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Westfalenpost: Das Bayern-Erdbeben Neuanfang nach dem Absturz der CSU

Geschrieben am 28-09-2008

Hagen (ots) - Von Bodo Zapp

Mit einem deutlichen Denkzettel hatte die CSU gerechnet. Dass sie
so tief abstürzt, hätte jedoch niemand für möglich gehalten. Nach 46
Jahren absoluter Mehrheit kann die Partei nicht mehr allein regieren,
in der Landespolitik ist nichts mehr so, wie es war.
Der Mythos CSU gehört der Vergangenheit an, sie ist gestern zu
einer ganz normalen Partei geworden, die verlieren kann. Dass es
einen Neuanfang ohne personelle Konsequenzen gibt, ist schwer
vorstellbar. Der blasse Vorsitzende Erwin Huber ist nicht mehr
tragbar. Für seine Nachfolge steht Bundesminister Seehofer bereit,
der in Bayern nicht nur Freunde hat, aber im Prinzip alternativlos
ist.
Der Franke
Absehbar ist, dass Ministerpräsident Günther Beckstein an der Spitze
der jetzt zu bildenden Koalitionsregierung steht (vorzugsweise mit
der FDP) - wenn die Nachbeben nicht noch an weiteren Grundfesten
rütteln. Der Franke genießt im Freistaat, der seinen
Alleinstellungsanspruch und die besondere Machtposition in der Union
verloren hat, mehr Sympathien als sein Spezi beim Stoiber-Sturz.
Warum sollten die Menschen einen Wechsel wollen, wo Bayern doch
besser dastehe als die anderen Länder? Das unglücklich agierende
Spitzenduo hat diese Frage oft in den Wahlkampf-Raum gestellt und mit
dem Stolz auf das Erreichte selbst beantwortet. Man konnte sich kaum
vorstellen, dass es Antworten gibt, die sehr schmerzliche Folgen
haben. Ein Trugschluss! Wie sich zeigt, ist die bürgerliche Mehrheit
nicht verloren, sie verteilt sich allerdings anders.
Die Freien Wähler
Die Freien Wähler kommen in der Mehrzahl aus dem CSU-Umfeld. Mit dem
Land sind sie nicht unzufrieden, wohl aber mit der "Mir allein san
die Bestimmer"-Mentalität der Christsozialen. Ein krasser
Poitikwechsel ist nicht ihr Bestreben, Bodenständigkeit zeichnet die
Vertreter der im ländlichen Raum starken Freien Wähler aus. Ihr
Spitzenkandidat Aiwanger ist Landwirt, ebenso wie Grünen-Landeschef
Daxenberger. Sichere Domänen der CSU gibt es nicht mehr, das ist seit
dem schwarzen Sonntag für die Schwarzen klar.
Auch die FDP, in Bayern bisher eine eher virtuelle Partei,
profitiert von der großen Zahl derer, die von der CSU enttäuscht
sind, aber keinen radikalen Umbruch wollen. Der im Wahlkampf stark
engagierte Westerwelle kann den Einzug in den Landtag als
persönlichen Erfolg verbuchen.
Noch schlechter
Für die SPD und ihren wacker auf verlorenem Posten kämpfenden
Spitzenkandidat Franz Maget gab es nicht den erhofften
Steinmeier/Müntefering-Bonus. Wenn die Sozialdemokraten anführen,
dass ohne die Beck-Ablöser das Ergebnis noch schlechter als ohnehin
gewesen wäre, ist dies einfach erschreckend.
Bei der CSU sitzt der Schock über die verlorene alte Herrlichkeit
tief. Wie es geschehen konnte, dass aus der Krafthuber-Partei im
Prinzip eine Regionalpartei geworden ist, darüber wird man erbittert
und verbittert diskutieren. Transrapid-Pleite, Bildungspolitik,
Gehampel um die Pendlerpauschale - inhaltlich gab es erhebliche
Schwachpunkte. Abgestraft wurde aber wohl vor allem die Arroganz der
Macht. Wenn sie in den Spiegel blickten, sahen sie selbstgefällig nur
sich selbst. Der verlorene Nimbus der Unbesiegbarkeit beschert der
Nation CSU-Spitzen mit Laptop und Büßerhemd. Eine neue Ära beginnt.
eigentlich ein Stück demokratischer Normalität.
Bundespolitik
Was bedeutet der denkwürdige Wahlabend für die Bundespolitik?
Unstrittig ist: Der Einfluss Bayerns wird kleiner, beliebte
Querschüsse in Berlin haben nur noch die Durchschlagskraft von
Wattebäuschen. Auf die Stimmenbringer aus Bayern kann sich Angela
Merkel nicht mehr verlassen. Dass die Union bei der zehnten
Landtagswahl hintereinander Stimmern verliert, muss die Kanzlerin
beunruhigen.
Wer von einem klammheimlichen Triumpf Stoibers spricht, vergisst
dabei, dass es schon unter ihm große Erosionsbewegungen in der CSU
gab. Richtig ist: Gegen starke Figuren wie Strauß und mit Abstrichen
auch Stoiber wirkten Beckstein und Huber wie Leichtgewichte. Gerade
in Bayern mag man aber Selbstbewusstsein und Stärke.

Originaltext: Westfalenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58966
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Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160


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