(Registrieren)

WAZ: Start zum Bundestags-Wahlkampf - CDU und SPD mühen sich um soziales Profil - Leitartikel von Norbert Robers

Geschrieben am 28-01-2008

Essen (ots) - Auch die fulminante Aufholjagd der hessischen
SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti kann nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die Erosion der großen Volksparteien
voranschreitet. Die hessischen Sozialdemokraten starteten erstens auf
einem sehr niedrigen Niveau, und sie fuhren zweitens ihr
zweitschlechtestes Ergebnis in Hessen ein. Der reflexartige Jubel der
Union wird ebenfalls schnell abebben: Der alte und neue
Ministerpräsident Christian Wulff hat in Niedersachsen fast sechs
Prozentpunkte verloren - in ihrer Analyse für Hessen redet die CDU
nicht drumherum und spricht zielgenau von einem Desaster.

Beide Parteien sind Getriebene der Gerechtigkeitsfrage.
Globalisierung, Altersarmut, Nokia, Manager-Gehaltsexzesse,
Bankenkrise: So unvergleichbar all diese Themen auch sind - für viele
Menschen sind diese Ereignisse das Ergebnis einer grassierenden
Sozialspaltung, die wenige begünstigt, viele benachteiligt und noch
mehr in Abstiegs- und Zukunftsängste stürzt. Dazu passt der Trend,
dass die Deutschen den Wert der Handlungs- und Entscheidungs-Freiheit
theoretisch zu schätzen wissen. Sobald es um die praktische Umsetzung
geht, wechseln sie aber mittlerweile mehrheitlich die Perspektive und
rufen nach dem Staat, der für Gerechtigkeit sorgen soll.

Die Linke hat als erste Partei konsequent auf diese Gemütslage
reagiert und sich zur Partei der sozialen Entrüstung entwickelt: Wir
haben die Entwicklung als Problem erkannt, und wir stemmen uns
dagegen. Auf dieses Signal haben offenbar viele Menschen gewartet.
Nicht, dass die SPD diese Wilderei in ihrem Themenrevier nicht ernst
nehmen würde. Der von Parteichef Beck verordnete Linkskurs ist die
Reaktion darauf. Und doch stecken die Sozialdemokraten in der Falle.
Denn in der Wahrnehmung vieler Menschen hinkt die SPD hinterher, gilt
sie nicht mehr als das beschützende Original.

Es sind keineswegs nur Randgruppen oder verträumte
Sozialaktivisten, die über Gerechtigkeit diskutieren - diese Debatte
findet in der Mitte der Gesellschaft statt. Entsprechend heftig
drängt die CDU in diese Richtung. Mindestlöhne, Ökologie statt
Ökonomie, ein neues Unterhaltsrecht mit einer Aufwertung von
erziehenden Ex-Ehefrauen: Kanzlerin Merkel geht mit immer größeren
Schritten auf die SPD zu. Damit wächst die Gefahr, einen Teil der
ur-christdemokratischen Klientel zu verlieren. CDU und SPD, beide
wissen: Gerechtigkeit bedeutet Macht. Der Kampf um ein soziales
Profil wird eines der beherrschenden Themen des Bundestags-Wahlkampfs
sein.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

116666

weitere Artikel:
  • WAZ: Konsequente Haltung - Kommentar von Gerd Niewerth Essen (ots) - Der Friedensvertrag von Dayton beendete zwar Krieg und Völkermord auf dem Balkan. Doch das Abkommen von 1995 hat das Problem Kosovo fahrlässigerweise ausgeklammert. Die Konsequenzen des historischen Versäumnisses sind fatal. Belgrad weigert sich, die nach Freiheit strebenden Kosovo-Albaner loszulassen. Dabei sprechen die Fakten längst für sich: Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, gestützt von den (meisten) Europäern und den USA, ist eine Frage der Zeit. Was den Kroaten, Slowenen, Bosniern und Montenegrinern Recht ist mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: Interview mit dem Fraktionschef der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt Gallert empfiehlt "Magdeburger Modell" für Wiesbaden Halle (ots) - Der Fraktionschef der Linkspartei im Landtag von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, bremst die Euphorie in seiner Partei nach dem Einzug in die Landtage von Niedersachsen und Hessen. "Wir dürfen das Fell des Bären nicht zu früh verteilen. Endgültig werden wir uns erst mit der Bundestagswahl 2009 als bundesweite Kraft etabliert haben. Wir haben jetzt gezeigt, was möglich ist und haben die Chance, gesamtdeutsche Partei zu werden", sagte er im Gespräch mit der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Dienstagausgabe). Jetzt mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Linke in Hessen und Niedersachsen Halle (ots) - Im Grunde dürfte die sich neu formierende West-Linke ganz froh darüber sein, dass sie in den Landtagen von Hannover und Wiesbaden erst einmal parlamentarische Opposition einüben kann. Käme sie in politische Mitverantwortung, müsste sie den hochgespannten Erwartungen und Forderungen ihrer Wählerbasis hinterherhecheln - unter ständiger Inkaufnahme von Abstrichen und kleinteiligen Kompromissen. Der Test zur Synthese von Anspruch und Alltagspraxis steht aber noch aus. Erst am Ende ist klar, ob sich ein Fünf-Parteien-System verfestigt. mehr...

  • Westfalenpost: Bube, Dame, Joker Hagen (ots) - Hessens Parteien fällt die Wahl schwer Von Bodo Zapp Wie, Koch ist vorne? Das mitternächtliche Überholmanöver der CDU hat gestern viele überrascht, die am langen Wahlabend von einem SPD-Vorsprung in Hessen ausgehen mussten. Was nicht bedeutet, dass die Wahl-Weiterrechnungen umgeschrieben werden mussten, denn klar ist im Grunde nichts. Bis auf die Bestätigung der alten Weisheit, dass man das Fell des Bären nicht verteilen sollte, bevor er erlegt ist. Roland Koch habe den Wählerauftrag zur Regierungsbildung erhalten, sagt Kanzlerin mehr...

  • WAZ: GdP: Deutsche Länderminister hemmen Polizei-Zusammenarbeit in Europa Essen (ots) - Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, beklagt, dass deutsche Landesminister einer engeren Zusammenarbeit der europäischen Polizeien im Wege stehen. Im Gespräch mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Dienstagausgabe) sagte Freiberg: "Wenn wir Europa wollen, dann müssen wir auch in Deutschland zu einheitlichen Regelungen kommen. Aber derzeit wird der Föderalismus von einigen Innenministern neu erfunden." Um die Zusammenarbeit der Polizeien in Europa zu erleichtern, fordert Freiberg unter anderem mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht