(Registrieren)

Crash-Gefahr beim Dollar / Kommentar zum Dollarkurs von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 17-07-2020

Frankfurt (ots) - Die europäische Gemeinschaftswährung zeigt sich gegenüber dem Dollar derzeit fest, was viele Analysten hinsichtlich ihrer Prognosen auf dem falschen Fuß erwischt hat. Es spricht momentan einiges dafür, dass der Euro noch mehr Boden gutmachen wird. Denn eine Reihe von Faktoren lässt eine weitere Dollarschwäche erwarten. So hat sich an dem für den Devisenmarkt wichtigen kurzen Ende der Kurve die Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA deutlich verringert. Betrug sie zu Jahresbeginn 1,5 bis 1,75%, sind es jetzt nur noch 0,25%. Damit nimmt die Attraktivität des Dollar zum Parken von Liquidität deutlich ab. Hinzu kommt, dass, wie die Analysten der Helaba vermuten, die Akteure am Devisenmarkt derzeit nicht mehr davon ausgehen, dass die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik weiter lockern wird.

Und letztlich wird offenbar auch die Rolle des Greenback als sicherer Hafen in Krisenzeiten inzwischen in Frage gestellt. Die USA bieten derzeit ein eher desolates Bild, da die Trump-Administration die Coronavirus-Pandemie einfach nicht in den Griff bekommt. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt an, und der Hauptgrund, weshalb es nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommt, liegt darin, dass viele der jetzt arbeitslos gewordenen US-Bürger auch ihren Krankenversicherungsschutz verloren haben. Die Unruhen auf den Straßen hören nicht auf, sie gehen einher mit einer beispiellosen Kriminalitätswelle. Außerdem erscheinen die Eliten hoffnungslos zerstritten, sowohl Republikaner als auch Demokraten treiben die Polarisierung immer weiter voran.

Derweil haben die Rettungspakete der Federal Reserve und der US-Regierung eher die Finanzmärkte, das Bankensystem und die ganz großen börsennotierten Unternehmen gestützt als die breite Realwirtschaft, dafür aber die Staatsverschuldung deutlich nach oben getrieben, was zukünftige Spielräume weiter einengt.

Dies lenkt den Blick auf die längerfristigen Perspektiven des Greenback. Der prominente US-Ökonom Steven Roach, ehemaliger Chief Economist von Morgan Stanley und jetzt an der Yale University tätig, ist in dieser Hinsicht sehr pessimistisch. Er sagt einen Crash des Dollar um rund 35% auf das Tief von Juli 2011 voraus und erwartet, dass die Sonderrolle, die der Dollar in der Weltwirtschaft genießt, bald der Vergangenheit angehören wird.

Die Basis für die kommenden Kalamitäten des Dollar liegt für Roach darin, dass bereits vor dem Ausbruch der Pandemie die Ersparnis in den USA stark gesunken ist. Sie betrug im ersten Quartal 2020 mit 1,4% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nur noch ein Fünftel des Durchschnitts der Jahre 1960 bis 2005. Für die kommenden Quartale rechnet Roach damit, dass es krisenbedingt zu einer negativen Ersparnis der US-Haushalte in der bisher noch nie gesehenen Größenordnung von 5 bis 10% des BIP kommt. Um dies auszugleichen, sind die USA mehr denn je auf Kapitalimporte angewiesen. Bereits seit fast 30 Jahren besteht ein amerikanisches Leistungsbilanzdefizit, das nun auf einen Rekordwert steigen dürfte. Neben dieses tritt ein gewaltiges Haushaltsdefizit von laut Schätzung des Kongresses 17,9% des BIP im laufenden Jahr. So hoch war es in Friedenszeiten noch nie.

Vor diesem Hintergrund ist es äußerst gefährlich, wenn der US-Präsident und seine unbedarften Berater mit Eifer an einer umfassenden internationalen Destabilisierung arbeiten, in der irregeleiteten Erwartung, dass sich damit die globale Vormachtstellung der USA dauerhaft sichern lässt. Dieser außenpolitische Harakiri-Kurs unterminiert letztlich das internationale Vertrauen in den Dollar. Es ist auffällig, dass sich eine Reihe von Ländern, und zwar nicht nur China und Russland, auf eine Zeit nach der Dollardominanz in der Weltwirtschaft vorbereiten und dazu ihre Goldvorräte stark hochfahren, während US-Treasuries von diesen Notenbanken verkauft werden.

Sollte es zu dem von Roach erwarteten Crash des Dollar kommen, drohen den USA seiner Meinung nach eine Phase der Stagflation und ein tiefgreifender Wohlstands- und Kaufkraftverlust weiter Teile der Bevölkerung. Die Handelsbilanz- und Leistungsbilanzdefizite würden steigen - mit dem Unterschied zu heute, dass China nach einer von der US-Administration erwirkten Abkopplung nicht mehr zur Verfügung stehen wird, um Defizite zu finanzieren.

Ob die gegenwärtige Dollarschwäche bereits der Einstieg in dieses Szenario ist, lässt sich noch nicht sagen. Dass der Dollar seine besten Zeiten als international dominierende Währung gesehen hat, ist aber klar.

(Börsen-Zeitung, 18.07.2020)

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/4655529
OTS: Börsen-Zeitung

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

741356

weitere Artikel:
  • Mietendeckel - Keine Preismanipulation Straubing (ots) - Der Staat sollte sich darauf beschränken, extreme Auswüchse auf dem Immobilienmarkt zu begrenzen, von flächendeckender Preismanipulation aber die Finger lassen. Das heißt nicht, dass die öffentliche Hand untätig bleiben darf in der für den sozialen Frieden so entscheidenden Frage des Wohnens. Das Grundproblem ist doch: Während in begehrten Ballungszentren Wohnraum fehlt, drohen weniger zentrale Gebiete zu veröden. Durch die Corona-Pandemie und den Trend zum Homeoffice scheint das Wohnen auf dem Land wieder an Reiz zu gewinnen. mehr...

  • WESTFALEN-BLATT (Bielefeld): Kommentar zu Clemens Tönnies Bielefeld (ots) - Eines muss man Clemens Tönnies lassen: Der Mann scheint enorme Nehmer-Qualitäten zu haben. Buhmann, Bösewicht, Betrüger - was ist dem Chef des größten deutschen Fleischkonzerns in den zurückliegenden Wochen nicht alles nachgesagt worden. Doch wer geglaubt hatte, der 64-Jährige trete nur noch im Büßergewand auf, sieht sich nun getäuscht. Im Gegenteil: Das Interview mit dem WESTFALEN-BLATT beweist eindrucksvoll, dass sich Tönnies keiner Schuld bewusst ist. "Wir wissen bis heute nicht, welchen Rechtsbruch wir begangen haben sollen", mehr...

  • Galaxy Digital Capital Management: Anlagevermögen Ende Juni 2020 New York (ots/PRNewswire) - Die Galaxy Digital Holdings Ltd. (TSX: GLXY) hat bekannt gegeben, dass ihr verbundenes Unternehmen, die Galaxy Digital Capital Management LP ("GDCM") zum 30. Juni 2020 ein vorläufiges Anlagevermögen von 375,3 Millionen USD berichtet. Anlagevermögen (Assets Under Management - AUM)(a)(In Millionen) 30.6.2 31.5.2 30.4.2 31.3. 29.2. 31.1. 31.1 30.1 31.1 30.9 31.8 31.7 30.6 0(b) 0(b) 0(b) 20 20 20 2.19 1.19 0.19 .19 .19 .19 .19 Gesa 375,3 375,5 370,0 356,2 367,5 369,1 357, 360, mehr...

  • TCL Communication kündigt ein Trio von völlig neuen, erschwinglichen Alcatel-Tablets an Hong Kong (ots/PRNewswire) - TCL Communication kündigt sein Sortiment an Tablets der Marke Alcatel für das Jahr 2020 an, darunter die Kinder-Tablets Alcatel TKEE MID, Alcatel 1T 7 und Alcatel 3T 8 (2020). Dieses Trio erschwinglicher Tablets ermöglicht Eltern und Kindern gleichermaßen den Zugang zu erzieherischen und unterhaltsamen Erlebnissen zu ungefähr den gleichen Kosten wie ein Abendessen und ein Kinobesuch mit der Familie. Alle drei Tablets werden ab dem 17. Juli für weniger als 150 Euro erhältlich sein. "Dieses neueste Portfolio von Tablets mehr...

  • Union Investment hofft auf höheres Angebot für Qiagen Düsseldorf (ots) - Die Fondsgesellschaft Union Investment hält eine erneute Erhöhung des Qiagen-Übernahmeangebots für möglich. "Die Erhöhung des Angebots von Thermo Fisher zeigt, dass sich das Geschäftsumfeld deutlich verbessert hat. In Anbetracht der neuen Situation stellt sich die Frage, ob das Management von Qiagen hart genug verhandelt hat. Womöglich gibt es noch Luft nach oben", sagte Fondsmanager Markus Manns der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag). Union Investment hält ein Prozent der Qiagen-Aktien. "Wir haben noch nicht entschieden, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht