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Nach TV-Beitrag zu Tierschutz: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bauernfunktionär

Geschrieben am 19-10-2016

Hamburg (ots) - Nach einem Bericht des NDR-Magazins "Panorama" im
Ersten über massive Tierschutzprobleme in Ställen von vier führenden
Agrarverbandsvertretern sind nun mehrere Staatsanwaltschaften aktiv
geworden. Die Staatsanwaltschaft Münster hat gegen Paul Hegemann, den
Vorsitzenden des Zentralverbandes der Deutschen Schweineproduktion
(ZDS), Ermittlungen wegen möglicher Tierschutzverstöße in seinem
Mastbetrieb in Saerbeck in Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Zuvor
waren mehrere Strafanzeigen gegen Hegemann eingegangen.

Auch gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Johannes Röring liegen
mehrere Strafanzeigen wegen möglicher Tierschutzverstöße in seinem
Familienbetrieb in Vreden vor. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit,
ob ein Anfangsverdacht besteht. Davon ist abhängig, ob die
zuständigen Justizbehörden den Bundestagspräsidenten über das
Verfahren informieren, damit geprüft werden kann, ob die Immunität
des Abgeordneten aufgehoben wird. Das wäre die Voraussetzung dafür,
dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Röring einleiten
könnte. Der Abgeordnete ist auch Präsident des Westfälisch-Lippischen
Landwirtschaftsverbandes sowie Vorsitzender des Fachausschusses
Schweinefleisch im Deutschen Bauernverband.

Der Bericht von "Panorama" hatte sich auf Bildmaterial gestützt,
das die Tierschutzorganisation "Animal Rights Watch" (ARIWA) NDR und
Süddeutscher Zeitung zugespielt hatte. Nach Einschätzung renommierter
Veterinärmediziner - wie etwa Prof. Dr. Dr. Gauly von der Universität
Bozen, auch Mitglied im Agrarbeirat der Bundesregierung - zeigen
einige dieser Bilder aus dem Jahr 2015 eindeutige
Tierschutz-Verstöße.

Der Abgeordnete Röring wehrt sich unterdessen juristisch gegen die
Berichterstattung. Auf Bildern aus seinem Familienbetrieb, der Röring
GbR in Nordrhein-Westfalen, waren unter anderem stark verdreckte
Buchten, mehrere verletzte Tiere und ein Kadaver zwischen lebenden
Tieren zu sehen. Röring hat - gemeinsam mit seinem Sohn, der den Hof
führt - einen Anwalt eingeschaltet. In einem Schreiben noch vor der
Ausstrahlung des "Panorama"-Beitrags behauptet dieser, die
Haltungsbedingungen im Stall seien zum Zeitpunkt der Aufnahmen
einwandfrei gewesen. Auf den Bildern "sei nichts zu sehen, was einen
Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellen könnte".

Drei Wochen nach Ausstrahlung hat die Röring GbR beim Landgericht
Hamburg nun in einem Eilverfahren eine sogenannte Einstweilige
Verfügung erwirkt. Demnach ist es dem NDR derzeit gerichtlich
untersagt, die von ARIWA erstellten Aufnahmen aus dem Röring-Betrieb
zu zeigen. Außerdem darf der Sender nicht behaupten, einzelne Spalten
dort im Boden seien zu breit.

Röring ließ daraufhin erklären: "Das Landgericht Hamburg hat
bestätigt, dass die Tiere auf unserem Hof ordnungsgemäß gehalten
werden." Diese Wiedergabe des Beschlusses ist allerdings nicht durch
den Beschluss des Gerichtes gedeckt. Denn eine schriftliche
Begründung hat das Gericht nicht abgegeben. Der NDR prüft derzeit das
weitere rechtliche Vorgehen.

Der zuständige Kreis Borken hat dem NDR unterdessen erklärt, dass
die Röring GbR im Jahr 2015 nicht kontrolliert worden sei. Erst nach
Ausstrahlung des "Panorama"-Beitrags fand eine Veterinäruntersuchung
statt. Dabei hat der Kreis einige Mängel an der Stallausstattung
festgestellt. Außerdem wurde für zwei Tiere mit "vermutlich frischen
Veränderungen" die Unterbringung in eine Krankenbucht angeordnet.

Darüber hinaus hätten eingesehene Unterlagen darauf hingewiesen,
dass 2015 "überdurchschnittlich viele" tierärztliche Untersuchungen
und Behandlungen durchgeführt worden seien, die besonders wegen
"Atemwegserkrankungen bei den Schweinen" erforderlich gewesen seien,
schreibt der Kreis Borken. Aufgrund der aktuellen Kontrolle werde
kein Bußgeld- oder Strafverfahren eingeleitet. Derzeit erfolge die
Auswertung der Videoaufnahmen, so der Kreis.

Auch die Schweinehaltung von Bauernfunktionär Paul Hegemann wurde
nach dem "Panorama"-Bericht kontrolliert. Die aktuelle Inspektion
habe keine Anhaltspunkte für tierschutzrechtliche Verstöße ergeben,
teilte der zuständige Kreis Steinfurt mit. Der Gesundheitszustand der
Schweine sei überwiegend gut gewesen. Der Kreis Steinfurt hat nach
eigenen Angaben aber einige Mängel an der Stallausstattung
festgestellt.

Die Bilder der Tierschutzorganisation aus dem Jahr 2015 zeigen
unter anderem verletzte Schweine, hustende Tiere und andere mit
geröteten oder vereiterten Augen. Hegemann erklärte auf Anfrage,
Ursache für die Verletzungen und Erkrankungen seien Kannibalismus
beziehungsweise ein Infektionsgeschehen gewesen. Die Schweine seien
jedoch tierärztlich behandelt worden.

Auf weiteren Bildern von einer in der Ferkelzucht der
Agrarprodukte Laskau GmbH in Thüringen versteckt angebrachten Kamera
ist zu sehen, wie eine Tierbetreuerin neugeborene Ferkel auf den
Betonboden schleudert, um sie töten. Einer der Geschäftsführer des
Betriebes ist der Thüringer Bauernpräsident Helmut Gumpert.

Das Landratsamt Saale-Orla-Kreis in Thüringen erklärte gegenüber
dem NDR, dass derzeit Informationen ausgewertet würden, anschließend
würde entschieden, ob "aufgrund der nicht rechtskonformen Tötung
eines Ferkels" ein Verfahren eingeleitet werde. Gegen wen genau ein
eventuelles Verfahren geführt werde, müsse noch ermittelt werden, so
die Behörde.

Eine Kontrolle nach dem "Panorama"-Beitrag habe keine
Anhaltspunkte dafür ergeben, dass aktuell die Tötung der Ferkel in
dem Betrieb nicht gesetzeskonform erfolge. Gumpert hatte nach dem
Beitrag gegenüber dem MDR erklärt, es sei ein Einzelfall gewesen, die
Mitarbeiterin habe damals bei der Tötung Fehler begangen. Auch im
Fall der Putenmast Gut Jäglitz in Roddahn in Brandenburg prüft die
Staatsanwaltschaft Neuruppin, ob ein Anfangsverdacht gegen
Geschäftsführer Thomas Storck wegen Tierschutzverstößen vorliegt. Das
Landratsamt Neuruppin schrieb dem NDR, dass derzeit Informationen zum
Sachverhalt verarbeitet und rechtliche Bewertungen vorgenommen
würden. Videoaufnahmen aus seinem Stall zeigen mehrere Kadaver sowie
kranke und verletzte Tiere. Storck hatte eingeräumt, es handle sich
um schlimme Bilder, sie seien aber nicht repräsentativ für die
gesamte Herde, und mittlerweile würden die Anlagen wieder
ordnungsgemäß geführt.

Informationen zu "Panorama" unter www.panorama.de



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Iris Bents
Tel.: 040/4156-2304

Original-Content von: NDR / Das Erste, übermittelt durch news aktuell


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