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Der Tagesspiegel: Ohne den nötigen Ernst

Geschrieben am 05-06-2006

Berlin (ots) - Die Flitterwochen sind längst vorbei und dagegen
ist nichts einzuwenden. Doch die politischen Akteure der großem
Regierungskoalition führen ein seltsames Schauspiel vor: Wo der
Übergang zur handfesten Arbeit - Gesundheit, Föderalismus,
Unternehmensteuerreform - fällig und vielleicht auch Krach vonnöten
wäre, macht sich dieses Zweckbündnis auf den Weg zurück. Die
Koalition führt nicht Szenen einer Ehe auf, sie probt den Rückfall in
die Pubertät. Formal zankt man um Hartz IV. Das ist kein Zufall. Denn
Hartz IV ist ein in gewisser Weise erlaubter Streitfall, für den
weder die Koalitionsdisziplin noch die Loyalität zur Bundeskanzlerin
so richtig geltend gemacht werden können. Das Thema hat seinen
Ursprung vor der gemeinsamen Zeit und fällt damit nicht zwingend in
die Rubrik der gemeinsamen Verantwortung. Jedenfalls kann man vor dem
großen Publikum versuchsweise diesen falschen Schein erwecken. Die
Union, und allen voran ihre starke Länderfront, führt sich also als
eine Opposition auf, die sie schon damals nicht wirklich war. Wer
hier kritisiert, zielt direkt auf die Bundeskanzlerin, die den
Kompromiss ausgehandelt hat. Deshalb ist Hartz IV zum Stoff für eine
Seelenkrise der Union geworden. Der Streit dreht sich in Wahrheit um
die Frage, ob sie denn wirklich sein musste, die Sache mit der großen
Koalition. Die SPD, die ihrerseits von Januar bis März ein ähnliches
Psychodrama ausgelebt hat, gefällt sich nun in einer ungewohnten
Rolle. Sie gibt die erprobte Regierungspartei, die der verspielten
Union den nötigen Ernst abverlangt. Deshalb scheint die SPD nur
stark; im Ernstfall ist sie nicht die Klügere, die Regieren kann, wo
andere noch üben. Und der Ernstfall steht nun wirklich dringend auf
der Tagesordnung: Gesundheit, Föderalismus, Unternehmenssteuer. Das
Schwarze-Peter-Spiel um Hartz IV ist alles andere als harmlos für die
große Koalition. Sie muss in den nächsten Wochen den Beweis dafür
antreten, dass sie in gemeinsamer Verantwortung Reformen durchsetzen
kann, die der inszenierte Streit von Union und SPD jahrelang
blockiert oder erschwert hat.

Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Meinung, Telefon 030-26009-444

Originaltext: Der Tagesspiegel
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=2790
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_2790.rss2

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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