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Spritschlucker auf Grün gepinselt / Farbbalken stufen Autos nach ihrer Öko-Effizienz ein. Das System hat einen Konstruktionsfehler, der offenbar bewahrt werden soll. Von Bernhard Fleischmann

Geschrieben am 09-10-2020

Regensburg (ots) - Es ist nicht nur unser Seltsamerweise-immer-noch-Verkehrsminister Andreas Scheuer, der merkwürdige Vorstellungen über Umweltbelastungen von Autos an den Tag legt. Vielmehr sind quer durch die Bundesregierung in diesem Punkt weit auseinandergehende Positionen vertreten. Das ist weder gut für die Autoindustrie, weil sie nicht weiß, woran sie ist. Noch nützt es der Umwelt, weil mögliche Fortschritte im Wirrwarr und Widersinn gebremst werden. Ein Beispiel aus diesen Tagen: die Neugestaltung des Pkw-Labels. Dieses zeigt mit Farbbalken von A (grün) bis G (tiefrot) an, wie umwelteffizient ein Auto ist. Besser gesagt, es tut so, als würde es dies leisten. In Wahrheit zeigt es fragwürdige Einstufungen an. Es ist ein Tauziehen entstanden, wie viel Grün oder Rot künftig unter welchen Voraussetzungen vergeben werden soll. Es streitet das Umwelt- mit dem Wirtschaftsministerium, mit erwartbar verteilten Rollen. Das CDU-geführte Wirtschaftsressort möchte möglichst auch noch für solche Fahrzeuge viel Grün verteilen, wo die SPD-geleiteten Umweltkollegen längst Rot sehen. Sollten sich die Wirtschaftskollegen durchsetzen, dann bliebe das Label so halbgar und irreführend, wie es heute ist. Denn bereits bei der Einführung vor rund zehn Jahren bestand der Konstruktionsfehler darin, dass man Effizienz am Spritverbrauch im Verhältnis zum Gewicht bemessen hat. Das Label gibt grob gesagt an, wie viel Treibstoff ein Auto im Verhältnis zu seiner Masse verbraucht. Warum das Gewicht als Parameter? Ganz einfach: Weil es die Automobilindustrie so wollte. Und weil die seinerzeitige Bundesregierung wie all ihre Vorgänger weitgehend das wollte, was unseren Autoherstellern recht ist. Beide Seiten gingen offenbar davon aus, dass der Verbraucher nur eins will - getäuscht werden. Deutsche Marken sind überwiegend im Bereich Mittel- und Luxusklasse angesiedelt. Höhere Preise, höhere Margen, größere Modelle - am Ende kommt dabei fast unweigerlich mehr Gewicht heraus und als Folge ein höherer Verbrauch. Zu viel Rot auf dem Label hätte umweltbedachte Käufer dazu verleiten können, eine falsche Entscheidung zu treffen - etwa sich für einen kleineren Wagen, am Ende gar einen Koreaner oder Franzosen, zu entscheiden. Heute ist es jedenfalls so, dass ein Dickschiff wie der Volvo XC90 mit dem alten, hierbei noch gültigen NEFZ-Verbrauch von 8,1 Litern Super (Sie ahnen es, in Wirklichkeit nur bergab mit Rückenwind erreichbar) die relativ grüne Stufe C ziert, genauso wie einen Opel Crossland X 1.2 mit 5,1 Liter Super. Der Grund: der Volvo wiegt 2140 Kilo, der Opel 1174. Ist das fair? Verbraucherschützer nennen das mit vollem Recht eine Verbrauchertäuschung. Doch im Wirtschaftsministerium hat sich bis heute nichts am alten Denken geändert. Denn die dortigen Beamten formulieren für die Novelle des Labels, dass "ein möglichst hoher Anteil der aktuellen Volumenmodelle der deutschen Hersteller im absoluten Labelteil in den Klassen A bis C ("grüner Teil") vertreten sein soll". Bedeutet: All die Verbrenner, die sich heute gut verkaufen, sollen als brave Grüne daherkommen, obwohl es kaum der Wahrheit entspricht. Dazu braucht es ein paar Tricks. Nun ergibt es durchaus einen Sinn, Autos nicht nur nach dem Verbrauch einzustufen. Diesen kann man nachlesen und seit dem neuen Verbrauchszyklus WLTP sogar halbwegs glauben. Typbedingt muss ein Kleinwagen weniger verbrauchen als etwa ein Kombi oder Van, die einen höheren Nutzwert bieten, also mehr Personen und Gepäck transportieren können. Das Gewicht hingegen ist ein denkbar dämlicher Maßstab. Gewicht an sich ist kein Wert, der das Auto besser nutzbar macht. Vielmehr verhindert diese Koppelung, dass Autos leichter gebaut würden, was wiederum Energie sparen würde. Besser könnte man sich als Maßstab etwa über die Fläche unterhalten, die ein Auto einnimmt. Es geht darum, unsere Fahrzeuge weniger klimaschädlich zu machen. Ihre wahre Umweltbelastung zu verschleiern und durch dubiose Labels die Kunden in die Irre zu leiten, ist verwerflich.

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