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Springer-CEO Mathias Döpfner: "Leadership-Modelle lösen sich auf, in der Politik, in der Wirtschaft und in den Medien"

Geschrieben am 18-07-2018

Hamburg (ots) - Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des
Axel-Springer-Konzerns, kritisiert im Exklusiv-Interview mit MEEDIA
die Politik für ihren egozentrischen Umgang mit der Macht und macht
diesen für den Aufstieg von Populisten und Extremisten
verantwortlich. "Die Bürger haben ein Gespür dafür, wenn Politiker
Politik für sich selbst machen", so der Medienmanager und ehemalige
Journalist. "Wähler fühlen sich als nützliche Idioten, die ab und an
mal ein paar Kreuze machen dürfen. Ob in Amerika, Osteuropa,
Großbritannien oder auch in unserem eigenen Land: Die Leute haben
darauf keine Lust mehr und suchen nach einem anderen Typus."

Dies zeige auch: "Die alte Garde ist durch - und zwar überall."
Gemeint sei dabei auch der eigene Berufsstand. Journalisten seien
"von den gleichen Generationserscheinungen geprägt", so Döpfner. Mit
Reportern, die ihre Leitartikel als Politikberatung verfassten und
eine "unheimliche Nähe" zu den Protagonisten suchten, gehe es nicht
mehr gut. Die Konsequenz: "Leadership-Modelle lösen sich auf, in der
Politik, in der Wirtschaft und in den Medien, sie werden durch neue
Leitbilder und Formen ersetzt." Medienmacher müssten auf diese
Entwicklung reagieren, wenn sie nicht abgehängt werden wollen. "Wir
als Journalisten und Arbeitgeber von Journalisten müssen neu denken.
Wenn wir das nicht selbst hinbekommen, werden es andere tun. Es gibt
da draußen eine ganz neue Journalistengeneration."

Derweil sieht Döpfner, der Springer seit nunmehr 16 Jahren als CEO
leitet, das demokratische Politik-System gefährdet. "Schon allein
deshalb, weil sie einfach vorausgesetzt wird." Bei manchen Gesprächen
mit Führungskräften aus der Wirtschaft, die am System zweifelten, sei
er geradezu erschrocken: "Die Demokratie-Vergessenheit macht mir
große Sorgen."

Um das Ungleichgewicht wieder auszupendeln, fordert Döpfner im
Gespräch die Wiederbelebung der Streitkultur, wie es sie unter
Strauß, Wehner, Brandt, Schmidt oder Kohl gegeben habe. "Das findet
heute nicht mehr statt, weil sich niemand mehr traut, etwas zu sagen.
Entweder, weil sie nichts zu sagen haben, oder weil sie Angst vor der
Gesinnungspolizei haben. Es hat sich eine beredte Sprachlosigkeit
entwickelt, weshalb ich für mutiges, konkretes und saftiges
Formulieren plädiere." Man dürfe aus Angst vor verbaler
Auseinandersetzung keine "übertriebene" political correctness leben,
auch wenn Medien dazu neigten, "sofort die Keule" rauszuholen.

In diesem Zusammenhang verteidigt der Springer-CEO gegenüber
MEEDIA auch das Agenda-Setting der Bild-Zeitung unter ihrem
Chefredakteur Julian Reichelt. Über die Berichterstattung der zum
Springer-Verlag gehörenden Boulevardzeitung wird derzeit diskutiert
wie lange nicht mehr. Kritiker werfen dem Blatt und seinem
Chefredakteur vor, sich feindselig gegenüber Einwanderung und
Flüchtlingen zu positionieren und Ängste zu schüren. Döpfner stellt
sich hinter seinen ersten Blattmacher: "Ich es gut, dass Bild in
jüngster Zeit noch kantiger, mutiger, entschiedener geworden ist."
Boulevardjournalismus müsse in seiner Stilistik emotionalisieren,
zuspitzen, personalisieren. "Er muss mehr dürfen als eine
traditionelle Abo-Zeitung, die in ihrer Sachlichkeit brillieren
muss." Der Kurs der Bild werde zudem auch von den Lesern "honoriert",
führt der CEO unter Berufung auf die eigene Marktforschung an.

Trotz dieser Erkenntnisse, verteidigt er die damals unter
Ex-Bild-Chefredakteur und -Herausgeber Kai Diekmann angeführte
"Refugees Welcome"-Kampagne, auch wenn er einen Fehler im Nachhinein
nicht ausschließen kann: "Wenn Sie sagen, Bild hätte noch mehr
kritische Fragen noch eher stellen müssen, haben Sie wahrscheinlich
auch recht."

Im Interview, das Mathias Döpfner anlässlich des zehnjährigen
Jubiläums des Medien-Branchendienstes MEEDIA gegeben hat, erklärt er
darüber hinaus, sich mit Auflagenverlusten von Print-Angeboten
abgefunden zu haben. Es gehöre dazu, "seinen inneren Frieden mit
dieser strukturell bedingten Entwicklung zu schließen anstatt sie
schönzureden". Denn: "Auch ein Klon von Henri Nannen, Rudolf Augstein
und Axel Springer würde die Auflagenentwicklung von Stern, Spiegel
oder Bild nicht drehen. Wir müssen den Rückgang der Auflage
akzeptieren, den Verlust von Marktanteilen aber mit allen Kräften
verhindern."

Die Verwendung der Zitate aus dem Interview ist unter
Nennung/Verlinkung der Quelle frei. Das gesamte Gespräch finden Sie
bei MEEDIA.de: https://meedia.de/2018/07/18/die-alte-garde-ist-am-end
e-und-zwar-ueberall-springer-ceo-mathias-doepfner-ueber-die-aufloesun
g-von-leadership-modellen-in-politik-und-medien/



Pressekontakt:
Georg Altrogge
Chefredakteur MEEDIA
040/ 431 79 47 - 0

Original-Content von: Meedia, übermittelt durch news aktuell


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