindrücke.

Wie ist die aktuelle Situation im Kongo, insbesondere im Ostteil
des Landes?
Als "verhalten optimistisch" würde ich die derzeitige Stimmung der
Menschen im Osten Kongos bezeichnen. Bei Projektbesuchen rund um die
Stadt Goma und im südlichen Teil der Zone Masisi, im Flüchtlingslager
Shasha, in der Stadt Minova und im angrenzenden nördlichen Teil der
Provinz Süd-Kivu haben wir beobachtet, dass Armeeposten und
Straßensperren entlang dieser 60 km langen Route verschwunden sind.
Dieses Gebiet hielt bis vor kurzem noch die CNDP unter General
Nkunda. Was seit Jahren, ja was noch bis vor zwei Wochen hier
undenkbar war: Wir haben unzählige LKW und Pickup-Transporter
gesehen, voll belanden mit frischem Obst und Gemüse, unterwegs zu den
Märkten in Goma und sogar bis in die ruandische Grenzstadt Gisenyi.
Die Fahrt bleibt unbehindert und die Menschen machen offenbar von
dieser neuen Handelsmöglichkeit sofort Gebrauch.

Was haben Sie von der Militär-Offensive gegen die FDLR
mitbekommen?
Die Kämpfe finden in Gebieten westlich, nordwestlich und nördlich von
Goma statt. Es heißt, dass die FDLR sich weitgehend kampflos
zurückzieht. Allerdings sind die Operationsgebiete abgeriegelt.
Scheinbar haben weder MONUC, noch Hilfsorganisationen und
Journalisten Zugang zu diesen Gebieten. Daher haben wir keine
gesicherten Informationen. Es gibt Indikatoren, dass auch in diesen
Landesteilen Entspannung einkehrt. Gestern wurde hier verlautbart,
dass bis zu 50.000 Binnenflüchtlinge in ihre Heimatdörfer
zurückgekehrt sind. Damit läge die Zahl der Binnenvertriebenen in den
Kivu-Provinzen seit Jahren erstmals unter einer Million Menschen.

Wie geht es den Menschen, vor allem den Kindern im Kongo?
Wir beobachten eine Art Aufbruchstimmung hier. Die Bevölkerung im
Lager Shasha zum Beispiel hat vorgestern Gruppen in ihre Heimatdörfer
entsandt, um dort zu prüfen, ob eine Rückkehr schon möglich ist.
Solche Sondierungsbesuche geschehen nach unseren Informationen
zurzeit an vielen Orten. Es wird erwartet, dass viele bald
zurückkehren werden. Falls sich die Hutu-Milizen allerdings neu
formieren und zurückschlagen, müssen wir uns auch auf neue
Vertreibungen einstellen. Ungeachtet der Friedenshoffung ist die Not
groß. Vor allem Kinder leiden nach wie vor an Unterernährung,
Mangelkrankheiten und Infektionen. Und die erlebte Gewalt ist noch
lange nicht verarbeitet.

Was machen die Hilfsorganisationen? Wie hilft World Vision den
Menschen?
World Vision hat rund 40.000 Flüchtlingen in Lagern und
Notunterkünften mit unmittelbar fehlenden Dingen wie Nahrungsmitteln,
Decken, Kleidung, Kochgeschirr, Planen und Hygiene-Artikeln geholfen.
Dies wurde auch vom Auswärtigen Amt unterstützt. Die Versorgungslage
ist weitgehend positiv. Engpässe bestehen bei Nahrungsmitteln für
Kleinkinder. Hier suchen wir nach Lösungen, verbessern auch den
Zugang zu sauberem Wasser und Latrinen.
Nicht zuletzt beschäftigen sich unsere Mitarbeiter sehr ernsthaft mit
dem nach wie vor großen Problem fehlender Sicherheit. Sie
mobilisieren zum Beispiel Gruppen, die die Frauen beim Wasserholen
oder Feuerholz-Sammeln begleiten.
Den Kindern wird gezielt in mehreren Kinderzentren geholfen. Ich
wurde dort lebhaft von singenden und spielenden Kindern begrüßt.
Kinder auch unter fünf Jahren können hier Lesen und Schreiben lernen;
Helfer zeigen ihnen handwerkliche Fähigkeiten wie Nähen und Sticken.

Was muss passieren, um im Kongo langfristig Frieden zu schaffen?
Wir brauchen unbedingt eine umfassende, alle Parteien
berücksichtigende Friedensstrategie für den Ostkongo. Die
Militäroperation wird hier grundsätzlich positiv bewertet, kann aber
nur ein Teil einer breiter angelegten Strategie sein. Es ist dringend
notwendig, die zivilen Strukturen substantiell zu beteiligen. Ebenso
dringend sind der wirtschaftliche Aufbau und die Schaffung von
Einkommen. Der Umgang mit Rohstoffen, Mineralien und anderen
Ressourcen muss transparent geregelt werden. Wir müssen dabei helfen,
eine Aussöhnung zwischen den verfeindeten Gruppen zu organisieren und
Landkonflikte zu lösen.

HINTERGRUND
World Vision Deutschland e.V. ist ein christliches Hilfswerk mit den
Arbeitsschwerpunkten nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit,
humanitäre Hilfe und entwicklungspolitische Anwaltschaft. Im
Finanzjahr 2008 wurden 253 Projekte in 49 Ländern durchgeführt.
Weitere Infos unter www.worldvision.de

Originaltext: World Vision Deutschland e. V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6795
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6795.rss2

Pressekontakt:
Interviews mit dem deutschen Nothilfe-Koordinator Harry Donsbach und
aktuelles Bildmaterial unter: (06172) 763-153 oder -155.


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