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Skandal um Möbelkonzern Steinhoff: Interne E-Mails belasten deutsche Manager

Geschrieben am 27-02-2018

Hamburg (ots) -

Sperrfrist: 27.02.2018 18:00
Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der
Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist.

Führende Mitarbeiter des Möbelkonzerns Steinhoff könnten
wesentlich länger Bilanzen manipuliert haben als bislang bekannt. Im
vergangenen Dezember wurde das Unternehmen von einer mutmaßlichen
Bilanz-Fälschung erschüttert, der Aktienkurs brach ein. E-Mails, die
NDR und SZ einsehen konnten, zeigen nun erstmals im Detail, dass
womöglich hochrangige deutsche Steinhoff-Manager an der Manipulation
von Konzernzahlen beteiligt waren, die die Steinhoff-Gruppe Ende des
vergangenen Jahres an den Rand des Ruins trieben. Die E-Mails deuten
auch darauf hin, dass die Manipulationen noch mehr Geschäftsjahre
betreffen könnten als bislang von Steinhoff bekannt gegeben.

Konkret geht es um einen E-Mail-Wechsel aus dem Sommer 2014. In
den E-Mails berät sich Markus Jooste - der Südafrikaner war von 2000
bis 2017 Vorstandschef des Möbelherstellers - mit einem amtierenden
und einem ehemaligen Steinhoff-Manager aus Deutschland über die
Erstellung der Konzernbilanz für das Jahr 2014. Das Gespräch erweckt
den Anschein, dass die Manager auch solche Positionen verbuchen
wollen, die nicht die tatsächliche wirtschaftliche Situation des
Konzerns widerspiegeln. So erklärt Markus Jooste in einer Mail etwa:
"Ich habe jetzt alle Zahlen der Gruppe geprüft und brauche ein paar
zusätzliche Einträge, um die abschließende Konsolidierung
auszubalancieren. Wir haben uns entschlossen, in den Büchern [einer
Tochtergesellschaft] eine Wertminderung vorzunehmen, damit es für
alle Investoren gut aussieht."

An anderer Stelle bittet Jooste einen Manager darum, bei einer
Unternehmenstochter "eine zusätzliche Einnahme von 100 Mio. Euro
(...) anfallen zu lassen", um so den Gewinn "unseren
Plänen/Prognosen" anzupassen. Ein damals bereits aus dem Konzern
ausgeschiedener Steinhoff-Manager, der aber offenbar weiterhin mit
der Bilanzerstellung befasst gewesen ist, antwortet Jooste: "Du wirst
dich an die Bilanzen erinnern, die wir in den vergangenen Jahren nach
oben gedrückt haben." Zu den Einwänden eines Kollegen erklärt er:
"Ich kann [Name des Managers]s Sorge nachvollziehen, wie das alles
wieder ausgemerzt werden soll."

Nachdem Jooste im Dezember als Vorstandsvorsitzender
zurückgetreten war, zog die Steinhoff-Gruppe die Jahresabschlüsse von
2016 und 2015 offiziell zurück. Die E-Mails rücken auch frühere
Steinhoff-Bilanzen in ein kritisches Licht. In einer Mail erklärt der
damalige Finanzchef für Europa: "Wir haben in 2013 170 Millionen
[Währungseffekte] verbucht, um auf ein Nachsteuer-Ergebnis von 560
Millionen Euro zu gelangen", und weiter: "In diesem Jahr [gemeint ist
2014] (...) fügen wir 90 Millionen aus Zinszahlungen (...) und 103
Millionen Euro aus Währungseffekten (...) hinzu um auf ein
Nachsteuer-Ergebnis von 580 Millionen Euro zu kommen." In den E-Mails
werden auch Bilanzpositionen aus dem Geschäftsjahr 2011 genannt, für
die "keine Dokumentation, keine Sicherheiten" bestünden. An anderer
Stelle wird darüber diskutiert, einen "Marken/Immobilien-Deal
auszuarbeiten und für die passenden Werte zu sorgen". Weiter erklärt
Markus Jooste: "Dir wird klar sein, dass wir eine starke Basis hinter
uns brauchen, um alle Einträge zu machen, die wir zum Bereinigen der
Vergangenheit planen". Die Mails liefern zudem Hinweise darauf, dass
neben dem Geschäftsführer und den beiden deutschen Managern auch
weitere Steinhoff-Berater von den Vorgängen bei Steinhoff wussten.

Im Zuge der Recherchen tauchen einige Steinhoff-Firmen auch in den
"Panama-Papers" und in den "Paradise Papers" auf. Eine
Briefkastenfirma dient dem Konzern dabei als Holding-Gesellschaft für
eine Beteiligung an einem Hafen-Logistik-Unternehmen in Mosambik und
einem Frucht-Transporteur in Hong Kong. Warum Steinhoff für die
ungewöhnlichen Zukäufe eine Firma auf der Steueroase Isle of Man
gewählt hat, sagte der Konzern nicht. Vielmehr erklärte ein Sprecher,
dass die Gesellschaft "nach bestem Wissen" nicht zur Steinhoff-Gruppe
gehöre. Zu den E-Mails äußerte sich der Konzern nicht, sondern
verwies auf eine laufende externe Untersuchung, die man beauftragt
habe. Auch Markus Jooste und die beiden deutschen Geschäftsmänner,
einer davon bis heute bei Steinhoff angestellt, äußerten sich auf
Anfrage nicht.

Die Steinhoff-Gruppe galt lange Zeit nach Ikea als zweitgrößter
Möbelkonzern Europas. Das Unternehmen war in den vergangenen
Jahrzehnten stark gewachsen und hatte Niederlassungen und
Tochterunternehmen auf der ganzen Welt errichtet, auch in Südafrika.
Der in Westerstede gegründete Konzern war Ende vergangenen Jahres in
die Schlagzeilen geraten, als bekannt wurde, dass es bei Steinhoff
mutmaßlich zu Bilanzfälschungen gekommen war. Die Staatsanwaltschaft
Oldenburg ermittelt gegen mehrere aktive und ehemalige
Konzernangehörige wegen des Verdachts der Bilanz- und
Urkundenfälschung und der Steuerhinterziehung.

Der Börsenwert des unter anderem im M-Dax notierten Konzerns lag
zwischenzeitlich bei 24 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr hat die
Aktie mehr als 90 Prozent an Wert verloren. Weltweit arbeiten mehr
als 100.000 Menschen für die Steinhoff-Gruppe.

Über das Thema berichten "Panorama 3" am Dienstag, 27. Februar, um
21.15 Uhr im NDR Fernsehen und die ARD-Hörfunkprogramme.



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Iris Bents
Tel: 040-4156-2304



http://www.ndr.de
https://twitter.com/NDRpresse

Original-Content von: NDR Norddeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell


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