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Westfälische Rundschau: Kommentar zur Gesundheitsreform

Geschrieben am 20-06-2006

Dortmund (ots) - Von Klaus Schrotthofer

Deutschlands Politiker stehen ungern unter Ideologieverdacht. Viel
lieber verstehen sich viele Mitglieder der Bundesregierung als
Manager der Deutschland AG - weltoffen, beweglich und radikal
pragmatisch. Sie entsprechen damit zwar einer Art ökonomischen
Leitkultur. Der Gestaltungsanspruch der Politik tritt dadurch
freilich in den Hintergrund. Schlimmer noch: Der zur Regierungskunst
stilisierte Pragmatismus der großen Koalition führt zur Abwesenheit
von Politik. Und die Macht-Mechaniker scheitern zwangsläufig dort, wo
ihnen zutiefst ideologische Fragen begegnen.

Die Gesundheitspolitik ist eine dieser Fragen. Dabei geht es
längst nicht mehr darum, welche Honorare oder Gebühren wem zuzumuten
sind. Es geht auch nicht in erster Linie um Lohnzusatzkosten - eine
Veränderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung hat
tatsächlich nur sehr geringe Auswirkungen auf die Gesamtkosten einer
Dienstleistung oder eines Produktes.

Es geht vielmehr um eine ganz grundsätzliche Systemfrage, der
unterschiedliche Gesellschaftsbilder zugrunde liegen. Es geht darum,
ob eines der großen Lebensrisiken - die Krankheit - vollends
privatisiert oder als solidarische Aufgabe begriffen wird. Dieser
Konflikt lässt sich nicht durch bürokratische Monstren wie dem
Gesundheitsfonds lösen, an dem Berlin nun bastelt.

Die Koalition muss sich entscheiden: Will man weiter zulassen,
dass eine wohlhabende Minderheit einen Teil des Gesundheitssystems
privat finanziert und dafür im Gegensatz privilegierte Leistungen
erhält, während der öffentliche Teil des Systems zusehends verrottet?
Oder bezieht man alle Bürger ein, um zu erhalten, was seit 120 Jahren
durch alle Krisen hinweg erstaunlich gut funktioniert?

Das Wehklagen der privaten Versicherer und ihrer politischen
Lobbyisten ist verständlich und es ist legitim. Doch es entspringt
ausschließlich dem ökonomischem Interesse von Konzernen, die auf
einem geschützten Markt bislang prächtig verdienten. Politik, die
sich selbst ernst nimmt, sollte sich davon nicht beeindrucken lassen.

Originaltext: Westfälische Rundschau
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58905
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58905.rss2

Rückfragen bitte an:
Westfälische Rundschau
Redaktion

Telefon: 0231/9573 1253


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