Autoindustrie rechnet mit Brexit - Konsequenz: Produktion innerhalb des Vereinigten Königreichs wird verringert
Geschrieben am 27-03-2019 |   
 
 Düsseldorf (ots) - PwC-Automobilexperten: Branche stellt sich auf  
Brexit ein / Entscheidende Faktoren eines umgesetzten Brexit sind  
Grenzkontrollen, Zölle und Kostensteigerungen / Digitale Strategien  
könnten Nachteile teilweise kompensieren / Mögliche  
Produktionsverlagerungen könnten laut PwC Autofacts Prognose ein  
Drittel der jährlichen Fahrzeugproduktion betreffen 
 
   Die internationale Automobilindustrie hat hinsichtlich des Brexit  
das Downside-Szenario bereits im Blick. "Käme es zu einem  
No-Deal-Brexit ein, wären die Veränderungen in der Automobilbranche  
spürbar - nicht nur in Großbritannien, sondern auch in den  
produktionsstarken und sehr gut vernetzten Nachbarn Deutschland,  
Frankreich und den Niederlanden", so Felix Kuhnert, Global Automotive 
Leader von PwC. So haben diverse Autohersteller bereits angekündigt,  
ihre Produktionskapazitäten im Vereinigten Königreich zugunsten von  
Standorten auf dem europäischen Festland zu verringern - insbesondere 
für Produkte, die bislang von Großbritannien aus dorthin exportiert  
werden. Die britische Automobilindustrie stellte im Jahr 2017 82  
Prozent ihrer Produktion für den Export her. 
 
   Nach dem aktuellen Verhandlungsstand muss das Vereinigte  
Königreich gemäß §50 der EU-Verträge am 12. April aus der  
Europäischen Union (EU) austreten, sollte es zuvor keine Einigung auf 
Austrittsbedingungen geben. Im Falle einer Verständigung vor dem 12.  
April muss der geregelte Brexit bis 22. Mai umgesetzt werden - doch  
ob es eine rechtzeitige Einigung gibt und mit welchen Bedingungen,  
ist nach wie vor unklar. 
 
   Gemäß der aktuellen Prognose von PwC Autofacts, dem Analyse- und  
Prognosenetzwerk von PwC, hätte im Falle eines Deals die  
Autoproduktion in Großbritannien von 1,58 Millionen heute auf 1,63  
Millionen Einheiten im Jahr 2025 ansteigen können. "Die bereits  
angekündigten Verlagerungen oder Überprüfungen von  
Produktionskapazitäten könnten aber über 530.000 Einheiten im Jahr  
2025 betreffen", so Christoph Stürmer, Global Lead Analyst. Konkret  
werden innerhalb der kommenden drei Jahre bereits 200.000 Einheiten  
der jährlichen Produktion wegfallen: Honda schließt das Werk in  
Swindon, Nissan stellt den Verkauf und die Produktion seiner  
Premiummarke Infiniti in Europa gänzlich ein und beerdigte  
desweiteren Pläne, die neue X-Trail Generation lokal fertigen zu  
lassen. 
 
   Gefährdete Logistikketten infolge von Grenzkontrollen 
 
   Stürmer sieht unter anderem die folgenden Herausforderungen für  
die Branche infolge eines möglichen No-Deal-Brexit: "Grenzkontrollen  
wären eine Hürde und die damit verbundenen, kaum verlässlich  
kalkulierbaren Zeitverluste. Grenzkontrollen könnten die extrem eng  
getakteten Logistikketten unterbrechen und damit würden  
'Just-in-Time'-Lieferungen - die täglich etwa 40 Mio. EUR umfassen -  
nicht mehr richtig funktionieren. Teure Lagerhaltung wie vor 50  
Jahren kann sich heute kein Autobauer mehr leisten." Aktuell  
bestehende Zuliefererverträge - gerade in der wettbewerbsintensiven  
Logistikbranche - müssten dabei überdacht und auf Basis gestiegener  
Kosten neu kalkuliert werden. 
 
   Steigende Kosten infolge von Zöllen 
 
   Eine zweite wesentliche Herausforderung wären Zölle. Gemäß  
WTO-Tarifen geht PwC davon aus, dass für Fahrzeugkomponenten, die aus 
der EU nach Großbritannien gebracht werden, künftig pauschal zehn  
Prozent Zoll anfallen könnten. Aktuell beträgt der Wert importierter  
Komponenten 15,6 Mrd. EUR, wovon 80% aus der EU stammen. Weitere zehn 
Prozent könnten hinzukommen, wenn fertig gebaute Autos für den  
Verkauf in der EU zurück auf das europäische Festland gebracht  
werden. "Das hieße, in Großbritannien montierte Autos könnten für  
Käufer in der EU um bis zu 20 Prozent teurer werden", sagt Felix  
Kuhnert. Das würde die Absatzchancen von in Großbritannien gebauten  
Pkw in der EU massiv mindern. 
 
   Doch auch dem britischen Markt - 2018 mit 1,6 Millionen verkauften 
Fahrzeugen der zweitgrößte in Europa - drohen Absatzeinbußen wegen  
zollbedingt höherer Kosten, die die Autohersteller an die Käufer  
weitergäben. "Allein dies wäre schon ein spürbares Problem für alle  
Automarken. Kombiniert mit einem wohl weiter sinkenden Wechselkurs  
des Pfundes und damit verbundenen Währungsverlusten ergäbe es einen  
doppelten Negativeffekt für die Umsätze auf dem britischen Markt",  
sagt Christoph Stürmer. 
 
   Verkaufsstärkste Autos sind importiert 
 
   Werksschließungen und Produktionsverlagerungen könnten vor allem  
die ländliche Bevölkerung treffen, jener Teil der Bevölkerung, der  
beim Referendum 2016 gegen einen Verbleib in der EU gestimmt hat.  
Beispielsweise votierten die Menschen in der Region Swindon mit 54,7% 
für einen Brexit. Honda hat bereits angekündigt, sein Werk in Swindon 
zu schließen, wodurch 3.500 Mitarbeiter betroffen sind. Auch von  
erhöhten Absatzpreisen für importierte Modelle besonders in den  
Volumensegmenten werden die Verbraucher betroffen sein. "Lediglich  
zwei der zehn verkaufsstärksten Autos im britischen Markt werden auch 
vor Ort produziert," so Stürmer. Allseits beliebte Volumenmodelle wie 
der Ford Fiesta oder der VW Golf zählen zu solchen Import-Fahrzeugen. 
 
   Steigende Modellvarianz in britischen Montagewerken 
 
   PwC sieht jedoch auch Möglichkeiten, den Brexit-Folgen zumindest  
teilweise entgegenzuwirken. So müssten die Automobilwerke in  
Großbritannien zukünftig weit mehr als - wie bisher - rund 300.000  
Pkw für den lokalen Markt bauen, wenn sie ihre Produktionskapazitäten 
und Beschäftigtenzahlen aufrechterhalten sollen. Hocheffiziente  
Produktionsstätten sind heute aber auf wenige Automodelle  
spezialisiert. Um zu vermeiden, dass bei mehr Modellvarianz pro Werk  
die Effizienz einbricht, müssten Industrie 4.0-Methoden, also  
digitale Prozesse, stark vorangetrieben werden. "Insofern könnte der  
Brexit auch ein Treiber für neue Technologien und digitale  
Wertschöpfungsketten in Großbritannien werden", sagt PwC's Global  
Automotive Leader Felix Kuhnert. Die steigende Produktvarianz könnte  
dann auch trotz Effizienzsteigerung durch Industrie 4.0 mehr manuelle 
Arbeit erfordern, so dass die Beschäftigungseffekte des  
Volumenrückgangs auf diese Weise teilweise kompensiert werden  
könnten. 
 
   Tiefere Wertschöpfung bei der Komponentenherstellung 
 
   Zudem müsste die internationale Automobilindustrie ihre  
Wertschöpfung in Großbritannien deutlich vergrößern. Das hieße  
beispielsweise, dass Zulieferer, die heute bislang fertige  
Automobilkomponenten über die künftige Zollgrenze hinweg nach  
Großbritannien liefern, einen Teil der Komponentenherstellung dorthin 
verlegen würden, um Zollkosten zu vermeiden. Auch dadurch könnte  
Beschäftigung in Gr0ßbritannien erhalten bleiben bzw. sogar steigen.  
Dafür müssten unter anderem die Zuordnungen der Wertschöpfung - auch  
innerhalb von Unternehmensverbünden - angepasst werden. Christoph  
Stürmer erläutert: "Die Verteilung von Wertschöpfungsketten über  
mehrere Länder ist heute schon üblich und wird laufend an aktuelle  
Gegebenheiten angepasst." 
 
   Großbritannien als Vorreiter im digitalen Vertrieb? 
 
   "Eine dritte Chance wäre die Optimierung der Vertriebsnetze, um  
steigenden Fahrzeugpreisen entgegenzuwirken. Auch dies würde weitere  
Digitalisierung erfordern, weil die Vertriebsstrukturen über  
stationäre Händler in Großbritannien bereits die effizientesten in  
ganz Europa sind", sagt Global Lead Analyst Christoph Stürmer. Mit  
einem viel stärker digital funktionierenden Vertrieb als heute ließe  
sich ein weiterer Teil der Brexit-bedingten Kostennachteile  
kompensieren und Großbritannien könnte ein echter Vorreiter in diesem 
Bereich werden. 
 
   Automobilzulieferer und die Digitalisierung als Hoffnungsträger 
 
   Die Rückgänge bei den Automobilproduktionszahlen und beim  
Neuwagenabsatz in Großbritannien sind aus PwC-Sicht nach dem Brexit  
kaum vermeidbar. Doch wenn die Branche aus der Not eine Tugend  
machte, also die Umstellung auf noch flexiblere, digitale  
Produktions- und Vertriebsprozesse stark beschleunigen würde, wären  
Absatzrückgänge weniger schmerzhaft. Das gilt auch für die  
Beschäftigtenzahlen, deren Rückgang unterproportional zu den  
Volumenrückgängen ausfallen könnte. Reisefreiheit für internationale  
Konzernmitarbeiter, aber auch der Zugang zu qualifiziertem  
Fachpersonal auf dem Arbeitsmarkt könnten allerdings hierbei eine  
Hürde darstellen. 
 
   Weitere Informationen: www.pwc.de/brexit-automobilsektor 
 
   Über PwC:  
 
   PwC betrachtet es als seine Aufgabe, gesellschaftliches Vertrauen  
aufzubauen und wichtige Probleme zu lösen. Mehr als 250.000  
Mitarbeiter in 158 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen,  
branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen  
Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei. Die  
Bezeichnung PwC bezieht sich auf das PwC-Netzwerk und/oder eine oder  
mehrere der rechtlich selbstständigen Netzwerkgesellschaften. Weitere 
Details unter www.pwc.com/structure. 
 
 
 
Pressekontakt: 
Sven Humann 
PwC Communications 
Tel.: +49 (0) 211 981 - 2188 
E-Mail: sven.humann@pwc.de 
 
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