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Gefragt, aber noch längst nicht perfekt: Ganztagsschulen in Deutschland (FOTO)

Geschrieben am 28-02-2018

Bad Rodach (ots) -

Schule von 8 bis 13 Uhr? Was in Deutschland nach wie vor Standard
ist, gilt in vielen anderen Ländern schon lange als Auslaufmodell.
Ganztagsschulen sind in Europa ebenso wie in Asien oder Amerika an
der Tagesordnung. Wenn es nach den Eltern schulpflichtiger Kinder
ginge, wäre das in Deutschland auch der Fall: 72 Prozent wünschen
sich laut der aktuellen 4. JAKO-O Bildungsstudie einen
Ganztagsschulplatz für ihr Kind, aber nur 47 Prozent der befragten
Eltern haben aktuell tatsächlich einen solchen Platz.

Zahlreiche Bildungsexperten sehen Ganztagsschulen als Schlüssel zu
mehr Bildungsgerechtigkeit und einem allgemein höheren
Bildungsniveau. Die Ergebnisse der PISA-Studien scheinen ihnen dabei
Recht zu geben. Regelmäßig stehen hier Länder mit einem gut
ausgebauten Ganztagsschulsystem ganz oben im Ranking - etwa Kanada,
Singapur und Estland.

Ein Blick auf die Schulen in diesen Ländern zeigt auch, was sich
an vielen der bereits bestehenden Ganztagsschulen in Deutschland noch
ändern sollte. Immerhin sehen laut der 4. JAKO-O Bildungsstudie 37
Prozent der Eltern von Ganztagsschülern zum Beispiel deutlichen oder
viel Verbesserungsbedarf bei der individuellen Förderung. Jeweils 25
Prozent kritisieren die Hausaufgabenbetreuung sowie die unzureichende
Kommunikation zwischen Pädagogen und Eltern als Schwachpunkt. "Es
geht also in Deutschland nicht nur darum, die Zahl der
Ganztagsschulen weiter massiv zu erhöhen. Nicht weniger wichtig ist
es, ihre pädagogische Qualität zu verbessern", sagt Prof. em. Dr.
Klaus-Jürgen Tillmann von der Universität Bielefeld, der die JAKO-O
Bildungsstudie wissenschaftlich begleitet.

Die Schule als Stadtteilzentrum: Kanada

Als Einwanderungsland ist Kanada von einer multikulturellen
Vielfalt geprägt. Zwei Drittel der Bevölkerung sprechen Englisch oder
Französisch. Ein Drittel der Kanadier hat eine andere Muttersprache.

Schulen spielen eine elementare Rolle bei der Integration. Ab dem
4. Lebensjahr gibt es kostenlose Kindertagesstätten, die an die
Schulen angeschlossen sind. Die Schulpflicht beginnt mit dem 6.
Lebensjahr. Unterrichtet wird von der Kita bis einschließlich Klasse
9 inklusiv. Bei Bedarf wird für Kinder mit Behinderungen,
Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten ein individueller
Erziehungsplan entwickelt.

Der Schultag dauert in der Regel von 8:30 Uhr bis 15:30 Uhr. In
allen Schulen gibt es ein gemeinsames Mittagessen. Der Schultag ist
rhythmisiert und es wird viel fächerübergreifend gearbeitet.
Arbeitsblöcke wechseln sich mit Pausen und Bewegungsphasen ab. Dabei
wird bewusst viel Raum für informelle Kommunikation gelassen. Die
Idee dahinter: Kinder lernen nicht nur im Unterricht, sondern vor
allem im Gespräch oder Spiel miteinander - egal ob es um Sprache oder
Sozialverhalten geht.

Die Schulen sind so konzipiert, dass sie den kulturellen
Lebensmittelpunkt im Stadtteil bilden. Dafür wird viel Geld
ausgegeben: Kanada investiert 8 Prozent des Bruttosozialprodukts
(BIP) in Bildung (zum Vergleich: in Deutschland sind es 3 Prozent).
Die Schulen sind entsprechend modern, gut ausgestattet, bieten viel
Platz für Bewegung drinnen und draußen und verfügen über viel
Personal.

Integration über die Schule bezieht auch die Eltern mit ein. Dazu
gehört, dass sie die Schulbibliothek ebenso nutzen können wie ihre
Kinder. Außerdem werden Eltern gezielt für die Mitarbeit in der
Schule angeworben und geschult.

Kreativität trifft Disziplin: Singapur

Singapur ist seit Jahren einer der Spitzenreiter in allen drei
PISA-Disziplinen. Ob in Naturwissenschaften, Mathematik oder beim
Leseverständnis: Die Schüler aus dem südostasiatischen Stadtstaat
erzielen konstant weit überdurchschnittliche Ergebnisse. Wie die
Kinder und Jugendlichen das schaffen? Mit sehr viel Fleiß. Und einem
Schulsystem, das nicht nur auf den Ganztag, sondern auch auf
Ganzheitlichkeit setzt.

Der Schultag in der 5-Millionen-Metropole startet früh:
Schulbeginn ist in der Regel um 7:30 Uhr, Schulschluss zwischen 15
und 16 Uhr. Für die meisten Schüler geht es danach noch zu privaten
Tutoren, bei denen der Lernstoff für die kommenden Tage vorgearbeitet
wird. Dazu kommen noch die täglichen Hausaufgaben und das Lernen für
Prüfungen.

In den Klassen sitzen bis zu 40 Schüler, die von einem Lehrer
betreut werden. Trotzdem findet nur wenig klassischer
Frontalunterricht statt. Stattdessen wird viel in Gruppen gearbeitet.
Damit das funktioniert, können bei Bedarf zusätzliche Lehrer aus
einem für alle zur Verfügung stehenden Pool abgerufen werden. Zudem
sind alle Schülertische mit Computermonitoren ausgestattet. Fragen
können auch online auf einer Lernplattform gestellt werden.

Entgegen aller "Pauk-Klischees" haben sich die Schulen in Singapur
mittlerweile weitgehend von traditionellen Unterrichtsmethoden und
der klassischen Fächeraufteilung verabschiedet. Stattdessen wird mit
einem ganzheitlichen Ansatz gearbeitet. Kreative Problemlösungen und
praktisch angewandtes Lernen prägen die Didaktik.

Neben den akademischen Fächern wie Mathematik, Sprachen und
Naturwissenschaften haben soziale, sportliche und künstlerische
Aktivitäten einen hohen Stellenwert. Jeder Schüler muss mindestens
eines dieser "charakterbildenden" Fächer belegen, jeder Lehrer
mindestens einen dieser Kurse geben.

Auch die Ausstattung der Schulen entspricht dem ganzheitlichen
Ansatz. Neben Klassenzimmern finden sich zum Beispiel Kletterwände
und Kreativwerkstätten. Das Land investiert viel in den
Bildungsbereich - und Bildung genießt ein hohes Ansehen, ebenso wie
die Lehrer.

Lehrer werden dürfen nur die Besten ihres Jahrgangs. Im Vergleich
zu anderen Ländern geben sie deutlich weniger Stunden pro Woche, um
mehr Zeit für Fortbildungen zu haben. Außerdem wird Kooperation als
Pädagogenpflicht angesehen: Unter anderem wird der Unterricht
regelmäßig von Supervisoren beobachtet und bewertet.

Bildungswissenschaftler sehen in Singapur ein weltweites Beispiel,
wie Investitionen in Bildung zur Entwicklung eines Landes beitragen
können: 1960 galt Singapur noch als ein von Massenarbeitslosigkeit
und hohem Bevölkerungswachstum geprägtes Entwicklungsland. Heute ist
es eine der führenden Industrienationen.

Informatik first: Estland

Estland gilt mittlerweile als das europäische Silicon Valley. Der
kleine baltische Staat mit gerade einmal 1,3 Millionen Einwohnern
investiert konsequent in Digitalisierung - auch in den Schulen.
Informatik ist ab der 1. Klasse Pflicht, ebenso wie der Ganztag für
alle.

"Gleiche Bildungserfahrung für alle" lautet der wichtigste
Grundsatz der estnischen Bildungspolitik. Der Besuch der Vorschule
ist Pflicht. Die Grundschule umfasst die Klassen 1 bis 9. Der
Schultag beginnt in der Regel um 8 Uhr und dauert bis 15 Uhr. Für
alle Schüler gibt es ein kostenloses Mittagessen. Für Kinder und
Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen stehen zusätzliche Ressourcen
bereit. Alle Kinder sollen unter besten Bedingungen lernen können,
unabhängig von ihrem sozioökonomischen Background.

Das Schulsystem wird ganzheitlich betrachtet. Deshalb gibt es an
den Schulen nicht nur Lehrer, sondern auch Psychologen, Logopäden und
Sozialpädagogen. Ziel ist es, eine positive Lernumgebung zu schaffen,
in der sich jeder Schüler gut aufgehoben fühlt.

Im Mittelpunkt steht die Förderung des kreativen und logischen
Denkens. "Schule muss interessant sein und die Schüler zur Neugierde
anregen", heißt es beim estnischen Bildungsministerium. Eine große
Auswahl an Fächern und Lernmethoden soll es allen Schülern
ermöglichen, ihren Weg zu finden.

Diese Freiräume haben auch die Lehrer. Im landesweiten Lehrplan
sind lediglich die Ziele festgelegt, die die Schüler zu einem
bestimmten Zeitpunkt erreichen sollen. Wie die Lehrer den Lernprozess
unterstützen, können sie individuell entscheiden.

Eine weitere Besonderheit ist, dass nicht nur in der Schule
gelernt wird, sondern häufig auch außerhalb des Klassenzimmers, etwa
auf Exkursionen. Umgekehrt soll sich die Gesellschaft auch in den
Schulen engagieren. Dazu kommt die Digitalisierung des Unterrichts.
Die klassische Schultafel sucht man in Estland vergebens. Sie wurde
von Smartboards abgelöst. Jeder Schüler hat einen eigenen Laptop.

Und auch sonst ist die Ausstattung optimal, egal ob es um Musik,
Kunst oder Sport gibt. Dafür greifen die Esten tief in die Taschen.
1,2 Milliarden beziehungsweise rund 15 Prozent des BIPs investiert
der baltische Staat jährlich in das Bildungssystem.

Studiensteckbrief: Für die repräsentative Studie befragten die
Meinungsforschungsinstitute Mentefactum und Kantar Emnid im Januar
und Februar 2017 im Auftrag von JAKO-O bundesweit telefonisch 2.000
Eltern mit schulpflichtigen Kindern bis zu 16 Jahre.

Die komplette Pressemappe zur 4. JAKO-O Bildungsstudie inkl.
druckfähigen Ergebnis- und Infografiken steht hier zum Download
bereit: http://bit.ly/jako-o_bildungsstudie_2017



Pressekontakt:
Volker Clément
MasterMedia GmbH
Schulterblatt 120
20357 Hamburg
Tel.: 040 507113-40
E-Mail: clement@mastermedia.de

Original-Content von: JAKO-O, übermittelt durch news aktuell


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