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Nach Befreiung von Mosul: Kinder schwer traumatisiert

Geschrieben am 09-07-2018

Berlin (ots) - Ein neuer Bericht der Kinderrechtsorganisation Save
the Children zeigt die immensen psychischen Probleme, unter denen
Kinder im irakischen Mosul leiden. Ein Jahr nach der Vertreibung des
IS aus der Stadt leiden Kinder unter ständiger Angst und den
Erinnerungen an Zerstörung und Gewalt. Die enorme Belastung der
Eltern führt dazu, dass Jungen und Mädchen keine Hilfen mehr
bekommen. Das ist das Ergebnis einer Befragung, die Save the Children
im Mai 2018 unter mehr als 250 Kindern und ihren Betreuern in
West-Mosul unternommen hat. Die Kinder waren zwischen 13 und 17
Jahren alt.

Hunderttausende Kinder leben inmitten von Trümmern und sind zu
ängstlich, um ohne ihre Eltern auf die Straße oder in die Schule zu
gehen. Mehr als 80 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen gab
an, sich nirgends sicher zu fühlen, wenn sie alleine unterwegs sind.
Die Hälfte der Befragten fühlt sich ohne die Eltern unsicher. All das
trägt dazu bei, dass Kinder ihre Erlebnisse nicht verarbeiten können.

Die zehnjährige Rahaf* wurde aus den Trümmern ihres Hauses
gerettet, wo ihre Familie durch eine Explosion getötet wurde. Rahaf
leidet unter ihren Erinnerungen. Ihr Onkel sagt: "Sobald sie ein
Flugzeug sieht, bekommt sie große Angst, dass Bomben fallen".

Die Kernaussagen des Berichts sind:

- Fast die Hälfte der befragten Kinder empfindet die ganze oder einen
großen Teil der Zeit Trauer.
- Weniger als jedes zehnte Kind konnte sich an einen glücklichen
Moment erinnern.
- Mehr als ein Viertel der Jugendlichen sagt aus, dass sie sich
selbst nie mochten.
- Die Hälfte der Jugendlichen im Alter von 13 bis 17 Jahren fühlte
sich in Abwesenheit der Eltern nicht sicher; 80 Prozent fühlten
sich nicht sicher, alleine unterwegs zu sein.
- Mehr als 80 Prozent der Eltern oder anderen betreuenden Angehörigen
gaben an, dass sie durch schlechte wirtschaftliche Bedingungen und
Arbeitsmöglichkeiten, unter Schlafstörungen leiden.
- 72 Prozent der Betreuer gaben selbst an, sich unglücklich oder
deprimiert zu fühlen, und mehr als 90 Prozent beschrieben ein
Gefühl der Wertlosigkeit.

Save the Children fragte Betreuer nach den Problemen der
Jugendlichen: 39 Prozent berichteten davon, dass Jugendliche sich
selbst verletzen, 29 Prozent gaben an, sie wüssten von einer
zunehmenden Zahl von Suizidversuchen von Jugendlichen.

Viele Eltern sind psychisch so stark belastet, dass die Kinder nur
wenig Unterstützung erhalten.

Die meisten Kinder ziehen sich aus ihrem Umfeld zurück und
versuchen mit ihren Problemen allein zurecht zu kommen.

"Kinder, die allein mit ihren Problemen sind, leiden unter einem
schlechten Selbstwertgefühl, Isolation und einem höheren
Selbstmordrisiko.", sagt Ana Locsin, Save the Children
Länderdirektorin aus dem Irak. "Wenn das Sicherheitsgefühl der Kinder
nicht wiederhergestellt wird und die Eltern nicht die nötige
Unterstützung erhalten, bleiben die Kinder in ihrer Not alleine und
tragen dauerhafte psychische Schäden davon."

Eine weitere Belastung für die Kinder stellt die Rückkehr in die
Schule dar. Die Hälfte aller Schulen in den Konfliktgebieten wurde
zerstört. Fast ein Drittel der Jugendlichen gab an, sich in der
Schule nie sicher zu fühlen. Dies stand im krassen Gegensatz zu den
Eindrücken der Erwachsenen: Nur drei Prozent der Eltern gaben an,
dass sich ihre Kinder in der Schule nicht sicher fühlten.

"Diese Kinder haben Jahre unter der Herrschaft des IS verbracht.
Sie mussten mit ansehen, wie sich ihre Schulen in Schlachtfelder
verwandelt haben und ihre Freunde in Klassenzimmer getötet wurden",
sagt Locsin. "Die Schule ist für die Kinder kein geschützter Raum
mehr. Es fällt den Kindern schwer zu lernen und sich zu entwickeln."

Der zwölfjährige Fahad* aus West Mosul besucht eine Schule mit
beschädigten Wänden und ohne Türen. "Ich fühle mich nicht wohl hier",
sagte er. "Ich sah, wie Scharfschützen auf Kinder und ihre Eltern
zielten. Die Schule und die ganze Straße wurden zur Front."

Save the Children fordert die internationale Gemeinschaft und die
irakische Regierung auf, das Wohlergehen der Kinder in den
Mittelpunkt der Planung für die Zeit nach dem Konflikt im Irak zu
stellen, indem sie die Mittel für psychische Gesundheit und
psychosoziale Programme aufstockt.

"Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, die Kindern bei der
Verarbeitung ihrer Erfahrungen helfen. Sie müssen sich wieder sicher
und frei fühlen und zur Schule gehen können", sagt Locsin. "Die
Zukunft des Irak hängt davon ab, dass Kinder zu gesunden Erwachsenen
heranwachsen."

Zusatzmaterial:

Bericht "Picking up the pieces. Rebuilding the lives of Mosul's
children after years of conflict and violence" : http://ots.de/V5agco

Bilder, Schnittmaterial und Erfahrungsberichte aus Mosul:
http://ots.de/r8AW1H

Das Material kann unter Angabe von © Save the Children kostenfrei
auch zur Weitergabe an Dritte genutzt werden.



Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e. V.
Pressestelle - Anna Blässer
Tel.: +49 (30) 27 59 59 79 - 490
Mail: presse@savethechildren.de

Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell


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