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Deutsche Umwelthilfe obsiegt vor Europäischem Gerichtshof und BGH gegen Autokonzern: Werbevideos für Pkw auf YouTube müssen korrekte Angaben zu CO2-Emissionen und Kraftstoffverbrauch enthalten

Geschrieben am 14-11-2018

Berlin (ots) - Vier Jahre dauerte die rechtliche Klärung über die
Kraftstoffverbrauchs-Kennzeichnungspflicht von Pkw-Werbevideos auf
YouTube: Automobilkonzerne müssen in den zu Werbezwecken
unterhaltenen Video-Kanälen korrekte Angaben zu CO2-Emissionen und
Kraftstoffverbrauch machen - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch
kritisiert scharf das "konspirative Wegschauen" der eigentlich für
die Kontrolle der Autokonzerne zuständigen Landesbehörden - DUH
kündigt konsequente Kontrolle der Einhaltung dieser umweltbezogenen
Verbraucherschutzvorschrift bei allen auf sozialen Medien werbenden
Autokonzernen an

Erneut hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine wichtige
Grundsatzentscheidung für den Verbraucherschutz erwirkt. Die DUH
stritt mit Peugeot seit 2014 vor Gericht wegen fehlender Angaben zum
Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen in einem Werbevideo auf dem
YouTube-Kanal des Automobilherstellers. In dem Video wurde das 270 PS
starke und spritdurstige Peugeot-Modell RCZ R Experience mit einer
Beschleunigung "5,9 s" beworben, jedoch ohne dass Angaben zum
Energieverbrauch gemäß Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung
(Pkw-EnVKV) erfolgten.

Der BGH urteilte abschließend und verfasste aufgrund der
Bedeutsamkeit der Entscheidung den amtlichen Leitsatz: "Wird mit
einem auf diesem Werbekanal abrufbaren Video für neue
Personenkraftwagen geworben, sind (...) Angaben über den offiziellen
Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen
der beworbenen Modelle zu machen."

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Wenn
Autokonzerne gegen umweltbezogene Verbraucherschutzvorschriften
verstoßen, schaut der Rechtsstaat konspirativ weg. Über vier Jahre
musste die DUH erneut bis zum Europäischen Gerichtshof und dem
Bundesgerichtshof die Einhaltung einer der entscheidenden
Vorschriften für den europäischen Klimaschutz erzwingen. Ohne jede
Hilfe durch die zuständigen Behörden der Bundesländer. Was muss noch
passieren, damit die Regierungspolitiker ihr eheähnliches Verhältnis
zur Autoindustrie beenden und Recht und Gesetz auch gegenüber der
mächtigsten Wirtschaftsbranche in Deutschland durchsetzen?"

Nach jahrelangem Rechtsstreit sieht die DUH mit den Entscheidungen
des EuGH und des BGH europaweit die Verbraucherrechte erneut
gestärkt. YouTube steht für eine Vielzahl von Video-Werbekanälen für
die Wirtschaft, in denen bisher insbesondere durch Autokonzerne
umweltbezogene Verbraucherschutzvorschriften ignoriert wurden. "Auch
wenn sie es durch die Behörden anders gewohnt sind: Autokonzerne
müssen sich an geltendes Recht halten und den Anforderungen der
Pkw-EnVKV nachkommen. Es kann nicht sein, dass spritschluckende
Klimaschleudern als solche nicht kenntlich gemacht werden", so Resch.

Die Pkw-EnVKV ist eine der vier Säulen der Klimaschutzpolitik und
soll Verbraucher über die Klimagas-Emissionen und den Spritverbrauch
von Pkw-Neuwagen informieren und vor allem dazu führen, dass
besonders klimaschädliche bzw. schmutzige Fahrzeuge vom Markt
verschwinden. Sie schafft Anreize für Hersteller und Händler, auf
weniger klimaschädliche Fahrzeuge zu setzen. Wichtige
Voraussetzungen, um die Klimaziele der EU und Deutschlands doch noch
zu erreichen, sind ein Umdenken der Automobilbranche und transparente
Informationen für Verbraucher, die diese in die Lage versetzen, die
richtigen Kaufentscheidungen zu treffen und sich für sparsame
Fahrzeuge mit niedrigen CO2-Emissionen zu entscheiden.

Peugeot wandte in dem Rechtsstreit mit der DUH seinerzeit ein,
sein YouTube-Kanal sei ein "audiovisueller Mediendienst" und falle
daher unter eine Ausnahmeregelung der Pkw-EnVKV. Danach dürften sie,
so Peugeots aberwitzige Argumentation, bei Werbespots in Hörfunk und
audiovisuellen Mediendiensten wie dem Fernsehen auf die Angabe der
Umweltinformationen verzichten. Die DUH vertrat von Anfang an die
Auffassung, dass der YouTube-Kanal eines Automobilherstellers nicht
unter diese Ausnahme fällt, da er schlicht der Absatzförderung dient.
Anders als bei Fernsehsendungen geht es auf YouTube-Kanälen von
Automobilherstellern nicht um Bildung, Unterhaltung oder
gesellschaftspolitische Information. Sie sollen wie auch
Werbeanzeigen ausschließlich zum Kauf von Produkten animieren.

"Der EuGH stellte bereits im Februar 2018 klar, dass der Werbespot
eines Autoherstellers auf YouTube nichts anderes ist als Werbung. Dem
ist der BGH nun gefolgt. Der Versuch, einen firmeneigenen
YouTube-Kanal als 'fernsehähnlichen' audiovisuellen Mediendienst zu
qualifizieren, um den Kennzeichnungspflichten der Pkw-EnVKV zu
entkommen, ist gescheitert", so Rechtsanwältin Juliane Schütt, die
die DUH in diesem Verfahren vertrat.

Agnes Sauter, Leiterin Ökologische
Marktüberwachung/Verbraucherschutz bei der DUH, mahnt:
"Automobilkonzerne und -händler müssen ihre Werbestrategie nun
umgehend an die Vorgaben des EuGH anpassen und ihre
YouTube-Werbeauftritte entsprechend den Vorgaben der Pkw-EnVKV
gestalten. Die aus verbraucherinformatorischer Sicht ebenfalls
kritischen Ausnahmen für Fernsehwerbung gelten nicht für Werbung von
Automobilkonzernen auf YouTube." Sauter kündigt verstärkte
stichprobenhafte Kontrollen in diesen Werbekanälen an.

Hintergrund:

Der Rechtsstreit zog sich über drei Instanzen hin, Anfang 2017
legte der Bundesgerichtshof die Rechtsfrage dem EuGH zur
Vorabentscheidung vor (LG Köln Az 81 O 59/14, OLG Köln Az 6 U 177/14,
BGH Az I ZR 117/15, EuGH Az C-123/17), der im Februar 2018 im Sinne
des Verbraucherschutzes entschied. Der beklagte Automobilhersteller
wollte daraufhin seine Revision beim Bundesgerichtshof zurücknehmen
und so ein Urteil vermeiden. Dafür sah die DUH keinen Grund, worauf
hin der Bundesgerichtshof jetzt Urteilsgründe vorgelegt hat.

Danach besitzt Werbung auf YouTube keinen Sonderstatus.
Verbraucher haben auch auf YouTube ein Recht auf Information zum
Energieverbrauch eines beworbenen Fahrzeugs. Hierzu zählen der
Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen. Werbevideos im
YouTube-Kanal von Peugeot stellen keine "audiovisuellen
Mediendienste" im Sinne der europäischen Richtlinie für audiovisuelle
Mediendienste 2010/13/EU dar. Nach der Pkw-EnVKV ist sicherzustellen,
dass die Informationen zum Kraftstoffverbrauch und zu den
CO2-Emissionen "automatisch in dem Augenblick" erscheinen, "in dem
erstmalig Angaben zur Motorisierung, zum Beispiel zu Motorleistung,
Hubraum oder Beschleunigung, auf der Internetseite angezeigt werden."

Links:

Urteilsbegründung BGH: http://l.duh.de/p181114

Urteilsbegründung EuGH: http://l.duh.de/p181114



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de

Agnes Sauter, Leiterin Ökologische Marktüberwachung/Verbraucherschutz
DUH
07732 9995-11, sauter@duh.de

Rechtsanwältin Juliane Schütt, M.A., Gentz und Partner Rechtsanwälte
Steuerberater Notare
030 400 416 400, Juliane.Schuett@gentz.de


DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell


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