(Registrieren)

Zentraler Lern- und Erinnerungsort für die Region Hannover / Neue Gedenkstätte Ahlem steht Besucherinnen und Besuchern offen (FOTO)

Geschrieben am 25-07-2014

Hannover (ots) -

Nach 15 Monaten Bauzeit feierlich eröffnet: Die neue Gedenkstätte
Ahlem steht seit heute (25. Juli) für Besucherinnen und Besucher
offen. Regionspräsident Hauke Jagau, Architekt Roger Ahrens, Barbara
Traub vom Zentralrat der Juden in Deutschland sowie Manfred Böhmer
vom Niedersächsischen Verband deutscher Sinti schnitten im Beisein
von rund 400 geladenen Gästen sowie Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus
dem In- und Ausland das symbolische Band durch und luden zu einem
Rundgang durch die neuen Ausstellungsräume und den Außenbereich ein.

Stefan Schostok, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover,
Barbara Traub vom Zentralrat der Juden in Deutschland und Manfred
Böhmer vom Niedersächsischen Verband Deutscher Sinti sprachen
Grußworte. Der Historiker Prof. Dr. Peter Longerich gab seinen
Gedanken zur Neueröffnung der Gedenkstätte Ahlem in einem Vortrag mit
dem Titel "Geschichte und Erinnerung" Ausdruck. Der feierliche
Empfang mit koscheren Speisen wurde musikalisch begleitet von Andor
Izsák, Gitanes Blondes, Di Finkelstein Kapelye sowie Bogdan Dragus.
Zu Gast war auch eine Delegation, die mit Landrat Moti Dotan aus
Unter Galiläa, dem Partnerkreis der Region Hannover, angereist ist.

"Die Gedenkstätte Ahlem soll ein Erinnerungsort sein für die 2.946
Menschen, für die Ahlem eine Station auf dem Weg in den Tod war. Sie
soll aber auch ein außerschulischer Lern- und Informationsort für die
nachwachsenden Generationen sein", erklärte Regionspräsident Hauke
Jagau bei der Eröffnung. "Die Geschehnisse während der Zeit des
Nationalsozialismus dürfen niemals vergessen oder verdrängt werden,
sie müssen als Mahnung auch kommenden Generationen im Bewusstsein
bleiben", betonte Oberbürgermeister Stefan Schostok in seinem
Grußwort.

"Die Gedenkstätte Ahlem ist künftig in einem Zug zu nennen mit dem
'Braunen Haus' in München, mit dem EL-DE-Haus in Köln oder
Einrichtungen wie dem Centre d'Histoire de la Résistance et de la
Déportation (CHRD) in Lyon", sagte Barbara Traub vom Zentralrat der
Juden in Deutschland.

Ansprachen gab es außerdem von der Zeitzeugin Gerda Steinfeld
sowie von dem Zeitzeugen Ernest Wertheim. Bis zu ihrer Deportation in
das Konzentrationslager (KZ) Theresienstadt im Juni 1932 hatte Gerda
Steinfeld vom Winter 1941 bis zur Schließung im Sommer 1942 die
Schule in Ahlem besucht. Nach ihrer Befreiung aus dem KZ war sie nach
Hannover zurückgekehrt und hatte die Zeit erlebt, in der auf dem
Gelände ein Kibbuz "Zur Befreiung" eingerichtet wurde. In den 1950er
Jahren war Gerda Steinfeld nach Israel ausgewandert, wo sie heute
lebt.

Ernest Wertheim war von 1934 bis 1937 Gärtnerlehrling in der
Israelitischen Gartenbauschule; diese Zeit prägte auch seinen
beruflichen Werdegang. Ihm gelang die Emigration in die USA, wo er
durch sein Wissen im Gartenbau beruflich Karriere machte. Ernest
Wertheim gilt heute als der "Erfinder des Gartencenters" und hält
noch immer weltweit Vorträge über Gartenbau und sein bewegendes
Leben.

Die neue Gedenkstätte

Auf dem Gelände der ehemaligen Israelitischen Gartenbauschule ist
ein Informations-, Bildungs- und Gedenkzentrum entstanden, dessen
Strahlkraft weit über die Grenzen der Region Hannover hinausreicht.
Das Besondere des Ortes liegt darin begründet, dass er von jüdischer
Kultur und Hoffnung, aber auch von Verbrechen und Vernichtung zu
berichten weiß: Von 1893 an wurden an der Heisterbergallee jüdische
Jungen und Mädchen in Gartenbau und Handwerksberufen ausgebildet.
Dann kamen 1941 die Nazis und missbrauchten den Ort als Sammelstelle
für Deportationen. Ab 1943 waren Folter - später Morde - in dem
"Polizei-Ersatzgefängnis" für Zwangsarbeiter, politische Häftlinge,
Sinti und Roma bis zur Befreiung blutiger Alltag. Die neue
Gedenkstätte macht das eine wie das andere Kapitel der Geschichte
sichtbar.

Umbau und Neugestaltung

In einem europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb für die
Neugestaltung der Gedenkstätte hatte die Arbeitsgemeinschaft Ahrens
Grabenhorst Architekten, IKON Ausstellungsgestaltung und
Landschaftsarchitekt Marcus Cordes (chora blau) für ihren Entwurf
2011 den ersten Preis zugesprochen bekommen. "Uns war es wichtig,
dass sich die bewegte Geschichte der Gartenbauschule mit all ihren
Brüchen auch in der Architektur spiegelt", so Architekt Roger Ahrens.
Nach seinen Plänen wurde das ehemalige Direktorenhaus an der
Heisterbergallee kernsaniert und ausgebaut.

Ein neues Eingangsgebäude ist entstanden, dessen gläsernes Foyer
den Blick auf den Außenbereich der Anlage lenkt. Dieser nimmt in
seiner Gestaltung Bezug auf den alten Schulgarten. Er wurde vom
Landschaftsarchitekten Marcus Cordes gestaltet: "Mit der Überlagerung
und Durchdringung der in das Parkgrundstück integrierten
Schulgartenstrukturen sowie den als Rasenschneisen ausgebildeten
Fluchtlinien wird die für die Geschichte dieses Ortes so bezeichnende
Ambivalenz hervorgehoben." Ein Weg parallel zur Heisterbergallee
verbindet die unterschiedlichen Bereiche der Dokumentations- und
Gedenkstätte miteinander.

Bei den Umbauarbeiten wurden im Treppenhaus des Gebäudes alte
Wandmalereien entdeckt, die nach historischem Vorbild
wiederhergestellt werden konnten. "Diese überraschende Kostbarkeit
wollten wir gern bewahren", berichtet Gedenkstättenleiterin Stefanie
Burmeister. Im 2. Obergeschoss des Gebäudes wurden im Zuge der
Arbeiten außerdem Säulen freigelegt und in das neue Raumkonzept
integriert.

Die Kosten für die Umgestaltung der Gedenkstätte Ahlem belaufen
sich auf rund 6,3 Millionen Euro, die von der Region Hannover
getragen werden. Förderpartner der Umgestaltung sind der Förderverein
der Gedenkstätte Ahlem e. V., die Sparkasse Hannover, das Land
Niedersachsen, der enercity-Fonds proKlima, die Stiftung
Niedersachsen, die Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie die
Klosterkammer Hannover.

Ausstellung und pädagogisches Konzept

Für den denkmalgeschützten Altbau hat ein Team aus Historikerinnen
und Historikern, Politologinnen und Politologen, Pädagoginnen und
Pädagogen sowie die Firma IKON Ausstellungsgestaltung ein neues
Ausstellungkonzept erarbeitet. Ausstellungsmacherin Martina
Scheitenberger: "Die Ausstellungsarchitektur interpretiert die
verschiedenen Zeitschichten der Israelitischen Gartenbauschule und
macht sie lesbar."

Die Wände der knapp 400 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche
sind in gedecktem Blau und Beige gestrichen und mit Texten, Fotos
sowie Bildschirmen versehen worden. Auf ihnen sind Interviews mit
Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu sehen. Informationsstelen geben
ebenfalls Auskunft zu einzelnen Aspekten der Ausstellung.

Im ersten Obergeschoss der Ausstellung liegt der Fokus auf
Verfolgung und Ausgrenzung während des Nationalsozialismus in Ahlem.
Das zweite Obergeschoss ist dem deutsch-jüdischen Leben in der von
dem Bankier Moritz Simon gegründeten Gartenbauschule gewidmet. Dieser
Bereich stellt die Geschichte in den Jahren von 1893 bis 1942 und
nach der Befreiung 1945 dar. Im Dachgeschoss befinden sich modern
ausgestattete Seminarräume. Im Sockelgeschoss des Neubaus bietet ein
Veranstaltungsraum Platz für Lesungen, Sonderausstellungen und
Zeitzeugengespräche. Im Erdgeschoss befindet sich eine Mediathek.

"Wir freuen uns auf interessierte und aktiv forschende
Besucherinnen und Besucher, denen wir unsere Dokumente mit modernen
Medien zugänglich machen möchten", erklärt Stefanie Burmeister.
"Fragen, entdecken, verstehen", so das Motto des pädagogischen
Angebots, das von kurzen Führungen über mehrtägige Workshops bis hin
zu langfristigen Projekten reicht. Ein Team von Pädagoginnen und
Pädagogen steht Schulklassen und -gruppen ebenso wie Lehrkräften ab
dem Schuljahr 2014/2015 zur Seite, begleitet sie durch die
Räumlichkeiten und beantwortet Fragen.

Öffnungszeiten der Gedenkstätte Ahlem

Die Gedenkstätte Ahlem ist zu folgenden Zeiten für Besucherinnen
und Besucher geöffnet: Di. und Mi. 10-17 Uhr, Do. 10-19 Uhr, Fr.
10-14 Uhr, So. 11-17 Uhr. Mo., Sa. und an Feiertagen geschlossen. Der
Eintritt ist frei. Weitere Informationen zur Gedenkstätte Ahlem sind
im Internet abrufbar unter: www.gedenkstaette-ahlem.de



Pressekontakt:
Frauke Bittner

Region Hannover
13.01 Team Kommunikation
Pressesprecherin
Hildesheimer Straße 20
30169 Hannover

Telefon: 0511 / 616 - 2 20 76
Telefax: 0511 / 616 - 2 24 95
Mobil: 0173 / 5 13 99 24

E-Mail: Frauke.Bittner@region-hannover.de
Internet: www.hannover.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

539266

weitere Artikel:
  • 11FREUNDE MEISTERFEIER 2014: Gewinner Marco Reus, Markus Weinzierl, Stefan Reuter und Thomas Hitzlsperger nehmen den Preis die "11" in Hamburg entgegen Hamburg/ Berlin (ots) - Gestern Abend ehrte 11FREUNDE, das Magazin für Fußballkultur, die herausragenden Protagonisten der vergangenen Bundesliga-Saison 2013/14 im Rahmen der 11FREUNDE MEISTERFEIER mit dem Preis die "11". Im Juni hatte eine hochkarätig besetzte 22-köpfige Jury, der u.a. Hans Meyer, Steffen Simon, Uwe Seeler, Markus Merk, Silvia Neid, Joachim Król und Dietmar Beiersdorfer angehörten, folgende Wahl getroffen: Spieler des Jahres: Marco Reus Trainer des Jahres: Markus Weinzierl Manager des Jahres: Stefan mehr...

  • Newsroom.de: Funke Mediengruppe muss sich Ruck geben / Kommentar von Frank Bünte zum geplatzten RN/WAZ-Deal Dortmund (ots) - Dass das Bundeskartellamt die Fahne des Wettbewerbs und der Medienvielfalt hisst, ist zunächst ein erwartetes, zugleich aber auch ein erfreuliches Ereignis. Damit sind die Pläne zweier den Markt beherrschender Zeitungsverlage, sich auf Kosten der Leser und der Meinungsvielfalt zu beiderlei Vorteil zu einigen, gescheitert. Im Interesse der betroffenen lokalen Monopolräume in Dortmund, Lünen, Castrop-Rauxel und Schwerte ist damit aber noch nicht viel gewonnen. Die Frage ist vielmehr, ob das Kartellamt mehr...

  • BEYONCE & JAY Z "On The Run Tour" exklusiv in Paris für zwei Abschlussvorstellungen -- Der einzige Auftritt in Europa, 12. und 13. September - -- "On The Run ist von epischem Ausmaß, denn es reicht einfach niemand an BEYONCE und JAY Z heran. Bereits allein sind sie beeindruckend. Aber gemeinsam sind sie unaufhaltbar." - ATLANTA JOURNAL CONSTITUTION -- "Gegensätze, die sich anziehen (und ergänzen)" -- "BEYONCE ist königlich, JAY Z frech. BEYONCE, der Inbegriff eiserner Intensität;de.newsaktuell.mb.nitf.xml.Br@20a57bc3JAY Z, das Symbol für lockere Coolness. BEYONCE, eine Hammerfrau, die dich umhaut; mehr...

  • Pay-TV-Erfolgsserie kehrt zurück: Fox zeigt fünfte Staffel von "The Walking Dead" als Globale Premiere ab 13. Oktober München (ots) - Deutsche TV-Premiere um 21.00 Uhr auf Fox - weniger als 24 Stunden nach der US-Premiere in deutscher Fassung und im englischen Original Knapp 3-minütiger Trailer ab sofort exklusiv auf www.facebook.com/foxchannel.de oder www.foxchannel.de Soeben wurde auf der Comic Con in San Diego der US-Termin für die von Fans mit Spannung erwartete fünfte Staffel von "The Walking Dead" bekannt gemacht. Damit steht auch der Termin der deutschen TV-Premiere fest: Fox zeigt die brandneuen 16 Episoden der Zombie-Apokalypse ab 13. mehr...

  • Bewegung verhindert Kopfschmerz / Regelmäßiger Sport schützt fast so gut wie vorbeugende Medikamente Baierbrunn (ots) - Kopfschmerzpatienten können mit regelmäßiger körperlicher Aktivität die Zahl der Schmerztage deutlich verringern. "Bewegung verhindert Kopfschmerzen", sagt Dr. Charly Gaul, Neurologe und Schmerzmediziner an der Migräneklinik Königstein, im Patientenmagazin "HausArzt". Zum Beispiel dreimal pro Woche 30 Minuten Walking könne die Zahl der Kopfschmerztage um 40 Prozent senken. Das hätten Studien belegt. "Ein vorbeugendes Medikament schafft etwa 50 Prozent", verdeutlicht Gaul das Potenzial von Bewegung. Es müsse nicht mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht