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n-tv Börsenkommentator Friedhelm Busch: "Das ist kein Crash...Eigentlich ist nichts Schlimmes passiert."

Geschrieben am 22-01-2008

Köln / Frankfurt (ots) - n-tv-Börsenkommentator Friedhelm Busch
heute

zur Entscheidung der US-Notenbank, den Leitzins zu senken:

"Einige hatten ja sogar geglaubt, es würde eine Zinssenkung um 100
Basispunkte sein, aber es sind nur 75 Basispunkte. Ich halte die
erste Reaktion für eine sehr kurze Sicht. Und ich glaube, diejenigen,
die da reingegeangen sind in der Erwartung jetzt geht's wieder nach
oben mit den Börsen, sich sehr wundern werden, wenn sie feststellen,
dass die wirkliche Reaktion in den nächsten Stunden nach unten gehen
wird. Denn 75 Basispunkte - so aus dem Stand die Zinsen zu senken,
gegen jede wirtschaftlich Überlegung was die Inflation betrifft - das
ist schon heftig. Da muss schon viel Feuer unterm Dach in Amerika
sein."

Zu einem möglichen negativen Start an den Börsen in Amerika:

"Es mag sein, dass der ein oder andere glaubt, jetzt müsse man
reingehen. Aber es hilft ja nichts, darüber sind wir uns doch alle
einig. Selbst in Amerika (...). Das wird vielleicht in einem halben
Jahr in den Märkten ankommen. Aber wir brauchen ja schon morgen Früh
die Wirkung und die wird es leider nicht geben. Herr Bernanke hat
jetzt seine Reputation in den Ring geworfen und einige Banken treten
jetzt ein bisschen heftig darauf rum. Das wird ihm nicht helfen, das
wird auch der Wirtschaft nicht helfen. Es wird auch nicht der
Vertrauenskrise in Amerika ein Ende bereiten. Die Banken werden es
akzeptieren, sie freuen sich über die Refinanzierungsmöglichkeiten,
die jetzt billiger sein könnten, aber bewirken wird es nichts."

Zu einer möglichen Zinssenkung durch die EZB:

"Wir müssten eigentlich überlegen, ob wir aus der EU austreten,
wenn jetzt angesichts der inflationären Tendenzen in Europa die EZB
ebenfalls die Zinsen senkt. Vielleicht mit dem Argument: Wir müssen,
sonst wird der Euro zu stark und wird der europäischen
Exportwirtschaft den Hahn abdrehen. Wenn das jetzt kommt, dann hat
sich Herr Trichet zu verantworten. Denn er muss - anders als Bernanke
- ausschließlich für die Stabilität sorgen. Und die Stabilität in
Europa ist nun wahrhaft in Gefahr, bei diesen Tarifforderungen die
wir haben (...). Aber ich glaube, Herr Trichet wird heute Nachmittag
erklären, dass sie die Situation beobachten und das Nötige tun
werden. Das Nötige ist gar nichts zu tun."

Dazu, ob jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um auszusteigen:

"Wenn jetzt die Börsen länger als zwei Stunden nach oben gehen,
dann würde ich schon sagen: 'Ich nutze diesen günstigen Tag und gehe
raus!'. Aber ich befürchte, ehe die am Telefon sind, hat die Börse
schon wieder den Rückwärtsgang eingelegt (...). Nach wie vor bin ich
der Meinung, wer noch drin ist, sollte jede Sekunde die der Dax nach
oben geht, nutzen, um sein Schäflein ins Trockene zu bringen. Um
zumindest zukünftige Verluste die kommen werden, zu vermeiden."

Seine Beurteilung der aktuellen Situation an den Börsen:

"Gewarnt waren wir alle. Das ist kein Crash. Ein Crash kommt
völlig unerwartet. Aber das, was jetzt passiert ...: Selbst in der
Presse hat es immer wieder gestanden: Vorsicht, Vorsicht. Die Börse
läuft der Wirtschaft voraus. Die Wirtschaft läuft nicht zurück, sie
bleibt nicht stehen. Sie entwickelt sich schon, aber nicht in dem
Tempo wie die Börsen das getan haben, und nun kommt die Anpassung
nach unten und eigentlich ist nichts Schlimmes passiert."

"Schlafen kann man sich eigentlich nur leisten, wenn man ein breit
gestreutes Depot hat. Dann kann man darauf setzen, dass die eine
Aktie mit dem Verlust durch eine andere Aktie mit Gewinn wieder
ausgeglichen wird. Aber in diesen Tagen zu schlafen, also
Schlaftabletten zu nehmen, das halte ich schon für gewagt. Wenn es
noch möglich ist, sollte man schon sich eher davonmachen und das Geld
ins Trockene bringen und dann vielleicht in vier, fünf, sechs, sieben
Wochen wieder reingehen."

Auf die Frage, ob man die gegenwärtige Situation mit der von 1987
vergleichen könne:

"Nein, überhaupt nicht. 1987 war ein Crash, da ging es um eine
Auseinandersetzung zwischen Amerika und Deutschland. Da ging es
darum, dass die Deutschen partout nicht bereit waren, aus der Sicht
der Amerikaner, die Zinsen zu senken, weil die Deutschen sagten, wir
müssen gegen die Inflation kämpfen und wir dürfen die Zinsen nicht
weiter senken, zumal sie sie damals schon gerade vorher gesenkt
hatten. Nein, das ist eine Frage, die auf der politischen Ebene
gespielt hat. Jetzt geht es eigentlich nur darum: Wie kommt die
amerikanische Bankenwelt aus der Krise raus? Und ich glaube nicht,
dass weitere Zinssenkungen der Notenbank dazu beitragen werden."

Zu den Gründen der Finanzkrise:

"Von Emotionen kann man hier nicht reden. Wer hat schon mal einen
Computer lachen sehen? Und es sind die Computer, es sind diese
verfluchten konstruierten Kreditprodukte, die jetzt wie Metastasen in
die Finanzmärkte reinwuchern und die Finanzmärkte von innen
auffressen. Jetzt haben wir neue Hiobsbotschaften aus Amerika, wonach
nun auch die Kreditversicherer unter Schwierigkeiten stehen und in
Schwierigkeiten geraten sind."

"Das ist im Moment ein Fraß innerhalb des Finanzsystems, der schon
erschreckend ist. Das hat eigentlich wenig zu tun mit Emotionen. Ich
glaube, wenn wir alles wüssten, was die Notenbänker wissen, was die
Regierungen wissen - nein, die wissen nichts, aber die Notenbänker -
dann würde uns schon ganz schön schummrig werden. Ich könnte mir
vorstellen, so ganz allmählich werden wir begreifen, wenn wir heute
Abend auf Amerika schauen, was hinter den Kulissen da läuft [...]."

Zu seiner Erwartung bzgl. der Dax-Entwicklung:

"Ich sehe den Dax nicht unbedingt deutlich über 6000 in den
nächsten Wochen und ich bin auch nicht der Meinung, dass man jetzt
schon reingehen sollte. Ich habe immer nur gesagt: Achtet auf die
Finanztitel, wartet noch ein bisschen, bis der Schauer vorbei ist.
Aber das wird noch ein paar Wochen dauern. Ich halte mein Pulver
trocken. Deswegen bin ich auch sehr gelassen."

Zur Abhängigkeit der europäischen Börsen von den USA:

"Die Börsen in Europa und die Börse hier heute in Frankfurt
betrifft es deswegen, weil wir im Grunde von der amerikanischen
Börsenlandschaft abhängig sind. Das sehen wir heute wieder. Zurzeit
geht der Dax deutlich nach oben und wenn man sich dann umschaut und
umhört - aus welchen Gründen geht der Dax nach oben? - dann gibt es
nur Schulterzucken und dann verweist man auf den Future der
amerikanischen Börse. Der geht heute, nachdem er gestern stark
gefallen war, heute wieder etwas stärker nach oben und nun schöpft
man schon wieder Mut und sagt, in Amerika wird es heute nicht so
schlimm sein; was absolut falsch ist. Denn in Amerika müssen wir
heute noch das nachholen, was gestern nach unten gegangen ist
weltweit. Das haben die Amerikaner ja nicht mitgemacht."

"Weil Amerika unsere Börse bestimmt, deswegen sind wir hier in
Frankfurt heute sehr zittrig unterwegs und haben sehr viel Angst."

"Es geht nicht um die reale Wirtschaft. Es geht nicht darum, dass
die deutsche Wirtschaft nun nach Asien stärker exportiert, während
die amerikanischen Kunden ausfallen. Es geht um die Börse. Die Börse
wird bestimmt - auch in Europa, auch in Deutschland - von
amerikanischen Anlegern. Die bestimmen den Takt hier."

Die Zitate sind frei zur Verwendung mit dem Hinweis auf n-tv.

Originaltext: n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8180
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8180.rss2

Pressekontakt:
Sonja Friedrich
(0221) 9152 2620
Sonja.Friedrich@n-tv.de


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