(Registrieren)

WAZ: Der Präsident entscheidet selbst - Köhler, die Menschen und die Macht - Leitartikel vVon Ulrich Reitz

Geschrieben am 14-04-2008

Essen (ots) - Die meisten Menschen mögen Horst Köhler. Wo der
Bundespräsident auftaucht, wird er schnell von vielen Bürgern
umringt, die ihn loben, um Rat fragen oder einfach mal nur anfassen
wollen. Man kann darüber hochnäsig spötteln oder solche Begebenheiten
für unpolitisch halten, aber: Sie sind zutiefst menschlich.

Köhlers Beliebtheit gründet gerade nicht auf dem politischen,
sondern dem menschlichen Faktor. Er wird gemocht, weil er anders
spricht als das Polit-Establishment, viel bodenständiger, bisweilen
sein Herz auf der Zunge trägt und, kurzum: ein glaubwürdiger
Vertreter der praktischen Vernunft ist. Es sind aber genau diese
Eigenheiten, die Horst Köhler in dem politischen Betrieb in Berlin
nach wie vor als eine Art sympathischer Fremdkörper erscheinen lässt.

Horst Köhlers Beliebtheit als Anti-Politiker erklärt, weshalb die
politische Klasse mit dem Mann fremdelt. Deswegen erscheint die
Wiederwahl-Diskussion so kühl, technokratisch, leidenschaftslos. Von
den Parteien - mit Ausnahme der Linken - wird Köhler favorisiert,
weil sie glauben, keine andere Wahl zu haben.

Denn auch mit seiner ganz persönlichen Politik-Mischung ist
Köhler ein Außenseiter. Wenn die SPD plant, einmal etwas Positives
loszuwerden über Köhler, lobt sie seine Reden über Afrika. Dabei ist
Entwicklungshilfe für die Traditionspartei auch nur ein Nischenthema.
Für die Merkel-Union kann der liberale Präsident schon lange nicht
mehr als eine Art von Resonanzkörper funktionieren; liberal will die
Merkel-Union nicht mehr sein. Einzig die Liberalen freuen sich
aufrichtig über Köhler. Kunststück, er ist, wovon Westerwelle träumt:
ein Vorzeige-Liberaler, der in und für Deutschland im Spitzenamt
etwas zu sagen hat.

Wird Köhler wiedergewählt, dann nicht weil, sondern obwohl er ein
Liberaler ist. Ein schönes Paradoxon, den Machtverhältnissen
geschuldet. Vielleicht gibt es nach der Bayern-Wahl in der
Bundesversammlung eine Mehrheit für einen rot-rot-grünen Kandidaten,
aber dieses Signal kann die SPD ganz gewiss nicht brauchen zur
Bundestagswahl. Und sich mit der FDP wegen einer denkbaren
Ampelkoalition auf eine Alternative zu verständigen, kommt für die
Liberalen nicht infrage. Warum auch: Sie haben ihren Favoriten doch
längst untergebracht im gewünschten Amt.

Und so braucht Horst Köhler nur noch abzuwarten. Auf den aus
seiner Sicht symbolträchtigsten Tag, seine Bereitschaft zu erklären.
Der 23. Mai bietet sich an, der Verfassungstag. Das Volk wird's
freuen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

130946

weitere Artikel:
  • WAZ: Starke Opposition - Kommentar von Christa Langen-Peduto Essen (ots) - Vorbei ist es mit dem Viel-Parteien-Chaos in Italien. Höchstens sechs oder sieben Parteien - gut 25 waren es beim letzten Mal - werden ins Parlament einziehen. Darauf kann sich ganz Italien freuen. Mit ziemlicher Sicherheit wird zum dritten Mal Berlusconi Ministerpräsident. Darauf freuen sich längst nicht alle Italiener. Gut daher, dass Walter Veltroni einen so hohen Stimmenanteil bekam, dass er eine starke Opposition machen kann. Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Geißler wirft Altbundespräsident Herzog Beleidigung der Rentner vor Köln (ots) - Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat vor dem Hintergrund des jüngsten Rentenstreits vor weiteren Konfrontationen zwischen Jungen und Alten gewarnt und Altbundespräsident Roman Herzog Beleidigung der Rentner vorgeworfen. "Eine Lösung des Problems Alterssicherung kann man nicht erreichen, indem man die Jungen gegen die Alten aufhetzt, sondern nur durch einen Austausch von Argumenten und die Bereitschaft von Jungen und Alten, einen Beitrag zu leisten", sagte Geißler dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe). mehr...

  • Westfalenpost: Notbremse Abschied Hagen (ots) - Mit Milbradt geht der letzte West-Import Von Bodo Zapp Erst hatte er kein Glück bei den Landtagswahlen, dann kam noch das öffentliche Unbehagen dazu: Georg Milbradt hatte als Ministerpräsident und CDU-Spitzenmann in Sachsen keine Zukunft mehr. Mit der Rücktrittsankündigung behielt der Sauerländer wenigstens das Gesetz des Abschiedshandelns in seiner Hand. Der Partei, die sich vom wahrscheinlichen Nachfolger Stanislaw Tillich Aufschwung in frühere Stimmenhöhen verspricht, tat er damit einen Gefallen. Sich selbst auch. Der mehr...

  • LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Milbradt - Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder. Sächsischer Koalitionskrieg - Ausgerechnet vor dem Porträt seines Vorgängers und heftigen Kritikers Kurt Biedenkopf warf Georg Milbradt das Handtuch. Das hat Symbolwert und provoziert Erinnerungen: Auch Biedenkopf konnte sich den Zeitpunkt seines Rücktritts als Ministerpräsident nicht mehr wirklich selbst aussuchen, trat entnervt zurück nach einigen eigentlich nicht gewaltigen Affären und Skandälchen, demoliert und demoralisiert vom politischen Gegner und Heckenschützen in der eigenen Partei, der CDU. Manchmal mehr...

  • Rheinische Post: Merkels Sachsen-Lösung Düsseldorf (ots) - Von Gregor Mayntz Stanislaw - wer? Der Name des neuen starken Mannes in Sachsen will nicht so recht ins Kurzzeitgedächtnis. Dass in Dresden nach den West-Importen Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt nun mit Stanislaw Tillich ein sorbisches Eigentalent die Geschicke des Freistaates steuern soll, deutet nur auf den ersten Blick auf eine rein regionale Krisenlösung. Wichtiger war offenbar das Gespräch zwischen den Parteichefs Angela Merkel und Kurt Beck. Weil die beiden bis 2009 in Sachen Schwarz-Rot nichts mehr anbrennen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht