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WAZ: Rettungspaket im Eilverfahren - Selbstbewusste Politik, demütige Manager. Leitartikel von Ulf Meinke

Geschrieben am 17-10-2008

Essen (ots) - Noch nie hat ein Gesetz so schnell die
parlamentarischen Hürden genommen. Innerhalb weniger Tage raste der
Gesetzestext durch Bundestag und Bundesrat, wurde per E-Mail zurück
an die Regierung geschickt, dort ausgedruckt und zum
Bundespräsidenten gebracht. Mit seiner Unterschrift besiegelte Horst
Köhler den 500-Milliarden-Euro-Rettungsplan.

Die Gesetzgebung im Ad-hoc-Verfahren haucht Managern Demut ein
und gibt der Politik lange vermisstes Selbstvertrauen zurück. Während
Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, freiwillig auf
millionenschwere Bonuszahlungen verzichten will, erweist sich der
Staat als das, was Bundeskanzlerin Angela Merkel "Hüter der Ordnung"
nennt. Klammheimliche Freude macht sich in der politischen Klasse
breit. Endlich einmal können Politiker den Managern sagen, wo es
langgeht - und nicht umgekehrt. Viel ist dieser Tage vom Primat der
Politik die Rede. Richtig ist allerdings: Die Finanzmarktkrise hat
ihre Ursachen in kollektivem Versagen. Letztlich führt die Diskussion
über Staats- oder Marktversagen nicht zum Ziel. Es ist blamabel, wie
das Risiko-Management der Banken angesichts von Gier und Größenwahn
versagt hat. Aber es ist der Staat, der die Regeln setzt. Beide -
Staat und Markt - haben zeitweilig den Überblick verloren.

Nun überbieten sich die Akteure mit historischen Vergleichen.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier spricht vom "größten Einschnitt
seit dem Fall der Mauer". Ökonomen fühlen sich an die Schockwellen
nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erinnert.
Tatsächlich wird die Finanzmarktkrise der Amtszeit von Angela Merkel
ihren Stempel aufdrücken - ähnlich wie der RAF-Terror die
Regierungszeit von Helmut Schmidt geprägt hat oder die deutsche
Einheit die Ära Helmut Kohl.

Niemand kann genau überblicken, was die langfristigen Folgen der
Krise sein werden. Man muss befürchten, dass die Wirtschaft auf eine
Rezession zusteuert, dass der Arbeitsmarkt Schwäche zeigt, die
sozialen Sicherungssysteme unter Druck geraten. Womöglich gelingt es
der Politik, das Feuer einstweilen zu löschen. Dann sollte sie die
Ursachen des Brands erforschen. Die künftige Finanzarchitektur muss
so beschaffen sein, dass keine neuen Feuer mehr aufflammen. Ja, die
Regierung hat entschlossen gehandelt wie selten zuvor. Doch damit ist
ihre Arbeit längst nicht getan. Demokratie und soziale
Marktwirtschaft stehen vor enormen Herausforderungen. Dass ihr neues
Selbstvertrauen gerechtfertigt ist, muss die Politik auch dauerhaft
beweisen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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