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LVZ: Kassenbeitrag wird zum Politikum

Geschrieben am 03-10-2008

Leipzig (ots) - Von Roland Herold
Man stelle sich vor: Zwei Ärzte streiten im OP-Saal, ob der schwer
kranke Patient durch Amputation oder Transplantation zu retten sei.
Und da sie sich nicht einigen können, verschieben sie die Operation,
verordnen Aspirin und warten auf den Moment, da der ungeliebte
Kollege das Haus verlässt.
Was ein medizinischer Skandal erster Güte wäre, darf die Politik als
Tagesgeschäft betreiben. Weil die bevorzugte Therapie für das kranke
Gesundheitssystem bei Union Kopfpauschale und bei SPD
Bürgerversicherung lautet, entstand als Kompromiss der
Gesundheitsfonds, den beide nach der nächsten Bundestagswahl im Falle
wechselnder Mehrheiten wieder einschläfern wollen. Heilung ist nicht
in Sicht. Damit Patient Gesundheitswesen durchhält, hilft weiter nur
beten. Dabei wäre eine grundlegende Reform bitter nötig. Damit
Patienten genau die Therapie erhalten, die sie brauchen statt einer,
die den Behandlern das meiste Geld bringt.
Doch - um im Bilde zu bleiben - selbst um die Dosierung der
Aspirin-Tablette, den Beitrag für die gesetzlichen Krankenkassen,
wird noch gestritten. Einerseits wollte die Bundesregierung die
Lohnnebenkosten senken, andererseits hat sie den Krankenhäusern drei
Milliarden Euro und den Ärzten 2,5 Milliarden Euro für Honorare
zugesagt. Und die Arzneikosten klettern auch. All das will
gegenfinanziert sein.
Damit wird der erstmals von der Bundesregierung selbst verordnete
einheitliche Krankenkassenbeitrag endgültig zum Politikum. Dass er
nach oben geht, steht außer Frage. Steigt der Beitrag aber zu stark,
bringt er Merkel, Schmidt und Co. ausgerechnet im Wahljahr in
Erklärungsnöte. Steigt er zu gering, werden viele Krankenkassen das
nicht überstehen.
Die Bundeskanzlerin müsste jetzt das tun, was ihr am wenigsten
liegt:Klartext reden. Und die Kassenzahler über Risiken und
Nebenwirkungen aufklären. Wenn nämlich die Arbeitslosigkeit wieder
steigt und die Lohnsumme schrumpft, werden die Kassen rasch zu
Nachforderungen gezwungen sein. Doch deutet vieles daraufhin, dass
statt klarer Worte erneut nur gemogelt wird. Steuerzuschüsse aus
anderen Töpfen, um den Beitrag gering zu halten, sind letztendlich
ebenso ein Bluff wie sinkende Beiträge zur Arbeitslosenversicherung,
die den Topf der Bundesagentur für Arbeit angreifen. Bezahlen aber
muss es in jedem Fall der Bürger.
Was ihn am meisten erbosen wird, ist, dass sich das Gesundheitssystem
dabei nicht verbessert. Die langen Wartezeiten auf Arzttermine
bleiben und auch das Praxensterben in strukturschwachen Gegenden geht
weiter. Nur dass es künftig mit noch mehr Bürokratie verbunden sein
wird.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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