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Lkw-Maut: Regierungsvorschlag nicht bayerischem Wahlkampfpopulismus opfern

Geschrieben am 13-08-2008

Berlin (ots) - Deutsche Umwelthilfe wirft Spediteurslobby und
Landespolitikern "faule Tricks bei der Hochrechnung angeblicher
Mautbelastungen" vor - Länder unter Führung Bayerns wollen Anreiz zur
Feinstaub- und Klimaentlastung kurzsichtigen Gewinninteressen opfern
- Aktuelles EuGH-Urteil zum "Recht auf saubere Luft" wird ignoriert -
DUH appelliert in Schreiben an Ministerpräsidenten und
Länderminister, dem Gesundheitsschutz der Bürger Vorrang zu geben

13. August 2008: Die von einigen Ländern unter Führung Bayerns
angestrebte Verschiebung oder Aussetzung der geplanten Mautregelung
für schwere Lkw wäre ein "schwerer Schlag gegen die Luftreinhalte-
und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung". Darauf hat der
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen
Resch, angesichts der immer massiver vorgetragenen Forderungen
führender Landespolitiker hingewiesen. Diese wollen die letzte
verbliebene Maßnahme des Meseberger Klimaschutzpakets der
Bundesregierung im Verkehrsbereich bei der Abstimmung im Bundesrat
stoppen.

Das Bundeskabinett hatte am 18. Juni 2008 die Neuregelung der
Lkw-Maut nach Schadstoffklassen zum 1. Januar 2009 beschlossen.
Während die bisherige Mautregelung keinerlei Motivation für die
Nachrüstung älterer Euro III Lkw auf den EU-Abgasstandard Euro IV
bietet, soll nach dem aktuellen Vorschlag der großen Koalition die
künftige Mautregelung nicht nur das Klima entlasten, sondern darüber
hinaus einen starken finanziellen Anreiz für die Spediteure setzen,
rasch mehr saubere Lkw auf die Straße zu bringen. Als Folge der
Neuregelung käme es nach Überzeugung der DUH zu einer stark
beschleunigten Nachrüstung besonders schmutziger Lkw mit
Dieselrußfiltern. Diese Investition amortisiere sich für die
Spediteure in kurzer Frist wegen der verringerten Mautgebühr, aber
auch wegen besserer Konditionen beim Wiederverkauf der Fahrzeuge.
Etwa die Hälfte der verkehrsbedingten Feinstaubbelastung in
Deutschland stammt derzeit aus den Auspuffrohren von Nutzfahrzeugen.

"Was wir erleben, ist der populistische Versuch bedrängter
Landespolitiker in Bayern und leider auch anderswo, die Gesundheit
ihrer Bürger aufs Spiel zu setzen, um einer als mächtig empfundenen
Lobby zu Diensten zu sein", sagte Resch. Doch diese Rechnung werde
nicht aufgehen, "weil die Leute spüren, dass hier die Relationen
nicht stimmen. Hauptbetroffen sind hunderttausende Bürgerinnen und
Bürger, die in mit Feinstaub hoch belasteten Stadtquartieren leben
und arbeiten und nicht Spediteure, die einer hohen finanziellen
Zusatzbelastung durch einen schlichten Werkstattbesuch weitgehend
entkommen können."

Resch erinnerte daran, dass der Europäische Gerichtshof EuGH erst
Ende Juli in letzter Instanz den EU-Bürgern ein einklagbares Recht
auf saubere Luft zugesprochen hatte. Erfolgreich geklagt hatte ein
Münchner Bürger mit Unterstützung der DUH. Wenn die erste politische
Reaktion der Ländermehrheit darauf hinauslaufe, diese
höchstrichterliche Entscheidung zu ignorieren, werde dies nicht nur
die mit dem Feinstaubproblem allein gelassenen Kommunen auf die
Barrikaden treiben. "Dieser Nachweis umweltpolitischer Ignoranz wird
auch im Ausland wahrgenommen werden", prophezeite Resch.

Den an der Torpedierung der geplanten Neuregelung beteiligten
Wirtschaftskreisen warf der DUH-Geschäftsführer vor, "bei der
Hochrechnung angeblicher Mautbelastungen mit faulen Tricks und
faschen Zahlen" zu arbeiten. So werde unterschlagen, dass auch bei
Fortbestehen des geltenden Rechts die Mautsätze für Euro III Lkw zum
1. Oktober 2009 von 12 auf 14,5 Cent/km angehoben würden. In die
Debatte geworfene Horrorzahlen von bis zu 60-prozentigen
Höherbelastungen der Spediteure nannte Resch "schlichten Blödsinn".
Erstens werde die ohnehin anstehende Erhöhung für Dieselstinker
ignoriert, zweitens könnten die Spediteure "durch den Besuch einer
Werkstatt und die Nachrüstung eines Partikelfilters in die günstigere
Schadstoffklasse Euro IV gelangen und so der Mauterhöhung
weitestgehend entgehen. Statt 60 Prozent verbleiben dann gerade mal
16 Prozent Erhöhung". Die DUH gehe angesichts der vorgesehenen,
zukünftigen Mautdifferenz von 4,2 Cent/km (zwischen Euro III zu Euro
IV) davon aus, dass der überwiegende Teil der mautpflichtigen Lkw mit
Partikelfiltern nachgerüstet werde und sich diese Maßnahme binnen
einen Jahres wirtschaftlich amortisiere.

Außerdem habe die Bundesregierung alles getan, um mit zahlreichen
Entlastungsmaßnahmen -von Investitionszuschlägen für neue Lkw, über
Steuerentlastungen an der Grenze des nach EU-Recht Zulässigen bis hin
zu Hilfen bei der Qualifizierung und Weiterbildung der Mitarbeiter -
jede Zusatzbelastung der Spediteure gegenüber ausländischen
Konkurrenten auszuschließen. Auch die rasant steigenden
Kraftstoffpreise, die der Kampagne der Spediteure gegen die
Mautneuregelung im Juni und Juli Schwung verliehen hatte, sei
angesichts der wieder sinkenden Preise bereits überholt. "Der Vorgang
zeigt beispielhaft, dass die Politik grundsätzlich falsch liegt, wenn
sie versucht, schwankenden Kraftstoffpreisen hinterherzusteuern",
sagte Resch. Die Mautspreizung sei die eleganteste, wenn nicht
einzige Methode, im Bereich schwerer Lkw "Luftreinhaltepolitik und
Klimaschutzpolitik zu betreiben, ohne die deutschen Spediteure
gegenüber ausländischen Konkurrenten zu benachteiligen, weil alle zur
Kasse gebeten würden". Die Nachrüstung aller auf deutschen Autobahnen
betriebenen mautpflichtigen Lkw der Schadstoffklassen Euro II und
Euro III mit einem Rußpartikelfilter würde die Emissionen aus diesem
Bereich nach Berechnungen der DUH um etwa 3.000 Tonnen pro Jahr oder
72 Prozent mindern.

Nach einer Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation WHO aus
dem Jahr 2005 verkürzt sich durch die Feinstaubbelastung der Luft die
durchschnittliche Lebenserwartung aller Bürger der Europäischen Union
um 8,6 Monate, in Deutschland sogar um 10,2 Monate. Allein in
Deutschland sterben jährlich rund 75.000 Menschen vorzeitig aufgrund
der Feinstaubbelastungen - also rund fünfzehn mal mehr, als durch
Verkehrsunfälle. Eine Studie der Medizinischen Universität Wien zeigt
dramatische Zusammenhänge zwischen Herz- und Atemwegserkrankungen und
Feinstaubbelastung auf. Die volkswirtschaftlichen Kosten dieser
Krankheiten belaufen sich nach offiziellen Schätzungen der
Europäischen Union auf 29 Milliarden Euro jährlich, allein in
Deutschland auf 6 Milliarden Euro.

In Schreiben an die Ministerpräsidenten und die zuständigen
Länderminister fordert die DUH, den Widerstand "gegen eine im Kern
klima- und gesundheitspolitisch hoch vernünftige Regelung sofort
aufzugeben."
http://www.duh.de/uploads/media/Brief_LKW-Maut_Beckstein.pdf

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 2400867-19, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 0302400867-0, Mobil: 0171 5660577, Fax: 030 2400867-19,
E-Mail: rosenkranz@duh.de


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