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Börsen-Zeitung: Feigheit vor der Politik, Kommentar zur EZB von Stephan Lorz

Geschrieben am 05-06-2014

Frankfurt (ots) - Für die einen ist es hohe Kunst, für die anderen
Hexenwerk: Gleich mit einer ganzen Phalanx an geldpolitischen
Maßnahmen geht die Europäische Zentralbank (EZB) gegen die im
Eurogebiet aufgekommenen deflationären Tendenzen sowie gegen die
Kredit- und Wachstumsschwäche vor. Niedrigere Leitzinsen und ein
negativer Einlagensatz sollen den Euro schwächen und die Konjunktur
stärken, ein attraktiver, aber konditionierter Langfristtender die
Kreditvergabe der Banken ankurbeln. Zudem wird der direkte Ankauf von
Kreditpaketen (ABS) vorbereitet.

Der weitgehend auf unerprobtem Gelände stattfindende
geldpolitische Rundumschlag der EZB dürfte in die Geschichtsbücher
eingehen - falls das dahinterstehende Kalkül aufgeht! Und daran
bestehen begründete Zweifel. Der mickrige Zinsschritt löst allenfalls
einen Placeboeffekt aus, der Negativzins könnte sogar mehr schaden
als nützen, wenn deswegen die Bankgebühren zulegen. Und der Markt für
europäische ABS ist so klein, dass ein Ankauf von Papieren allenfalls
symbolische Bedeutung hat. Die Wirkung auf die Realwirtschaft ist
also eher begrenzt. Lediglich die Banken dürfen sich ungeteilt
freuen, erhalten sie doch erneut billiges Geld für lau. Dabei
herrscht an Liquidität kein Mangel.

Gleichzeitig begibt sich die EZB auf gefährliches Terrain: Denn
die gebotene Kontrolle der Kreditkonditionen gebiert ein
bürokratisches Monster. Fehlentscheidungen werden nicht ausbleiben
und an der Glaubwürdigkeit der Notenbank nagen. Dabei ist diese das
Zentrum ihrer Macht: Nur das Vertrauen der Marktteilnehmer und
Eurobürger in die Neutralität und Unabhängigkeit der Notenbank hält
die Geldordnung stabil. Wenn nun aber die EZB über die Kreditvergabe
in die Realwirtschaft eingreift, durch ihre Geldpolitik viele
Menschen um ihr Erspartes bringt, woran ganze Lebensentwürfe
zerbrechen, zudem neue Unsicherheiten aufkommen, wird das Misstrauen
sähen und ihre Instrumente abstumpfen lassen. Ganz abgesehen von
dadurch heraufbeschworene Gefahren neuer Finanzblasen.

Die EZB hat zugleich eine gigantische Umverteilungsmaschinerie in
Gang gesetzt. Das Bankenwohl steht an erster Stelle - und der Politik
wird ein Freifahrtschein ausgestellt. Sie kann nun alle
Reformanstrengungen fahren lassen. Die Eurobürger indes zahlen die
Zeche. Es sind diese Rangordnung und die Feigheit der Notenbank, die
Politik endlich durch geldpolitisches Stillhalten in die
Verantwortung zu pressen, welche die größten Gefahren für die
Eurozone darstellen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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