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Hochsprung-Legende Ulrike Nasse-Meyfarth: "Ich musste die Weltspitze wieder einholen"

Geschrieben am 05-08-2014

Frankfurt am Main (ots) - Die zweifache Olympiasiegerin über ihren
"Fehler" bei ihrem zweiten Olympia-Gold, die deutschen Chancen bei
der Leichtathletik-EM in Zürich und über die Pflege junger Talente.

Vor 30 Jahren, am 10. August 1984, feierte die Hochspringerin
Ulrike Meyfarth in Los Angeles ihren zweiten Olympiasieg - zwölf
Jahre nach dem Gold von München 1972. Das ist bis heute einmalig. Und
am 12. August beginnt die Leichtathletik-EM in Zürich. Das Mitglied
der "Hall of Fame des deutschen Sports" blickt im Interview mit der
Deutschen Sporthilfe zurück und schaut voraus.

Was ist Ihnen vom Tag ihres zweiten Olympiasiegs in Los Angeles
noch prägend in Erinnerung?

Der Wettkampf lief wie am Schnürchen. Ich nahm alle Höhen im
ersten Versuch, direkt vor mir war die Italienerin Simeoni dran, die
Silber holte. Das Publikum war nicht so mitreißend wie in München,
aber ein deutsches Eckchen ging voll mit. Ich habe nur den Fehler
gemacht, nach dem Sieg mit 2,02 Metern noch über 2,07 springen zu
wollen, Weltrekord. Da war ich ein bisschen übermütig. Gefreut habe
ich mich, dass mir Berthold Beitz als IOC-Vize die Goldmedaille
umhängte. Erst kürzlich erfuhr ich in seinen Memoiren, dass ihn in
diesem Moment ein israelischer Sportjournalist wiedererkannte und
später aufsuchte. Beitz hatte ihn im Krieg vor dem KZ bewahrt.

Ihr Weg von München 1972 nach Los Angeles 1984 war nicht immer
einfach. Es gab Niederlagen und Kritik. Nun waren Sie zwölf Jahre
älter und sprangen zehn Zentimeter höher, gab es weitere
Unterschiede?

Diese zehn Zentimeter musste ich mir schwer erarbeiten. Ich war
als Athletin gereift und hatte viel an Kraft und Schnelligkeit
zugelegt, das konnte man an Anlauf und Absprung sehen. Ich musste ja
die Weltspitze wieder einholen. München 1972, da war ich 16, da war
das eine überraschende Leistung und ein überraschender Sieg. Es ist
viel schwieriger, eine Leistung wie in Los Angeles über Jahre hinweg
aufzubauen.

Werden sie häufig auf ihre Olympiasiege angesprochen?

Ja, das kommt immer noch vor. Vor allem auf den Sieg in München.
Leute erzählen mir, wo sie das miterlebt haben, dass sie etwa gerade
im Taxi saßen und Radio hörten. Natürlich ist der Sieg im eigenen
Land vielen Menschen präsenter als der bei der Nachtschicht in den
USA.

Das könnte man als Plädoyer für Olympische Spiele in Deutschland
sehen.

Ja klar. Aus Athletensicht kann es nichts Größeres geben als
Olympia im eigenen Land.

Was erwarten Sie von den deutschen Leichtathleten nach dem Sieg
bei der Team-EM im Juni in Braunschweig für die Europameisterschaften
in Zürich?

Die Team-EM kam gut rüber in den Medien und war aus deutscher
Sicht eine prima Teamleistung. Der Robert Harting ist zu jedem hin,
hat angefeuert und gratuliert, so etwas kennt man ja gar nicht.
Früher war das schwieriger mit dem Teamgeist. Warum soll da nicht der
eine oder die andere über sich hinauswachsen? Zumal in einigen
Disziplinen eine Medaille bei einer EM viel greifbarer liegt als auf
Weltebene. Für Zürich sehe ich vor allem im Wurf, in den Staffeln und
im Weitsprung Chancen.

Und im Hochsprung? Ariane Friedrich ist schwanger, Marie-Laurence
Jungfleisch sprang bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm 1,90
Meter, Martin Günther 2,25 Meter, Raúl Spank wurde Vierter. Können
die Deutschen in Zürich ein Wörtchen mitreden?

Im Hochsprung ist es derzeit schwierig. Es gibt solche Phasen.
Jungfleisch ist noch jung, muss Erfahrung sammeln. Günther hat
einiges drauf, kann das aber nicht immer abrufen. Es wird nicht
einfach für sie werden.

Der Russe Iwan Uchow und der Ukrainer Bohdan Bondarenko kratzen am
Männer-Weltrekord des Kubaners Sotomayor aus dem Jahr 1993 (2,45
Meter). Bei den Frauen hält die Bulgarin Kostadinowa den Weltrekord
(2,09 Meter) schon seit 1987. Wann fällt eine Bestmarke?

Ein Sprung über 2,40 Meter bedeutet noch nicht, dass man bald 2,45
Meter springen wird. Mit zunehmender Höhe werden die Schritte
kleiner. Die Frauen beißen sich schon seit Jahren am Weltrekord die
Zähne aus. Ich dachte, die Kroatin Blanka Vlasic könnte es schaffen,
dann verletzte sie sich. Zurzeit sehe ich keine Weltrekordspringerin,
eher passiert etwas bei den Männern. Rekorde fallen aber häufiger bei
kleineren Veranstaltungen. Internationale Meisterschaften sind keine
Rekord-, sondern Gewinnspringen.

Sie sind dreimal Weltrekord gesprungen, zuletzt 2,03 Meter. War
Ihnen das wichtig?

Mir war wichtig, zum richtigen Zeitpunkt fit zu sein. Die
Weltrekorde waren nette Dreingaben. Die 2,03 Meter 1983 in London
waren übrigens nicht geplant und nicht erwartet. Die Russin Tamara
Bykowa und ich haben uns hochgepuscht. Ich kam im ersten Versuch
drüber, sie im zweiten oder dritten. Allerdings hielt der Rekord nur
wenige Tage, bis Bykowa einen Zentimeter draufpackte.

Kann die deutsche Leichtathletik 2016 in Rio ein gutes Bild
abgeben?

Ich denke, wir werden uns gut präsentieren. Doch vor allem hoffe
ich, dass allein die Olympischen Spiele gut über die Bühne gehen
werden. Die soziale Ungerechtigkeit in Brasilien dürfte wie bei der
Fußball-WM Anlass für Proteste geben, berechtigterweise. Es muss
nachhaltig etwas für die Menschen dort getan werden. Vor Peking 2008
wurde für Tibet demonstriert, das geriet aber schnell wieder in
Vergessenheit.

Was haben Sie aus Ihrer Sportkarriere für das Leben mitgenommen?

Es war eine schöne Zeit, die einem keiner mehr nehmen kann.
Geprägt hat mich, Training und gleichzeitiges Studium einteilen zu
müssen. Studierende Sportler sind anders, sie erwerben gewisse
Fähigkeiten, die Normalstudierende nicht lernen. Damit können sie
einen späteren Berufseinstieg ausgleichen. Das wird von Unternehmen
mehr und mehr erkannt. In einer olympischen Sportart ist es
lebenswichtig, zweigleisig zu fahren und eine Ausbildung
abzuschließen. Ich sah mich nie als Profi. Hört man auf, liegt nicht
viel Geld auf der hohen Kante, selbst wenn das einige glauben. Heute
müssen viele Sportler immer noch für Ausrüstung oder Trainingslager
eigenes Geld in die Hand nehmen. Trainer denken oft nur an Medaillen.
Doch die wenigen Talente, die wir haben, die müssen wir pflegen.
Leistungssport muss sich in jeder Hinsicht lohnen.

Zur Person:

Ulrike Nasse-Meyfarth (* 4. Mai 1956 in Frankfurt am Main) Keiner
anderen Leichtathletin ist das Kunststück gelungen, zwölf Jahre nach
dem ersten Sieg ein zweites Mal Olympia-Gold zu holen. Als 16-Jährige
gewann Ulrike Nasse-Meyfarth 1972 in München völlig überraschend mit
Weltrekord (1,92 Meter). Am 10. August 1984 überquerte sie in Los
Angeles bei 2,02 Meter die Latte. Bei den Europameisterschaften 1982
in Athen sprang sie mit Weltrekord (2,02 Meter) zum Titel. Ein Jahr
später steigerte sie die Rekordmarke auf 2,03 Meter. Weitere Erfolge
waren Titel bei Hallen-Europameisterschaften 1982 und 1984 sowie
WM-Silber 1983. Zwischen 1981 und 1984 war Ulrike Nasse-Meyfarth
viermal in Folge deutsche "Sportlerin des Jahres". Heute arbeitet die
58-Jährige unter anderem als Trainerin für ihren Verein TSV Bayer 04
Leverkusen. Seit 2011 ist sie Mitglied in der "Hall of Fame des
deutschen Sports".

Die Fragen stellte Oliver Kauer-Berk.

Abdruck honorarfrei. Quelle: Deutsche Sporthilfe

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Pressekontakt:
Stiftung Deutsche Sporthilfe
Jörg Hahn
Otto Fleck-Schneise 8
60528 Frankfurt am Main
Tel: 069-67803 - 500
Fax: 069-67803 - 599
E-Mail: joerg.hahn@sporthilfe.de
Internet: www.sporthilfe.de


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