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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Birgit Pinzer zu Fifa/Blatter

Geschrieben am 27-05-2015

Regensburg (ots) - Wer sich näher mit dem Fußball-Weltverband Fifa
beschäftigt, der mag sich vorkommen wie in einer Zeitschleife. Egal
um welchen Skandal es geht, Korruption, Bestechlichkeit, Geldwäsche -
aus dem Hauptquartier der Fifa in Zürich ist seit Jahren immer wieder
derselbe Satz zu hören: "The president is not involved" - der
Präsident hat damit nichts zu tun. Seit Mittwoch sitzen nun
Fifa-Funktionäre in Schweizer Auslieferungshaft, die amerikanische
Justizministerin höchstpersönlich gab eine Pressekonferenz, die
US-Staatsanwaltschaft und das FBI ermitteln, außerdem die
amerikanische Steuerfahndung und die Schweizer Justiz. So einen
Apparat in Bewegung zu setzen, das muss man erst einmal schaffen. Das
gelingt auf der Welt nur wenigen kriminellen Organisationen. Und
wieder hat der Präsident damit nichts zu tun? In der Tat: Am Ende
könnte sich herausstellen, dass dem Bundesverdienstkreuzträger Joseph
S. Blatter nichts nachzuweisen ist. Wenigstens keine Verfehlungen,
die eine Verurteilung nach sich ziehen würden. Blatter sitzt nicht
auf der Anklagebank, er wird (derzeit) nicht beschuldigt. Und
trotzdem wäre sein Rücktritt die einzig richtige Konsequenz. Die Uefa
konnte sich nun immerhin dazu durchringen, eine Verschiebung der Wahl
zu fordern. Für eine klare Rücktrittsforderung können sich aber
bislang nur wenige in der Fifa-Familie begeistern. Stattdessen gibt
es genügend Funktionäre wie den ehemaligen DFB-Boss Theo Zwanziger.
Sie sprechen zwar von einem Sumpf und beklagen, dass "die Fehler im
System" liegen "und sich zu viele bei der Fifa bedienen". Dabei
vergessen sie allerdings, dass Blatter dieses System verkörpert. Er
ist dieses System. Der Schweizer Sonnenkönig mag es nicht erfunden
haben - schon Vorgänger Joao Havelange hatte keinen guten Leumund -
aber Blatter hat es offensichtlich etabliert und verfeinert. Deswegen
ist es auch falsch, wenn sein Gegenkandidat Prinz Ali bin-Hussein
davon spricht, dass der 27. Mai 2015 ein trauriger Tag für den
Fußball sei. Im Gegenteil, es ist der erste gute Tag seit langen
Zeiten. Seit Mittwoch gibt es zumindest wieder Hoffnung - und nur
deswegen, weil staatliche Behörden ihre Arbeit tun. Selbst scheint
sich die Fifa nicht helfen zu können. Das hat sie in den vergangenen
Jahren zur Genüge bewiesen. Die Frage lautet nun: Wird sich Sepp
Blatter der Wahl stellen? Vieles spricht dafür, dass alles beim Alten
bleibt. Mag die Empörung besonders in Europa groß sein: Man darf
nicht vergessen, die Fifa besteht aus 209 Mitgliedern; den meisten
davon sind europäische Befindlichkeiten herzlich egal. Mit dem Finger
auf andere zeigen, geht sowieso nur bedingt. Auch die Europäer
leisteten Blatter jahrzehntelang treue Gefolgschaft und stimmten
meistens für den Schweizer, auch Deutschland. Das sollte diesen
Freitag das erste Mal seit der Ära Mayer-Vorfelder anders sein. Die
Ermittlungen könnten Blatters Position sogar stärken. Niemand weiß,
was die US-Behörden noch ans Tageslicht befördern. Da mag es für das
ein oder andere Fifa-Mitglied durchaus Sinn ergeben, Blatter noch
einmal zu wählen, um vielleicht noch Zeit für gewisse Aufräumarbeiten
zu haben. Auch Blatters Persönlichkeit spricht für eine Wiederwahl.
Er wird nicht kampflos aufgeben, was sein Leben seit 40 Jahren
bestimmt. In seinem Weltbild ist er nicht nur Sepp Blatter, er ist
die Fifa. Er sagte einmal: "Ich liebe Fußball, ich esse Fußball, ich
bin Fußball" Aber wenn Blatter den Fußball lieben würde, dann würde
er jetzt loslassen. Dann hieße es jetzt: "Blatter is not involved
anymore."



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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