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Börsen-Zeitung: Zinsfolgen des starken Dollar, ein Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 03-10-2014

Frankfurt (ots) - Die meisten Marktteilnehmer gehen davon aus,
dass die US-Notenbank im kommenden Jahr erstmals seit Ausbruch der
Immobilien- bzw. Finanzmarktkrise wieder an der Zinsschraube drehen
wird. Einige rechnen für das Frühjahr bereits mit diesem Schritt,
andere sehen ihn zur Jahresmitte. Nur sehr wenige gehen derzeit davon
aus, dass erst spät in der zweiten Jahreshälfte die erste
Zinsanhebung erfolgt oder sie 2015 überhaupt nicht mehr stattfinden
wird. In der Fed selbst sind jetzt allerdings die ersten Stimmen zu
vernehmen, die genau das in Aussicht stellen, nämlich eine spätere
Anhebung der Zinsen als derzeit am Markt erwartet. Der Grund für eine
eher spätere als frühere Leitzinsanpassung nach oben wird in der doch
sehr bedeutenden Aufwertung des Dollar innerhalb der vergangenen
Monate gesehen.

Dennis Lockhart, Präsident der Federal Reserve von Atlanta, hat
genau das in den vergangenen Tagen zum Thema gemacht, was im Markt
aber eher etwas unterging. Zu den Faktoren, die die Erholung der
US-Konjunktur belasten, zählt Lockhart eben diese jüngste
Kursbefestigung des Greenback. Im dritten Quartal hat er zum Euro
mehr als 8% an Wert zugelegt. Am Freitag kostete der Euro erstmals
seit gut zwei Jahren wieder um 1,25 Dollar. Lockhart sieht in der
Dollaraufwertung einen möglichen Belastungsfaktor für die US-Exporte.
Die Nachfragesituation stufte er in den USA eher als moderat ein.
Lockhart zufolge könnte die Zeit erst Mitte 2015 reif für die erste
Zinsanhebung sein, und er fügte an: "oder später". Ihm zufolge sind
die Konsumentenausgaben weiter gering, und das Lohnwachstum stufte er
als schwach ein.

Lockhart könnte mit seiner Einschätzung durchaus Recht behalten.
Derzeit sieht es danach aus, dass der Dollar weiter zulegen wird.
Prognostiziert werden Werte von 1,20 Dollar je Euro. Die Dynamik der
Aufwertungsbewegung der vergangenen drei Monate ist beeindruckend,
und das könnte sich noch fortsetzen. Auch Euro/Dollar-Niveaus
unterhalb von 1,20 sind gut vorstellbar. Einen starken Dollar dürfte
so manches US-Unternehmen dann sehr wohl auf der Exportseite spüren.

Diese Belastung dürfte dann auch die Gewinnsituation in
Mitleidenschaft ziehen. Entweder fällt das Gewinnwachstum weniger
stark (als prognostiziert) aus oder die Gewinne gehen sogar zurück.
Den Konsum stufte Lockhart ohnehin als eher moderat ein. Und stehen
die Unternehmen unter einem aufgrund des festen Dollars stärkeren
Druck, haben die Mitarbeiter bzw. Gewerkschaften kaum eine
vergrößerte Verhandlungsmacht bei den Löhnen und Gehältern. Das
Lohnwachstum in den USA und damit auch eine wichtige Triebfeder für
den Konsum könnte sehr viel schwächer ausfallen, als das gegenwärtig
am Markt eingepreist wird.

Kurzum: Der stärkere Dollar wirkt auf die US-Wirtschaft bereits
wie eine Zinserhöhung. Der Effekt verstärkt sich mit einer weiteren
Aufwertung des Greenback. Dann könnte es tatsächlich passieren, dass
die Fed nicht an der Zinsschraube dreht und die erste
Leitzinsanhebung weit nach hinten im kommenden Jahr verschoben wird -
oder sogar überhaupt nicht kommt. Dafür müsste der Greenback
vermutlich aber noch sehr deutlich weiter aufwerten.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Dollar bzw. die Stärke
der Währung zwar ein wichtiger Faktor für die Fed ist, aber es ist
eben nur ein Faktor. Wichtig wird weiterhin sein, wie robust sich der
Arbeitsmarkt zeigt. Und der präsentiert sich aktuell in einer sehr
guten Verfassung. Die am Freitag vorgelegten Arbeitsmarktstatistiken
für September wiesen 248.000 neue Arbeitsplätze aus. Marktteilnehmern
hatten mit 215.000 neuen Stellen gerechnet. Die Arbeitslosenquote
fiel von 6,1% auf 5,9% (Erwartung: 6,1%).

Spiegelbildlich zur Fed könnte es sich für die Europäische
Zentralbank (EZB) darstellen. Für sie ist ein schwacher Euro durchaus
willkommen, soll er doch die Wirtschaft ankurbeln und die
Deflationsgefahr bannen. Wertet der Euro weiter ab, müssen die
europäischen Währungshüter vielleicht keine weiteren Maßnahmen der
unkonventionellen Art ergreifen, so die Einschätzung. Am vergangenen
Donnerstag hat die EZB nun die Details zum Kaufprogramm für ABS und
Covered Bonds bekannt gegeben. Viele im Markt sehen hierin allerdings
nach wie vor nur den ersten Schritt. Es wird erwartet, dass die EZB
bei den unkonventionellen Maßnahmen am Drücker bleiben wird. Es wird
auch noch mit einem Staatsanleihekaufprogramm gerechnet, für das
Draghi mit den ABS- und Covered-Bond-Käufen die Tür öffnet.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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