Westdeutsche Zeitung: Gerechtigkeitsdebatte = von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 23-12-2007 |
Düsseldorf (ots) - Was macht eigentlich Oskar Lafontaine? Offensichtlich hat sich der Chef der Linkspartei seit Tagen in seine herrschaftliche Villa im Saargau zurückgezogen, um in aller Ruhe das Weihnachtsfest für seinen Sohn Carl Maurice vorzubereiten. Die politische Debatte kann er zum Jahreswechsel jedenfalls getrost den Regierungsparteien überlassen, die unter dem Druck der Gerechtigkeitsdiskussion das Geschäft des Populisten Lafontaine nun selbst betreiben. Erst winkt die Koalition bei der Post einen Mindestlohn durch, den der DGB in dieser Höhe nie zu fordern gewagt hätte. Mit einem Federstrich wird so die seit Jahren vorangetriebene Öffnung des Postmarktes kaputt gemacht. Dann geht die Kanzlerin mit allen medialen Geschützen auf überzogene Manager-Gehälter los, und befördert damit eine Legitimitätskrise der gesamten Wirtschaft. Zu guter Letzt schießt sich Bundestagspräsident Lammert auf die Millionengagen der Bundesliga-Fußballer ein. So ist die Kernbotschaft der Linken mittlerweile zum Allgemeingut geworden: Die Globalisierung kennt nur ganz wenige Gewinner, deren Profite sich ins Irrsinnige steigern, und massenhaft Verlierer. Niemand wagt mehr auszusprechen, dass schmerzhafte Einschnitte und die Bereitschaft der Arbeitnehmer zu Mehrarbeit und mäßigen Lohnabschlüssen die deutsche Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig gemacht und zwei Millionen Menschen einen Job verschafft haben. Kaum dass die Konjunktur in Fahrt gekommen ist, gaukelt die Politik den Bürgern wieder vor, Gerechtigkeit sei durch staatliche Verteilung zu erreichen. Das Fatale daran: Auch wenn 2008 der Aufschwung abflaut, werden die Steuereinnahmen durch die Zeitverzögerung ihres Inkassos noch einmal höher ausfallen. Und während die SPD im Angesicht der Linken um ihre Daseinsberechtigung kämpft, scheint ihr die Union mit Blick auf die Landtagswahlen 2008 und die Bundestagswahl 2009 Schritt für Schritt folgen zu wollen. Führung, Frau Kanzlerin, sieht anders aus. Wenn nicht alles täuscht, werden wir im Jahr 2010 nicht die Früchte der von Gerhard Schröder so benannten Agenda einfahren, sondern ausgerechnet wieder im Abschwung neue, schmerzhafte Strukturreformen vornehmen müssen.
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