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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Kindstötungen

Geschrieben am 06-12-2007

Leipzig (ots) - Fünf kleine Jungs von der eigenen, völlig
überforderten, psychisch kranken Mutter erstickt. Das geht tief unter
die Haut. Man fragt sich, wie verzweifelt, wie alleingelassen, wie
krank muss eine Mutter sein, um das Leben ihrer eigenen Kinder
auszulösen, ihnen keine Zukunft mehr zu lassen? Eine Erklärung, die
normal zu begreifen wäre, gibt es dafür nicht, aber noch mehr Fragen:
Hat niemand diese Notsituation bemerkt und ernst genommen? Hätte
diese Kindstötung verhindert werden können?
Das gilt auch für die drei toten Babys in Plauen. Auch hier steht die
Mutter unter Tatverdacht, auch sie ist jung, in einer sozial
schwachen Situation und offenbar überfordert.
Das bundesweite Entsetzen ist groß. Ebenso stark erschallen wieder
die Rufe nach schärferen Gesetzen, Vorsorgeuntersuchungen und
insgesamt mehr staatlicher Fürsorge. Das alles ist auch Ausdruck
einer Hilflosigkeit, solche Tragödien wohl nie ganz verhindern zu
können.
Schleswig-Holstein hat zum Schutz von Kindern vor Gewalt und
Verwahrlosung erst unlängst ein Kinderschutzgesetz beschlossen.
Gerettet hat es die fünf Brüder leider nicht. Gesetze sind das eine,
ihre Umsetzung das andere. Schon nach dem Tod des kleinen Kevin wurde
die Personal- und Strukturkrise in der Kinder- und Jugendhilfe
beklagt. Geändert hat sich in den überlasteten Ämtern offenbar
nichts. Wie sonst kann es passieren, dass es in Plauen erst nach fünf
Jahren zum Zeitpunkt der Schuluntersuchung auffällt, dass es da
eigentlich ein Kind geben müsste?
Aber es sind nicht nur die Behörden, von denen mehr Aufmerksamkeit
und mehr Sensibilität gegenüber Familien mit Schwierigkeiten erwartet
wer-den kann. Es sind auch die Nachbarn, die Bekannten, kurz die
Gemeinschaft. Hat in Plauen wirklich von drei Schwangerschaften
niemand etwas mitbekommen? Hat im kleinen Darry keiner gemerkt, dass
die Mutter selbst Hilfe brauchte und mit ihren Kindern, insbesondere
mit ihrem behinderten Drittgeborenen, nicht mehr zurecht kam?
Die Gleichgültigkeit ist auch die Folge einer Werteverschiebung in
der Gesellschaft, in der der Manager mit der Luxuslimousine mehr
Respekt genießt als die Mutter mit dem Kinderwagen. Trotz aller
Anstrengungen der großen Koalition in der Familienpolitik, ist
Deutschland noch weit von einem wirklich kinderfreundlichen Klima
entfernt.
Gewiss, die Super-Nanny kann nicht überall sein. Und bei aller Tragik
der aktuellen Fälle sollte nicht vergessen werden, dass die Zahl der
Kindstötungen generell zurückgegangen ist. Dennoch ist jedes
Verbrechen eines zu viel. Deshalb braucht es mehr Hilfsangebote für
junge Eltern, die nur schwer zurecht kommen, eine bessere Kooperation
zwischen Medizinern und Behörden und auch mehr Kontrollbesuche. Und
Nachbarn, denen das Schicksal fremder Kinder nicht gleichgültig ist.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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