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Der Tagesspiegel: Verfassungsgerichtspräsident Papier kritisiert EU-Reformverträge: Abgrenzung der Brüsseler Aufgaben hätte präziser definiert werden können

Geschrieben am 14-12-2007

Berlin (ots) - Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts,
Hans-Jürgen Papier, hat die am Donnerstag unterzeichneten
EU-Reformverträge begrüßt, aber auch kritisiert. Eine institutionelle
Reform sei angesichts der EU-Erweiterung dringend geboten gewesen.
"Man muss aber auch sagen, dass schon der so genannte
Verfassungsvertrag nicht gerade überschaubar und leicht verständlich
war. Insofern bringen die neuen Reformverträge keine
Verschlechterung. Unser Grundgesetz schöpft nicht zuletzt daraus
seine Akzeptanz und Integrationskraft, dass ihm die Bürger -
jedenfalls alles in allem - klar und deutlich entnehmen können, was
unsere staatlichen Grundnormen sind. Das ist bei den
EU-Reformverträgen nicht in vergleichbarer Weise der Fall", sagte
Papier dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstag-Ausgabe). Er warnte vor
einer weiteren Verlagerung von Zuständigkeiten nach Brüssel. "Ich
hätte mir gewünscht, dass in den Reformverträgen die Abgrenzung
dessen, was Brüssel tun soll und was bei den Mitgliedstaaten bleibt,
präziser definiert worden wäre. Und man hätte auch darüber nachdenken
können, ob bestehende Zuständigkeiten der EU nicht besser limitiert
worden wären. Das ist nicht hinreichend geschehen." Geltendes
Verfassungsrecht in Deutschland sei, dass die Übertragung von
Souveränitätsrechten auf den Staatenverbund der Europäischen Union
begrenzt sei. "Es muss eine substanzielle Gesetzgebungsmacht bei
Bundestag und Bundesrat bleiben", forderte Papier.

Der Verfassungsgerichtspräsident schlägt vor, bei der
Föderalismusreform den finanzpolitischen Handlungsspielraum der
Länder auszuweiten, und fordert eine striktere Schuldenbremse als die
bestehende Regelung im Artikel 115 des Grundgesetzes. Diese habe sich
als "stumpfes Schwert" erwiesen. "Die Verschuldung ist nicht nur ein
finanzpolitisches Problem und eine Frage der
Generationengerechtigkeit, sondern hängt letztlich auch eng mit der
künftigen Handlungs- und Steuerungsfähigkeit des demokratischen
Rechts- und Sozialstaats zusammen. Wie strikt eine Schuldenbremse
konkret ausfällt, ist nicht Sache des Verfassungsgerichts, sondern
ist dem Gesetzgeber vorbehalten und aufgegeben. Aber wirksamer als
bisher muss sie sein", sagte Papier. Unterschiedliche Regelungen in
Bund und Ländern seien dabei verfassungsrechtlich denkbar.

"Zu einem vitalen Bundesstaat gehört eine gewisse Selbständigkeit
der Länder, auch in der Finanzpolitik", sagte Papier. "Eine Stärkung
der Finanzautonomie der Länder wäre durchaus folgerichtig. Sie sind
ja keine Verwaltungsprovinzen, sondern Staaten mit eigener
Verfassungshoheit. Da wäre es konsequent, wenn man ihnen auch einen
größeren finanzpolitischen Spielraum gäbe." Papier wollte sich nicht
festlegen, wie das geschehen könnte, verwies aber auf die Debatte, in
der es um eine alleinige Gesetzgebungszuständigkeit der Landtage bei
den reinen Ländersteuern und Zuschlagsrechte auf Bundessteuern geht.
Die Länder forderte Papier zu mehr Eigenständigkeit auf: Sie müssten
"ihre Gestaltungsrechte stärker nutzen".

Originaltext: Der Tagesspiegel
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/2790
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_2790.rss2

Pressekontakt:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de
 


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