(Registrieren)

Etwa ein Fünftel der stationär behandelten Covid-19-Patienten sind verstorben / Erste deutschlandweite Analyse auf Basis abgeschlossener Krankenhausfälle (FOTO)

Geschrieben am 29-07-2020

Berlin (ots) - Etwa ein Fünftel der Covid-19-Patienten, die von Ende Februar bis Mitte April 2020 in deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden, sind verstorben. Bei Patienten mit Beatmung lag die Sterblichkeit bei 53 Prozent, bei denen ohne Beatmung mit 16 Prozent dagegen deutlich niedriger. Insgesamt wurden 17 Prozent der Patienten beatmet. Das sind zentrale Ergebnisse einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität Berlin, die jetzt im medizinischen Fachmagazin "The Lancet Respiratory Medicine" veröffentlicht worden ist. Ausgewertet wurden die Daten von etwa 10.000 Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden. Die gemeinsame Studie liefert erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zur Behandlung der Covid-19-Patienten in Deutschland auf Basis der AOK-Abrechnungsdaten, die knapp ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden. Ein Fokus liegt dabei auf der Situation der beatmeten Patienten.

Insgesamt verstarb etwa ein Fünftel (22 Prozent) der stationär behandelten Covid-19-Patienten (Abbildung 1). Dabei lag die Sterblichkeit der Männer mit 25 Prozent um 6 Prozentpunkte über der der Frauen (19 Prozent). Unabhängig vom Geschlecht war die Mortalität bei den älteren Patienten sehr hoch: 27 Prozent verstarben in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen, 38 Prozent in der Gruppe der Menschen ab 80 Jahren.

Hohe Sterblichkeitsrate bei beatmeten Patienten

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten, die künstlich beatmet werden mussten, verstarben (53 Prozent). Die höchsten Sterblichkeitsraten waren bei beatmeten Patienten in der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichnen. Auch bei den beatmeten Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts wegen eines Nierenversagens zusätzlich dialysepflichtig waren (27 Prozent aller beatmeten Patienten), lag die Sterblichkeit mit 73 Prozent sehr hoch. Frauen und Männer wiesen im Falle der Beatmung eine ähnliche Sterblichkeit auf. Bei den Patienten ohne Beatmung war die Sterblichkeit zwar deutlich geringer, erreichte aber immerhin 16 Prozent. Auch hier korrelierte das Alter mit der Sterblichkeit. "Die hohen Sterblichkeits-raten machen deutlich, dass in den Kliniken relativ viele Patienten mit einem sehr schweren Krankheitsverlauf behandelt wurden. Diese schweren Verläufe betreffen eher ältere und gesundheitlich bereits beeinträchtigte Menschen, kommen aber auch bei jüngeren Patienten vor", sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO. "Auch wenn die Infektionszahlen in Deutschland im Moment niedrig sind, sollten weiterhin alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um das Infektionsrisiko in der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten."

Männer mit Covid-19 fast doppelt so häufig beatmet wie Frauen

In der Studie sind die Daten der Covid-19-Patienten mit und ohne Beatmung getrennt ausgewertet worden. Insgesamt wurden 1.727 (17 Prozent) der 10.021 stationär behandelten Covid-19-Patienten künstlich beatmet. Etwas mehr als drei Viertel der beatmeten Patienten erhielt eine invasive Beatmung. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 68 Jahren - sowohl in der Gruppe der beatmeten als auch der nicht beatmeten Patienten. Der Anteil der beatmeten Patienten unterschied sich zwischen den Altersgruppen (Abbildung 2): Bei den 60- bis 69-Jährigen sowie bei den 70- bis 79-Jährigen lag er bei 24 beziehungsweise 25 Prozent, in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen jedoch nur bei 15 Prozent und bei den Patienten ab 80 Jahren bei 12 Prozent. "Der Anteil der älteren Patienten mit Beatmung liegt zwar relativ niedrig, aber wir können davon ausgehen, dass in Deutschland alle Patienten beatmet werden konnten, bei denen das therapeutisch notwendig erschien. Denn bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet", so Christian Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion "Lunge - Respiratorisches Versagen" sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim. "Der internationale Vergleich ist wegen unterschiedlichen Stichproben der Studien schwierig. Aber es gibt Hinweise darauf, dass in anderen Ländern tendenziell weniger hochaltrige Menschen mit Covid-19 beatmet wurden - vermutlich auch aus Kapazitätsgründen."

Interessante Ergebnisse liefert auch ein Blick auf die Verteilung zwischen den Geschlechtern: Der Anteil der beatmeten Männer lag bei 22 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie bei den Frauen (12 Prozent), die Sterblichkeit lag hingegen auf einem vergleichbaren Niveau. "Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf", so Karagiannidis.

Beatmete Patienten haben häufiger Begleiterkrankungen

Stationär behandelte Covid-19-Patienten weisen häufig eine Reihe von Begleiterkrankungen auf (Abbildung 3). Der Anteil der Patienten mit Begleiterkrankungen liegt bei den Patienten mit Beatmung deutlich höher als bei den Patienten ohne Beatmung. So hatten beispielsweise 24 Prozent der Patienten ohne Beatmung Herzrhythmusstörungen; bei den Patienten mit Beatmung waren es 43 Prozent. Eine Diabetes-Erkrankung lag bei 26 Prozent der Patienten ohne Beatmung und bei 39 Prozent der Patienten mit Beatmung vor.

Die Hälfte der beatmeten Patienten wird länger als 10 Tage beatmet

Die durchschnittliche Dauer des Krankenhausaufenthaltes der Covid-19-Patienten betrug 14 Tage. Bei den nicht beatmeten Patienten war sie mit 12 Tagen deutlich kürzer als bei den Beatmungspatienten mit 25 Tagen. Die Dauer der künstlichen Beatmung lag im Durchschnitt bei 14 Tagen, im Median bei 10 Tagen (Abbildung 4). 23 Prozent der betroffenen Patienten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet bleiben. "Mit unserer Auswertung liegen hilfreiche Zahlen für Projektionen zur Nutzung von Krankenhaus- und Beatmungskapazitäten vor. So fallen pro 100 stationäre Patienten durchschnittlich 240 Beatmungstage an. Dies sind für die Vorbereitung auf eine zweite Pandemie-Welle wichtige Zahlen. Bezüglich der normalen Krankenhausbetten ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten", so Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheits-wesen an der TU Berlin.

Erste deutschlandweite Auswertung auf umfangreicher und qualitativ hochwertiger Datenbasis

In der Studie wurden 10.021 Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose analysiert, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen und bereits wieder entlassen wurden oder im Krankenhaus verstorben sind. Es handelt sich damit um die bisher umfassendste Studie zu Covid-19-Patienten in deutschen Krankenhäusern. Die zugrunde-liegende Stichprobe von AOK-Versicherten entspricht circa einem Drittel der Gesamtbevölkerung und weist eine repräsentative Alters- und Geschlechtsstruktur auf. Viele der bislang international veröffentlichten Studien mit großer Datenbasis beziehen noch im Krankenhaus liegende Patienten mit ein. Somit sind zum Beispiel die Dauer des Krankenhausaufenthaltes und der Beatmung sowie die Sterblichkeit noch nicht genau bestimmbar.

Link zur Veröffentlichung:

https://www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(20)30316-7/fullt ext

(Gemeinsame Pressemitteilung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität Berlin)

Pressekontakt:

Wissenschaftliches Institut der AOK
Pressestelle
Dr. Kai Behrens
Tel. 030 / 34646-2309
presse@wido.bv.aok.de

Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
Pressestelle
Nina Meckel
Tel. 089 / 230 69 60 69
presse@divi.de

Technische Universität Berlin
Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Susanne Cholodnicki
Tel.: 030 / 314-27879
pressestelle@tu-berlin.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/32063/4664598
OTS: Wissenschaftliches Institut der AOK

Original-Content von: Wissenschaftliches Institut der AOK, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

742442

weitere Artikel:
  • Nudging im Arbeitsschutz: Kostenfreies Whitepaper der BG ETEM (FOTO) Köln (ots) - Nicht erst seit der Corona-Pandemie fragen sich Verantwortliche in Unternehmen, wie sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu bringen können, sich sicher zu verhalten. Vorschriften und Verbote oder der sprichwörtliche "erhobene Zeigefinger" haben oft nicht den gewünschten Effekt. Abhilfe verspricht ein neues Instrument: Nudging. Die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) bietet ein kostenloses Whitepaper dazu an. Das englische Wort "nudge" bedeutet anstupsen. Die danach benannte Nudging-Methode lenkt mehr...

  • AUTO BILD erweitert digitales Serviceangebot um Clever Waschen (FOTO) Berlin (ots) - App ermöglicht transparente Suche und Preisvergleich von mehr als 10.000 Autowaschanlagen / Unkomplizierte Buchung und Zahlung von Autowäschen bei ausgewählten CleanCar Auto-Wasch-Centern / Connectivity-Partnerschaft mit Vodafone AUTO BILD erweitert ihr digitales Service-Angebot der "Clever"-Produktfamilie mit Clever Tanken und Clever Laden um Clever Waschen. Mit der App finden Autofahrer die passende Waschanlage und erhalten Informationen über Öffnungszeiten, Preise und individuelle Angebote von mehr als 10.000 Stationen. Zusätzlich mehr...

  • "I Know This Much Is True" ab September auch auf Deutsch Unterföhring (ots) - - Ab 14. September wahlweise auf Deutsch oder in der Originalfassung auf Sky Atlantic - Parallel auch auf Sky Ticket, Sky Go und über Sky Q auf Abruf - Mit Mark Ruffalo ("The Normal Heart", "Avengers") in einer Doppelrolle - Youtube-Link: https://youtu.be/WFx13bwbHLE In "I Know This Much Is True", der Verfilmung des Romans "Früh am Morgen beginnt die Nacht" von Wally Lamb, brilliert Mark Ruffalo in der Rolle der Zwillinge Dominick und Thomas Birdsey. Die sechsteilige Miniserie ist ab dem 14. September wahlweise in der mehr...

  • Abzocke im Urlaub / ADAC warnt vor Fake-Pannenhelfern in Ost- und Südosteuropa / Hilfe bei Sprachbarrieren (FOTO) München (ots) - Die ADAC Versicherung AG warnt erneut vor falschen Pannenhelfern, die sich als Gelbe Engel ausgeben und Reisenden viel Geld für Abschlepp- und teils unnötige Werkstattleistungen abknöpfen. Außer in Ungarn und Serbien sind die Betrüger jetzt auch vermehrt in Bulgarien, Kroatien und Slowenien aktiv. Dazu sind die Slowakei, Litauen und Polen betroffen. Um die Urlauber in die Falle zu locken, nutzen die Betrüger Fahrzeuge in der farblichen Gestaltung der Pannenhilfe-Autos, mit dem Logo des Clubs oder der Aufschrift "Im Auftrag des mehr...

  • Smart City Studie: Stadtverwaltungen fällt Umsetzung trotz Zahlungsbereitschaft der Bürger schwer (FOTO) Berlin (ots) - Stadtbewohner möchten in Smart Cities leben und würden dafür auch zahlen - Deutsche Städter würden für smarte Mobilitätslösungen und Wasserversorgung zahlen - Finanzierungsfragen und Einbindung digitaler Plattformen hemmen Ausbau zur Smart City - Stadtverwaltungen setzen bei Maßnahmen andere Prioritäten als Bürger - Nachhaltige Entwicklung für (gefühlte) Lebensqualität in Städten zunehmend wichtiger Städte erfüllen die gestiegenen Erwartungen ihrer Bewohner im digitalen Zeitalter nicht vollständig. Für viele Bürger ist mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht