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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Martin Anton zu VW

Geschrieben am 28-10-2015

Regensburg (ots) - Der als #Dieselgate berühmt gewordene
Abgasskandal beschert dem Volkswagen-Konzern 3,5 Milliarden Euro
Miese - vorerst. Damit rutschen die Wolfsburger das erste Mal seit 20
Jahren bei einem Quartalsbericht in die Verlustzone. Die Nachricht
sollte klar sein: In saubere Umwelttechnologien zu investieren,
kostet Geld. Es nicht zu tun, wird richtig teuer. Gut, normalerweise
wird diese Weisheit im Zusammenhang mit Langzeitfolgen
umweltschädlichen Verhaltens assoziiert. Etwa: Die Energiewende mag
auf kurze Sicht Geld kosten, aber weitere Jahrzehnte einfach Atommüll
verbuddeln wird richtig teuer. Doch, abgesehen davon, dass VW
eventuell auch für langfristige Umweltschäden wird geradestehen
müssen, die Gleichung gilt auch für die Zukunftsstrategien der
Autobauer. Nun ist der Fall von Volkswagen natürlich ein ganz
besonderer. Noch immer dürfte Martin Winterkorn wehtun, dass er
seinen Job wegen eines Umweltskandals in den USA verlor. Im Land, in
dem "Mudding", also das ziellose Herumfahren im Schlamm mit dem Auto
als veritable Freizeitgestaltung gilt und günstiges Benzin als
Grundrecht ähnlich dem Waffenbesitz wahrgenommen wird, stolpern die
sauberen Deutschen über eine Abgasbeschränkung. Der Grund scheint
klar: Die Abgassysteme den vorgegebenen Werten anzupassen wäre sehr
viel teurer gewesen, als die Software zu nutzen, die nur auf dem
Prüfstand anspringt. Die US-Umweltschutzbehörde EPA hat bewiesen,
dass Abgasgesetze wie der "Clean Air Act" nur dann Sinn ergeben, wenn
ihre Einhaltung auch entsprechend überwacht wird. Dass sie dabei
nicht nur deutsche Fabrikanten ins Visier nimmt, zeigen vergangene
Fälle etwa gegen General Motors oder Hyundai. Dass der Skandal eben
in den USA aufgedeckt wurde, zeigt, dass bei allem offensichtlichen
Pick-up-Truck-Gehabe und Hollywood-PS-Spaß auch in den Vereinigten
Staaten das Bewusstsein für die Schädlichkeit der Ölverbrennung
steigt. VWs Quartalsbericht ist im Endeffekt ja gerade deswegen so
mies, weil die erlaubten Höchstwerte für Stickstoffabgase in den USA
niedriger liegen als in der EU. Hybrid-Modelle wie der Toyota Prius
fanden in Amerika schon Fans, als hierzulande kaum jemand wusste, was
das überhaupt ist. Sicher, im Moment kaufen die Amerikaner ebenso wie
alle anderen gern die eher selten für Sport genutzten SUVs.
Elektroprogramme wie etwa die BMWi-Serie sollen vor allem
sicherstellen, dass man weiter solche Monströsitäten wie den X6
verkaufen darf. Die SUVs sind gut für die Rendite. Doch können die
Hersteller mit Ihnen nur schwerlich die immer strenger werdenden
Umweltstandards einhalten. Doch die gibt es aus gutem Grund. Das
Argument, die CO2-Bilanz von Elektroautos sei derzeit schlechter als
die der meisten Spritverbrenner, ist ein Ablenkungsmanöver. Es führt
kein Weg daran vorbei, Antriebe zu entwickeln, die mit regenerativen
Energien betrieben werden können und kein CO2 in die Luft pusten.
Dass es für die Automobilhersteller, beziehungsweise für Käufer und
Fahrer günstiger ist, eine endliche Ressource zu verbrennen, sie zu
diesem Zweck noch aus dem letzten Sandkorn zu quetschen, bleibt
unbegreiflich. Der VW-Skandal ist ein Warnschuss für die
Automobilindustrie. Sie muss die gesetzlichen Auflagen und damit den
gesellschaftlichen Willen nach umwelt- und klimaverträglicher
Mobilität ernst nehmen und die Grenzwerte nicht als Herausforderung
sehen, sie möglichst elegant, mit legalen oder illegalen Tricks, zu
umgehen. Die Hersteller - und nicht nur die - werden sonst am Ende
draufzahlen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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