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stern: Kurt Beck kritisiert SPD: "Wir nennen uns Genossen, aber wir verhalten uns nicht so" Verhältnis zu Steinmeier und Müntefering schwierig

Geschrieben am 24-09-2008

Hamburg (ots) - Der zurückgetretene SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat
den Umgang in seiner Partei heftig kritisiert. "Wir duzen uns, wir
nennen uns Genossen, aber wir verhalten uns nicht so", sagte Beck in
einem Interview in der neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des
Hamburger Magazins stern. "Das muss wieder anders werden." Er hoffe,
"dass die nächsten Parteiführungen die Chance haben, vernünftig zu
arbeiten und Konflikte offen auszutragen"; die Arbeit dürfe nicht von
"Halbverrückten kaputt gemacht werden". Während seiner Amtszeit
hätten ihm, so Beck im stern, "manche Parteifreunde Backsteine statt
Brot in den Rucksack gepackt". Am Ende habe er eine "unerfüllbare
Mission" gehabt.

Die neue SPD-Spitze habe bei der Bundestagswahl "eine gute Chance,
aber das hätte man auch miteinander haben können", so Beck weiter.
Auf die Frage, ob er Freunde in der SPD-Führung habe, sagte Beck:
"Was ich Freund nennen würde, nicht. Bei Freunden bin ich sehr
wählerisch."

Das Gespräch mit dem stern ist das erste Interview, das Beck nach
seinem Sturz vor zweieinhalb Wochen gab. Beck bestätigt, dass er "aus
heutiger Sicht" eher nicht am SPD-Sonderparteitag teilnehmen werde,
auf dem am 18. Oktober Franz Müntefering zu seinem Nachfolger gewählt
werden soll. "Ich will vor allen Dingen nicht für irgendwelche
geheuchelten Bilder herhalten. Dafür ist mir alles noch zu nah",
sagte Beck.

Das Verhältnis zwischen Beck und Müntefering ist auch nach ihrem
Treffen am Freitag voriger Woche schwer beschädigt. "Mehr als dass
man miteinander anständig und ordentlich reden kann, hat es nicht
gebracht", sagte Beck dem stern. Erstmals ließ Beck öffentlich
erkennen, dass er Müntefering und Außenminister Frank-Walter
Steinmeier die Schuld an seinem Sturz gibt: "Ich weiß nicht, ob mein
Rücktritt beabsichtigt war oder nur in Kauf genommen wurde." Gefragt,
ob er sich von Steinmeier ausgetrickst fühle, antwortete Beck: "Nicht
so sehr von ihm."

Zu seinem Rücktritt sagte Beck dem stern: "Ich bin mir sicher,
dass ich richtig entschieden habe." Wäre er geblieben, hätte man ihm
seine Würde genommen. "Man kann in diesem Geschäft viele Angriffe
ertragen, aber wenn es an die Substanz geht, darf man nicht an dem
Amt hängen." Er hätte es sich nicht vorstellen können, "mal an die
Grenzen der psychischen Kraft" zu kommen. "Wenn mir das Gleiche vor
zehn Jahren passiert wäre, hätte ich gleich hinschmeißen müssen, weil
ich in psychische Schwierigkeiten geraten wäre." Heute schütze ihn
ein "gewisses Maß an Selbstsicherheit." Auf die Frage, ob Politik
krank machen könne, sagte Beck: "Ich bin sicher."

"Natürlich" habe er auch Fehler gemacht, so Beck, einem Teil
seiner Kritiker in Politik und Publizistik warf er allerdings
"Maßlosigkeit" und "dümmliche Arroganz" vor. Zum Spott über sein
Äußeres sagte der SPD-Politiker: "Wenn das über eine Frau gesagt oder
geschrieben worden wäre, wäre es blanker Sexismus gewesen." Im
Vorwurf, ein Provinzler zu sein, stecke sowohl kulturelle wie soziale
Herablassung. Er fürchte, dass es Politiker aus der Provinz künftig
"sehr schwer" haben würden in der Bundespolitik. "Das halte ich für
ganz schlimm. Das Spektrum von Leuten, die neue Ideen und Sichtweisen
einbringen, wird immer enger." Er frage sich manchmal, welche Chancen
heute Herbert Wehner und Franz Josef Strauß noch hätten. "Ich
fürchte: keine."

Originaltext: Gruner+Jahr, stern
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6329
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Pressekontakt:
Für Rückfragen: stern-Nachrichtenredaktion 040-3703-3555


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