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Plädoyer für ein von überflüssigen Fesseln befreites Gesundheitswesen

Geschrieben am 09-05-2006

Berlin (ots) -

"Diskussionsdokumente": Unabhängiges Consilium der
Bundeszahnärztekammer liefert Anregungen und Impulse zur
Gesundheitsreform in Buchform

Als Plädoyer für ein von überflüssigen bürokratischen Fesseln
befreites Gesundheitswesen und Impulse für die aktuellen Diskussionen
zur Gesundheitsreform verstehen sich die interdisziplinären
Anregungen, die die Mitglieder des Consiliums der
Bundeszahnärztekammer (BZÄK) mit ihrem ersten Band zur Schriftenreihe
"Diskussionsdokumente" heute vorlegen. "Dabei geht es nicht nur um
Reformvorschläge zur Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung, sondern auch um die erforderliche Vereinfachung
der Organisationsstrukturen sowie des Leistungsrechts im
Versicherungssystem oder die Zukunftsperspektiven freiberuflicher
Selbstverwaltung unter Berücksichtigung der europapolitischen
Dimension", fasst der Koordinator des Consiliums, Prof. Dr. Burkhard
Tiemann (Köln), die Bandbreite der Beiträge zusammen.

Das Consilium als wissenschaftlicher Beirat der BZÄK setzt sich
aus fünf namhaften und unabhängigen Experten unterschiedlicher
Fachrichtungen zusammen, darunter der Vorsitzende des
Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im
Gesundheitswesen, Prof. Dr. Eberhard Wille (Mannheim), sowie der
frühere Staatssekretär Prof. Dr. Johann Eekhoff (Köln). Das Gremium
tagt seit fünf Jahren regelmäßig und berät den Vorstand der BZÄK bei
seinen politischen Entscheidungen.

Die Grenzen nationaler Gestaltungsfreiheit im Gesundheitswesen
durch die Vorgaben der EU könnte die Bundesregierung zum Jahresende
recht drastisch aufgezeigt bekommen: Die Altersgrenze für
Vertragsärzte von 68 Jahren verstößt nach Auffassung von Prof. Dr.
Winfried Boecken (Konstanz) eindeutig gegen die Richtlinie zum Verbot
der Altersdiskriminierung (2000/78/EG). Ist diese Regelung nicht bis
zum 02. Dezember 2006 außer Kraft gesetzt, drohen Regressansprüche
der durch den Entzug der Kassenzulassung betroffenen Ärzte und
Zahnärzte.

Nicht zuletzt die den Patienten und seinen freien Zugang zu den
Gesundheitsmärkten innerhalb der EU in den Vordergrund rückenden
aktuellen Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) haben den
nationalen Gestaltungsrahmen bereits verengt. Umso wichtiger sei es,
bei den anstehenden Reformen in Deutschland nicht die Vorgaben außer
acht zu lassen, die in Brüssel gemacht werden, mahnt der Kölner
Sozial- und Verwaltungsrechtler Prof. Tiemann. Vorbildcharakter
innerhalb der EU traut Tiemann dem deutschen Gesundheitswesen wegen
seines Subsidiaritätsprinzips und den staatsentlastenden Synergien
einer funktionalen Selbstverwaltung bei gleichzeitiger
Bürgerbeteiligung zu. Diese Aspekte gelte es auch bei einer
nationalen Neuordnung des Gesundheitswesens zu berücksichtigen.

Die seit knapp eineinhalb Jahren gültigen befundorientierten
Festzuschüsse beim Zahnersatz haben sich bewährt. Sie sollten nach
Auffassung von Prof. Dr. Wilfried Wagner (Mainz) als ideale
Verknüpfung sozialer und solidarischer Versorgung und Finanzierung
bei eingebundener Möglichkeit zu individueller Einzelleistung auch
auf die restaurative Zahnheilkunde und Parodontologie ausgeweitet
werden. Die Festzuschüsse halten die Balance zwischen drohender
Unter- oder Überversorgung.

Unter Ausweitung des echten Wettbewerbs aller Leistungserbringer
am Gesundheitsmarkt sowie der gesetzlichen und privaten Krankenkassen
sieht Prof. Eekhoff in einer "Privatversicherung für Alle" die
Zukunftslösung des deutschen Gesundheitswesens. Eine feste, an der
Versicherungsleistung orientierte Prämie für jedes Mitglied auf Basis
einer allgemeinen Versicherungspflicht bildet den Finanzsockel. Dabei
zahlt der Versicherte in jüngeren Lebensjahren mehr in die
Versicherung ein, als er an Leistung beansprucht. Diese angesparten
Beträge tragen später zur Beitragsstabilität bei. Wer diese Prämie
nicht aufbringen kann, wird aus Steuermitteln unterstützt.

Prof. Wille vergleicht die aktuellen Reformansätze und empfiehlt
ebenfalls eine Verstärkung des Wettbewerbs unter Leistungsträgern und
Kassen. Einen Wechsel weg von der in den meisten Konzepten
bevorzugten Umlagefinanzierung hin zu einer Kapitaldeckung sieht
Wille nicht als Allheilmittel für Finanzstabilität. Auch die
Kapitaldeckung, der Wille Vorteile gegenüber dem herrschenden System
einräumt, kann der verlängerten Lebenszeit nur mit entsprechender
Anpassung der Prämien Rechnung tragen.

Das im vergangenen Herbst überraschend verstorbene
Consiliumsmitglied Prof. Dr. Peter Tettinger (Köln) hat in einer
seiner letzten Arbeiten die verfassungsrechtlichen Vorgaben einer
Umgestaltung des Gesundheitswesens anhand der Modelle
Bürgerversicherung und Kopfpauschale untersucht. Erhebliche
verfassungsrechtliche Vorbehalte meldet er gegenüber
Bürgerversicherungsmodellen unter Zugrundelegung aller
Einkommensquellen bzw. Ausweitung der Pflichtmitgliedschaft in der
Gesetzlichen Krankenversicherung an. Auch Tettinger empfiehlt
dringend, das europäische Gemeinschaftsrecht bei der Gestaltung des
deutschen Gesundheitswesens immer im Blick zu halten.

Originaltext: Bundeszahnärztekammer
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30852
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30852.rss2

Pressekontakt:
Jette Krämer
Abt. Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
Bundeszahnärztekammer
Tel.: 030 - 400 05-150, Fax: 030 - 400 05-159
Email: j.kraemer@bzaek.de


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