(Registrieren)

Vergleich in der VW Musterfeststellungsklage: Rosinenpickerei am Gesetz vorbei / Hunderttausend Geschädigte müssen dennoch nicht leer ausgehen

Geschrieben am 19-03-2020

Nürnberg (ots) - Nachdem die Vergleichsgespräche zwischen dem Volkswagen-Konzern und dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) zunächst für gescheitert erklärt worden sind, wurde nunmehr eine Einigung verkündet. Mindestens 100.000 der circa 366.000 angemeldeten VW-Kunden bekommen jedoch keinerlei Entschädigung. Die Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen wird durch den vzbv dennoch Ende April zurückgenommen werden. "Es ist natürlich enttäuschend, dass die Interessen von fast einem Drittel der Verbraucher für die Einigung geopfert werden. Umso mehr sollten all diejenigen, die durch das Raster gefallen sind, ihre Ansprüche mit aller Konsequenz weiter verfolgen", empfehlen Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Bank- und Verbraucherschutzrecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg.

In den Medien wird oftmals über einen Vergleich in dem VW-Musterfeststellungsklageverfahren vor dem OLG Braunschweig berichtet. Es existieren klare gesetzliche Regelungen für eine Beendigung der Musterfeststellungsklage durch einen gerichtlichen Vergleich. So muss das Gericht den Vergleich zunächst genehmigen. Hiermit soll sichergestellt werden, dass es sich um eine für den Verbraucher angemessene vergleichsweise Regulierung handelt. Danach ist der Vergleich jedem einzelnen Verbraucher zuzustellen. Betroffene haben sodann einen Monat Zeit, um ihren Austritt aus dem Vergleich zu erklären. Schlussendlich kommt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ein Vergleich nur dann wirksam zustande, falls weniger als 30 Prozent der angemeldeten Verbraucher ihren Austritt aus dem Vergleich erklärt haben.

Die außergerichtliche Einigung zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V und der Volkswagen AG erfüllt diese Anforderungen in entscheidenden Punkten gerade nicht. "Von einem echten Vergleich im Sinne der Musterfeststellungsklage kann keine Rede sein", stellt Rechtsanwalt Dr. Hoffmann klar. Nach Auffassung der Nürnberger Rechtsanwälte wurden die aus gutem Grunde gesetzlich festgeschriebenen Mechanismen vielmehr umgangen. Dies betrifft insbesondere die gesetzlich festgeschriebene 30-Prozent-Grenze. Von dieser hätten genau die rund 100.000 Geschädigten profitiert, die trotz der Einigung gerade keine Vergleichsangebot von VW erhalten. Das Verfahren wäre sodann mangels Zustandekommens eines wirksamen Vergleichs schlicht fortzuführen gewesen. Jetzt nimmt der Verbraucherverband jedoch in jedem Fall - selbst wenn kein einziger Verbraucher das Vergleichsangebot von VW annehmen sollte - die Klage Ende April 2020 zurück und circa 100.000 Verbraucher schauen in die Röhre. Dies war ersichtlich nicht die gesetzgeberische Intention bei der Einführung der Musterfeststellungsklage.

Vielmehr sollte ein gerichtlicher Vergleich mit Wirkung für alle angemeldeten Verbraucher geschlossen werden. Demgegenüber pickte sich die Volkswagen AG in den Vergleichsverhandlungen offensichtlich die Rosinen heraus. Nur bestimmte "qualifizierte" Anmelder erhalten Vergleichsangebote. "In all diesen Fällen bestehen nach der aktuellen Rechtsprechung ohnehin Haftungsansprüche gegenüber VW, wobei die Entschädigungen oftmals deutlich höher ausfallen als die außergerichtlichen Vergleichsangebote", erläutert Rechtsanwalt Göpfert.

In der weit überwiegenden Mehrheit der rund 100.000 "nicht qualifizierten" Fälle erfolgte der Erwerb des manipulierten Kfz nach dem 31.12.2015. In diesen Sachverhalten lehnen einige Gerichte eine Schadensersatzhaftung der Volkswagen AG ab, weil VW bereits mit einer Ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 die Öffentlichkeit über die "Softwareproblematik" informiert habe. Volkswagen sah daher ein geringeres Haftungsrisiko und damit keinen Anlass für eine Vergleichszahlung. Nach Sinn und Zweck der Musterfeststellungsklage sollte jedoch gerade auch bei einem Vergleich nicht die "Rosinentheorie", sondern die "Krötentheorie" herrschen.

Die circa 100.000 Geschädigten, die durch das Raster gefallen sind, müssen dennoch nicht leer ausgehen. Die Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner empfiehlt dringend, auch in diesen Fällen Schadensersatzansprüche mit aller Konsequenz weiter zu verfolgen. Denn nach Auffassung der Nürnberger Rechtsanwälte bestehen auch für Betroffene, die ihr Kfz erst nach dem 31.12.2015 gekauft haben, gute Chancen, ihre Ansprüche erfolgreich gerichtlich durchzusetzen.

So stellte bereits das OLG Hamm in seinem Urteil vom 10.09.2019, 13 U 149/18, zutreffend fest, dass VW auch im Falle des Erwerbs eines manipulierten Kfz im Jahr 2016 auf Schadensersatz haftet. Ebenso entschied jüngst das OLG Oldenburg mit Urteil vom 16.01.2020, 14 U 166/19. Das Oberlandesgericht erachtet die Ad-hoc-Mitteilung von VW Ende 2015 für irrelevant, nachdem der Schaden bereits eingetreten war. "Der Senat des OLG Oldenburg hält es völlig zu Recht für unangemessen, den Täter bei einer vollendeten sittenwidrigen Handlung mit Straflosigkeit zu belohnen, nur, weil er sein Handeln öffentlich macht. Am Ergebnis der Tat ändert das nämlich nichts", erläutert Rechtsanwalt Dr. Hoffmann.

Es zeigt sich also, dass Verbraucher ihre Schadensersatzansprüche mit einer Einzelklage weiter verfolgen sollten. Gerade wenn Autobesitzer über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung verfügen, die bereits vor dem Kauf abgeschlossen worden ist, besteht vielfach ohnehin kein Kostenrisiko. Es empfiehlt sich rasches Handeln. Ganz abgesehen davon, dass Betroffene nicht weiter sinnlos Zeit verschwenden sollten, müssen auch Verjährungsfristen beachtet werden. Nachdem der vzbv die Klage gegen VW Ende April zurücknehmen wird, läuft ab dem Tag der Rücknahme grundsätzlich eine Verjährungsfrist von 6 Monaten.

Pressekontakt:

Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Dr. Marcus Hoffmann
Virchowstraße 20d
90409 Nürnberg

Tel: +49 (0) 911 567 94 00
Fax: +49 (0) 911 657 94 01
E-Mail: presse@drhoffmann-partner.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/133537/4552067
OTS: Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte

Original-Content von: Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

725602

weitere Artikel:
  • ZTE präsentiert am 23. März 2020 das neue Smartphone Axon 11 5G Shenzhen, China (ots/PRNewswire) - ZTE Corporation (0763.HK / 000063.SZ), ein international führender Anbieter von Lösungen für die Telekommunikationsbranche sowie für Unternehmens- und Privatkunden im Bereich mobiles Internet, hat heute die China-Premiere seines neuen 5G-Smartphones ZTE Axon 11 für den 23. März bekannt gegeben. Das ZTE Axon 11 unterstützt den SA- und NSA-Modus (Stand Alone- und Non-Stand Alone-Modus) und bietet innovative Funktionen für Videoaufnahme und -produktion. Mit vielen technologischen Vorzügen bietet es den Verbrauchern mehr...

  • ZTE und China Telecom melden branchenweit ersten kommerziellen Testbetrieb eines 400G OTN-Clustersystems für Glasfasernetze Shenzhen, China (ots/PRNewswire) - ZTE Corporation (0763.HK / 000063.SZ), ein international führender Anbieter von Lösungen für die Telekommunikationsbranche sowie für Unternehmens- und Privatkunden im Bereich mobiles Internet, hat heute zusammen mit China Telecom in Shenzhen den branchenweit ersten kommerziellen Testbetrieb eines 400G OTN-Clustersystems für Glasfasernetze gestartet. Das System unterstützt eine Transportgeschwindigkeit von maximal 400G bei 64 Wellenlängen, wobei die Kapazität 3,2 Mal so hoch ist wie die eines 100G-Systems. Es erfüllt mehr...

  • Spitch: Telefonhotline-Katastrophe verhindern Frankfurt (ots) - - Die Telefonsysteme von Airlines, Bahn, Gesundheitsämtern und vielen Firmen sind völlig überlastet. - Millionen Kunden sind verunsichert, wenn sie telefonisch niemanden erreichen. - Solche Ansturmwellen sind nur mit intelligenten automatisierten Sprachdialogsystemen zu bewältigen. "Die derzeitige Telefonhotline-Katastrophe bei zahllosen Firmen und Ämtern wäre deutlich zu lindern gewesen, wenn man man in der jüngsten Vergangenheit Sprachdialogsysteme in Betrieb genommen hätte", sagt Bernd Martin, mehr...

  • Immobilien-Branchennews: Realogis-RLI Unternehmensgruppe zu Corona-Auswirkungen für Industrie und Logistik München (ots) - Die weltweite Pandemie Corona hat vielfache Auswirkungen auf die systemrelevante Logistikbranche und auf den Immobilienmarkt. Die Realogis-RLI Unternehmensgruppe, mit über 80 Experten die führende Unternehmensgruppe im Industrie- und Logistikimmobilienbereich in Deutschland, informiert über aktuelle Entwicklungen. "Wir verzeichnen derzeit in unseren Niederlassungen eine hohe Nachfrage nach Mietflächen für Heimlieferdienste. Aufgrund eines sprunghaften Anstiegs der Online ausgelösten Belieferung nach Hause wollen Anbieter dieser mehr...

  • Media Alert: Supermicro kündigt sein erstes GPU-Live-Forum an San Jose, Kalifornien (ots/PRNewswire) - Supermicros Produktexperten bieten Einblicke in Produkte, Funktionen und Produkt-Updates Am 24. März 2020 wird Supermicro sein erstes GPU-Live-Forum präsentieren. Darin werden kompetente Produktmanager von Supermicro Einblicke und Updates zum branchenweit breitesten Portfolio an NVIDIA-GPU-Systemen geben. Teilnehmer erleben Produkt-Podiumsdiskussionen, Produktdemos, Networking-Möglichkeiten inklusive Live-Sessions mit Fragen und Antworten und die einzigartige Möglichkeit, mit Supermicro-Produktexperten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht