 Allg. Zeitung Mainz: Schöne neue Welt Kommentar zu Daten
Geschrieben am 15-12-2008 |
Mainz (ots) - Nun muss also eine Datenschutzpolizei her, zumindest
ein Sonderermittler, und die Datenschutzgesetze sollen - natürlich -
verschärft werden. Experten aus Politik und Justiz brechen in
professionelle Hektik aus, medienwirksam, wie bei allen Skandalen.
Falsch sind solche Vorschläge nicht, aber sie haben einen Nachteil:
Sie kommen viel zu spät, um mindestens zwei Jahrzehnte. Dabei gab es
Warnungen genug. Schon vor 25 Jahren schuf das
Bundesverfassungsgericht beim Volkszählungsurteil das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung. Damit sollte der Bürger davor
geschützt werden, gläsern zu werden. Doch was folgte, waren zwei
Jahrzehnte zeitweise hysterischer Verklärung der elektronischen
Datenverarbeitung und schließlich des Internets. Schöne neue
Datenwelt, so wurde den Menschen vorgegaukelt, sie kann alles, tut
alles, löst für dich fast jedes Problem, macht dich glücklich. Doch
das ist bestenfalls die halbe Wahrheit, denn sie hat enorme Tücken,
diese schöne Datenwelt, sie kann süchtig machen und sie kann
gefährlich werden. Natürlich hat das Internet-Zeitalter epochale
Vorzüge, von der insbesondere Wirtschaft und Wissenschaft
profitieren. Es kann nicht darum gehen, Modernes zu verteufeln und
von "damals" zu schwärmen, als der Buchalter die Zahlenkolonnen noch
mit der Handkurbel-Maschine addierte und die Sekretärin zum Diktat
gerufen wurde, "bitte mit drei Durchschlägen". Aber es tut Not, die
Weltsicht in Sachen Daten vom Kopf auf die Füße zu stellen: Nicht
alles, was auf einer Kundenkarte speicherbar ist und von möglichst
vielen Schlitzen verschluckt werden kann, ist gut, und nicht alles,
was außerhalb der elektronischen Datenwelt geschieht, ist
rückständig. Das muss der Bürger, der doch mündig sein will,
begreifen und umsetzen. Dann haben es Daten-Gangster, die es auch
künftig geben wird, zumindest nicht ganz so leicht.
Originaltext: Allgemeine Zeitung Mainz
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Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Juliane Venema
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