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Ethikrat: Chancen für die Pflege durch verantwortliche Nutzung von Robotik

Geschrieben am 10-03-2020

Berlin (ots) - In seiner heute veröffentlichten Stellungnahme "Robotik für gute
Pflege" wägt der Deutsche Ethikrat die mit Robotern verbundenen Chancen und
Risiken für die Pflege ab. Er gelangt zu dem Urteil, dass sie einen wertvollen
Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen und der
Arbeitsqualität im Pflegebereich leisten können. Dies setzt jedoch voraus, dass
der Einsatz von Robotertechnik zwischenmenschliche Beziehungen nicht ersetzt,
dass er nicht gegen den Willen von Gepflegten und Pflegenden oder zur bloßen
Effizienzmaximierung erfolgt und dass die Betroffenen in die Entwicklung der
Techniken einbezogen werden.

Die Erforschung und Entwicklung robotischer Anwendungen sowohl für die häusliche
Pflege als auch für Pflegeeinrichtungen wird seit einigen Jahren mit erheblichen
öffentlichen Mitteln gefördert. Zur Begründung wird von politischer Seite auf
die drängenden infrastrukturellen, personellen und finanziellen Probleme
verwiesen, die sich angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege bei
gleichzeitig wachsender Zahl pflege- und assistenzbedürftiger Menschen stellen.
Der Deutsche Ethikrat erkennt zwar den möglichen Nutzen der Robotik für den
gesamten Pflegebereich an, sieht diesen jedoch weniger in der Beseitigung von
Personalengpässen oder Pflegenotstand als vielmehr in ihrem Potenzial zur
Förderung guter Pflege. Für die Gepflegten liegt dieses Potenzial nicht nur in
der Erhaltung von Selbstständigkeit sowie von körperlichen und kognitiven
Fähigkeiten, sondern auch in deren möglicher Rückgewinnung durch rehabilitative
Maßnahmen.

Assistenzroboter, die Pflegende und Gepflegte bei alltäglichen Verrichtungen
unterstützen, entlasten Pflegekräfte bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten
oder können die Angewiesenheit auf stationäre Pflege bei Menschen mit steigendem
Pflegebedarf hinauszögern. Auch robotische Monitoring-Techniken sollen
selbstbestimmtes Leben im heimischen Umfeld unterstützen, indem sie die
Überwachung von Körperfunktionen aus der Ferne ermöglichen oder rasche Hilfe im
Notfall gewährleisten. Sogenannte Begleitroboter, die z.B. in Gestalt
verschiedener Tiere angeboten werden, assistieren bei sozialen Interaktionen
oder dienen selbst als Interaktionspartner und erfüllen so vor allem
kommunikative und emotionale Bedürfnisse.

Es wäre aus ethischer Sicht jedoch äußerst fragwürdig, wenn pflegebedürftige
Menschen soziale und emotionale Bedürfnisse zukünftig überwiegend im Umgang mit
Begleitrobotern stillen würden, die Gefühle lediglich simulieren. Auch im Fall
anderer Arten von Robotern könnte sich das unabhängige Leben in vertrauter
Umgebung durchaus als ein Leben in sozialer Isolation erweisen. Aufseiten der
Pflegekräfte sollten Ängste vor Überforderung durch die anspruchsvolle Bedienung
komplizierter Robotertechnik ernstgenommen werden. Anstatt Raum für
beziehungsorientierte Pflege zu schaffen, könnte die Unterstützung durch Robotik
auch eine noch höhere Arbeitsdichte nach sich ziehen. Bezüglich des
Gesundheitssystems gibt es die Sorge, dass die hohen Kosten für die Einführung
von robotischen Assistenzsystemen zu Mittelkürzungen im Personalwesen oder
anderen wichtigen Pflegebereichen führen könnten.

Der Deutsche Ethikrat untersucht diese und weitere Befürchtungen und erkennt
ihre Berechtigung an, bleibt dabei jedoch zuversichtlich, dass Robotertechniken
für die Pflege von großem Nutzen sein können. Seine Realisierung setzt die
verantwortliche Gestaltung von Entwicklungs- und Implementierungsprozessen
voraus, die der Rat mit einer Reihe von Empfehlungen unterstützt, welche sowohl
auf individueller als auch auf institutioneller und politisch-systemischer Ebene
ansetzen. Gefordert wird beispielsweise die angemessene Einbeziehung sowohl von
Menschen mit Assistenz- oder Pflegebedarf als auch von (professionell)
Pflegenden in die Entwicklung robotischer Systeme. Sicherheitsstandards und
Haftungsregelungen sollten überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, um
einer Erosion von Verantwortung im Umgang mit Robotertechniken vorzubeugen. Das
Wohl der zu pflegenden Person in ihrer Individualität sollte stets im Zentrum
der Pflege stehen, auch wenn der Einsatz von Technik die Standardisierung und
Schematisierung von Prozessen erforderlich macht. Empfohlen wird weiterhin,
Pflegekräfte sowohl in der Ausbildung als auch in der Fort- und Weiterbildung
gezielt im Umgang mit Robotertechniken zu schulen, wobei auch ethische Aspekte
berücksichtigt werden sollten.

Weitere Informationen zur aktuellen Stellungnahme sowie zu seiner Jahrestagung
2019, mit der der Ethikrat seine Befassung mit dem Thema vorbereitet hat, unter
www.ethikrat.org.

Pressekontakt:

Ulrike Florian
Deutscher Ethikrat
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Jägerstraße 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 30 203 70-246
Fax: +49 30 203 70-252
E-Mail: florian@ethikrat.org
URL: www.ethikrat.org

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/42978/4542250
OTS: Deutscher Ethikrat

Original-Content von: Deutscher Ethikrat, übermittelt durch news aktuell


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