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Zurück zum Sport nach Gelenkverletzung und OP / Bandagen und Orthesen am Knie- und Sprunggelenk - wann helfen sie wirklich?

Geschrieben am 19-06-2019

Zürich (ots) - Die Meinungen zu Bandagen und Orthesen gehen weit
auseinander: Während die einen auf das Hilfsmittel schwören und ihnen
Stütze und Stabilität zuschreiben, lassen die anderen sie ungenutzt
im Schrank verstauben und setzen lieber auf die eigene Muskelkraft.
Irrtum oder richtige Einschätzung? Die Experten der AGA nehmen
Stellung zu gängigen Annahmen zum Tragen von Bandagen und Orthesen.

Die Experten der AGA:

- Dr. med. Christina Valle (Fachärztin für Physikalische Medizin
und Rehabilitation), Vorsitz AGA Komitee Prävention, konservative
Therapie und Rehabilitation
- Arthur Praetorius, M.Sc. (Sportwissenschaftler), Mitglied AGA
Komitee Prävention, konservative Therapie und Rehabilitation
- Priv.-Doz. Dr. med. Philipp Minzlaff (Facharzt für Orthopädie und
Unfallchirurgie) Mitglied AGA Komitee Prävention, konservative
Therapie und Rehabilitation

1. "Ich trage beim Sport immer Kniebandagen, um meine Knie vor
Verletzungen zu schützen."

Dr. Christina Valle: "Eine Kniebandage kann durch ihre
Stützfunktion das Führen des Kniegelenkes erleichtern, ersetzt aber
kein gezieltes Muskel- und Koordinationstraining. Wer sich beim Sport
im Knie instabil fühlt, sollte das vor dem Griff zur Bandage stets
ärztlich abklären. Bei bestimmten Sportarten werden aber durchaus
spezielle Bandagen zur Verletzungsprävention eingesetzt."

2. "Mit meiner Knieorthese traue ich mir nach meiner frischen
Knie-OP vielmehr Belastung zu als ohne."

Dr. Christina Valle: "Eine Orthese kann nach einer Operation am
Kniegelenk - abhängig von Erkrankung, OP-Verfahren und
patientenbezogenen Faktoren - dem Patienten subjektiv mehr Sicherheit
in seiner Bewegung vermitteln und unnötige Ängste nehmen. Trotzdem
ist die Versorgung mit einer Orthese alleine kein Freibrief für
vermehrte Belastung oder sportliche Aktivitäten. Dies sollte immer
mit dem behandelnden Arzt und Physiotherapeuten abgesprochen werden."

3. "Die Kniebandage schwächt meine Muskulatur. Lieber versuche ich
auch bei Knieschmerzen ohne die Bandage joggen zu gehen."

Arthur Praetorius: "Das dauerhafte Tragen einer Bandage kann die
Kraft der angrenzenden Muskulatur tatsächlich schwächen, da weniger
Kraft für die Kniestreckung und -beugung nötig ist. Bei leichten
Defiziten in den Bereichen Kraft, Beweglichkeit und neuromuskulärer
Kontrolle unterstützt die Kniebandage jedoch dabei, das Knie zu
führen. Druck und Kompression tragen dazu bei, den sensorischen Input
aus dem Kniegelenk an das zentrale Nervensystem zu erhöhen und somit
die Bewegungsleistung zu verbessern.

Bei belastungsabhängigen Problemen mit der Kniescheibe kann die
Kniebandage helfen schmerzfrei zu laufen. Grundsätzlich sollten
Schmerzen beim Laufen aber immer als Warnsignal verstanden werden und
der Körper durch ein geeignetes Training auf die Belastung
vorbereitet werden.

4. "Mit Knieorthese kann ich schon 3 Monate nach Kreuzband-OP
wieder Fußball spielen."

Dr. Christina Valle: "Nach einer Kreuzbandoperation benötigt das
neue Band teilweise über 12 Monate, bis es gut im Kniegelenk
eingewachsen ist. Hier folgt die Heilung bestimmten Heilungsstufen,
die dringend bei der Rehabilitation und der Rückkehr in den Sport
berücksichtigt werden müssen. Nach 3 Monaten ist eine
Kreuzbandplastik in der Regel noch nicht so sicher verheilt, dass
komplexe Mannschaftssportarten wie Fußball ohne hohes neues
Rupturrisiko (Riss) ausgeübt werden können. Auch eine Orthese kann
dieses Risiko nach 3 Monaten kaum reduzieren, so dass Fußball nach so
kurzer Zeit weder mit noch ohne Orthese empfohlen werden kann.
Zusätzlich sollte vor Rückkehr in den Sport stets eine
sportspezifische Testung vom Arzt oder Physiotherapeuten durchgeführt
werden."

5. "Meine Kniebandage schützt mich beim Sport vor einem erneuten
Kreuzbandriss."

Dr. Christina Valle: "Viele Ärzte verordnen nach der
Kreuzbandoperation eine stabilisierende Orthese. Oftmals einfach um
den Patienten an seine noch nicht vorhandene Heilung zu erinnern. Die
Kreuzbänder benötigen deutlich mehr Zeit zur Heilung als allgemein
vermutet oder subjektiv empfunden wird. Daher ist es nach einer
Kreuzbandverletzung und ggf. -operation wichtig, vorsichtig unter
physiotherapeutischer und ärztlicher Anleitung die Kraft und
Stabilität an dem betroffenen Bein wieder aufzubauen.

Gezieltes Training der einzelnen kniestabilisierenden Strukturen
ist der beste Schutz vor einer neuen Kreuzbandverletzung. Hierzu gibt
es Präventionsprogramme, die gezielt helfen können. Vor der Rückkehr
in den Sport sollte stets eine sportspezifische Testung vom Arzt oder
Physiotherapeuten durchgeführt werden. Eine Kniebandage kann dabei
als Erinnerungsfaktor unterstützend wirken, ersetzt jedoch kein
gezieltes Präventionstraining. Im Hochleistungssport werden Orthesen
am Kniegelenk auch zur Vermeidung von Verletzungen eingesetzt. Sie
sind jedoch meist anders aufgebaut als die herkömmlich im Handel
erhältlichen Orthesen."

6. "Mein Meniskus ist doch genäht und die OP war schon vor einem
halben Jahr. Wozu noch eine Schiene tragen?"

Priv.-Doz. Dr. Philipp Minzlaff: "Die Meniskusheilung dauert
lange. Auch Monate nach der OP können Veränderungen im MRT gesehen
werden. Eine Schiene kann zwar die Heilung nicht direkt beeinflussen,
allerdings das Gelenk von außen schützen und führen und damit
möglicherweise vor erneuten Rissen schützen. Wie lange eine Orthese
nach der OP getragen werden sollte, ist bislang nicht geklärt. Das
wichtigste ist in jedem Fall, dass Gelenke mit genähten Menisken
stabil sind, etwaige Bandinstabilitäten (z.B. Riss des vorderen
Kreuzbands) mitbehandelt werden und die gelenkstabilisierende
Muskulatur gekräftigt wird.

Um die Naht zu schützen und das Operationsergebnis
sicherzustellen, kann es sinnvoll sein, bei kniebelastenden
Tätigkeiten, z.B. Tennisspiel oder Gartenarbeit, auch nach 6 Monaten
noch eine Orthese zu nutzen. Darüber hinaus sollten Kraft,
Beweglichkeit und neuromuskuläre Kontrolle durch Fachleute
(Sportorthopäden, Sportwissenschaftler) nach nachvollziehbaren
Kriterien getestet werden."

7. "Nach meiner Außenbandverletzung die Sprunggelenksorthese zu
tragen erspart mir die OP."

Arthur Praetorius: "Ob eine Verletzung des Außenbandapparates am
Sprunggelenk operiert werden muss, hängt vom Schweregrad ab. Wenn
nicht operiert werden muss, kann eine Sprunggelenksorthese im ersten
Schritt helfen das Gelenk zu stabilisieren. Im zweiten Schritt ist
ein geeignetes Kraft- und Körperwahrnehmungstraining
(Propriozeptionstraining) enorm wichtig. Wer das konsequent umsetzt,
kann die volle Funktion und Leistung des Gelenkes auch ohne Operation
wieder herstellen. Allerdings kann es auch noch nach längerer Zeit zu
chronischen Sprunggelenksproblemen kommen, die operativ versorgt
werden müssen, um das Gelenk zu stabilisieren."

8. "Ich will möglichst schnell meine Oberschenkelmuskulatur wieder
aufbauen und lass die Orthese lieber weg."

Dr. Christina Valle: "Es muss immer unterschieden werden, warum
und nach welchem Eingriff eine Orthese am Kniegelenk verordnet wurde.
Das betrifft auch die tägliche Tragedauer, Einschränkung der
Kniegelenksbeweglichkeit und Art der Orthese. Ohne Rücksprache mit
dem Operateur und behandelnden Therapeuten sollte nicht mit
Krafttraining am Oberschenkel begonnen werden. Das Tragen einer
Orthese bedeutet in der Regel keine komplette Ruhigstellung oder
Entlastung, so dass die Oberschenkelmuskulatur auch in der Orthese
angesteuert werden kann."

9. "Beim Skifahren stehe ich mit meinem kaputten Meniskus mit
Bandage sicherer auf den Skiern."

Priv.-Doz. Dr. Philipp Minzlaff: "Gerade degenerative
Meniskusrisse sind häufig von arthrotischen Gelenkveränderungen
(Arthrose) begleitet. Ergussbildung unter Belastung kann die Folge
sein. Dadurch treten Schmerzen auf und die sportliche Belastung ist
eingeschränkt. Eine Kniegelenksbandage hat einen komprimierenden
Effekt auf das Gelenk und kann so einer möglichen Ergussbildung z.B.
beim Skifahren vorbeugen. Einen positiven Effekt auf den Meniskusriss
hat eine Bandage allerdings nicht. Lediglich Begleitsymptome ganz
bestimmter Rissformen können behandelt werden. Typische
Meniskuszeichen wie Bewegungseinschränkung, Gelenkblockaden oder
stechende bewegungsabhängige Schmerzen bleiben von einer Bandage
allerdings unberührt."

Über die AGA, Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie

Die AGA ist die größte europäische Fachgesellschaft für
Arthroskopie und Gelenkchirurgie mit mehr als 5.000 Mitgliedern. Die
Ziele der AGA sind unter anderem Nachwuchsförderung, Weiterbildung,
Standespolitik im Zusammenhang mit der Arthroskopie und
Gelenkchirurgie, Sicherung und Kontrolle der Qualität und die
Unterstützung und Finanzierung von wissenschaftlichen und klinischen
Projekten. Die AGA hat ihren Sitz in der Schweiz.



Pressekontakt:
AGA - Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie
Sprecher des Vorstandes
PD Dr. Sepp Braun
Gelenkpunkt, Sport- und Gelenkchirurgie Innsbruck
E-Mail: info@aga-online.ch
http://www.aga-online.ch

Leiter des AGA-Kommunikationskomitees
PD Dr. Stefan Buchmann
Orthopädisches Fachzentrum Weilheim
E-Mail: info@aga-online.ch
http://www.aga-online.ch

Pressekontakt:
LoeschHundLiepold Kommunikation
Imke Salzmann
Tegernseer Platz 7 / Eingang Deisenhofener Str. 1
D - 81541 München
Telefon: +49 - (0)89 - 72 01 87 - 0 und +49 - (0)173-94 92 523
E-Mail: i.salzmann@lhlk.de

Original-Content von: AGA Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie, übermittelt durch news aktuell


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