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DER STANDARD-Kommentar: "Mehr Krämerseele als Kreativgeist" von Gerald John

Geschrieben am 29-04-2014

Mit dem neuen Budget verpasst die Koalition die Chance, starke
Akzente zu setzen (Ausgabe ET 30.4.2014)

Wien (ots) - Die erste - und einzige - Pointe war eine
Steilauflage für die Opposition. Wer "im Land der Berge" den
überzähligen Schuldenberg beklagt, braucht sich über Spott nicht zu
wundern, wenn selbiger gleichzeitig auf Rekordhöhe wächst. Danach
aber hat Michael Spindelegger das Publikum seiner Budgetrede, um es
positiv zu sehen, erfolgreich sediert: Weder bot er den Gegnern
Anlass für Aufwallungen, noch riss er die Seinen zu
Begeisterungsstürmen mit.

Nüchternheit steht einem Finanzminister nicht zwangsläufig
schlecht, hat das Hohe Haus mit dem flotten Nulldefiziterfinder
Karl-Heinz Grasser doch auch schon das andere Extrem erlebt. Dessen
Hauruck-Aktion mündete einst in Rekordsteuerquote, abgewürgter
Konjunktur und einem in der Folge überbordenden Defizit.

Spindelegger geht das gleiche Ziel seriöser, weil gemächlicher an.
Zu Recht stemmt er sich gegen den Ruf der EU-Kommission, bereits im
nächsten Jahr die magische Null anzusteuern. Das Wirtschaftswachstum
ist zu fragil, um voll auf die Bremse zu steigen, das Zinsniveau für
die Staatsschulden im Keller, das aktuelle Defizit mit 1,5 Prozent
weit von einem Explosionsszenario entfernt. Ja, die Bürger zahlen
mehr Steuern als noch vor fünf Jahren. Aber angesichts zweistelliger
Milliardenkosten durch Wirtschaftskrise und Bankenpleiten lässt sich
nicht pauschal behaupten, dass da ein nimmersatter Staat ohne Not
Geld verschlingt.

Allerdings ist ein Finanzminister nicht bloß Buchhalter, der fest
seine Kasse umklammern sollte. Mit der Hand an den Milliarden lassen
sich Reformen anstoßen, Weichen stellen. Die Regierung tut das zu
wenig: Aus dem Budget spricht mehr Krämerseele als Kreativgeist.

Zwar sind etwa die Investitionen in Forschung und Kinderbetreuung
wichtige Akzente, doch gleichzeitig droht der einheitliche Schnitt
über alle Ressorts Schaden in Schlüsselbereichen anzurichten. Da kann
die Koalition noch so viele "Offensivmittel" rechnerisch ausstellen:
Unterm Strich wird das Bildungsbudget von 2014 auf 2015 sinken und
danach nur schwächer als die Inflation steigen. Selbst bei
abnehmenden Schülerzahlen kann das nicht reichen, um die Not an den
überlasteten Schulen zu beheben. Kurzgehalten werden auch die Unis.
Der Budgetpfad hält mit dem erklärten Ziel, die Ausgaben für tertiäre
Bildung auf zwei Prozent des BIP zu heben, nicht annähernd Schritt.
Vom Internetausbau über Umwelt bis zur Entwicklungshilfe setzt es
heikle Einschnitte, und das Prestigeprojekt der Regierung existiert
nur in der Rhetorik: Für eine Senkung der Lohnsteuer bietet das
Budget keinen Spielraum.

Ein solcher ließe sich trotz Hypo erarbeiten - da kann man die
Koalitionäre selbst beim Wort nehmen. Um beim Finanzminister zu
bleiben: Wenn Spindelegger schon jegliche Vermögensbesteuerung
ablehnt, sollte er umso mehr die eigenen Patentrezepte forcieren. Wo
bleibt die große Verwaltungsreform? Die oft aufgezählten Teilerfolge
in Ehren, doch die großen Brocken sind im föderalistischen Wirrwarr
zu holen. Jetzt werde die Entflechtung konsequent angegangen,
verspricht Spindelegger - als habe die ÖVP die letzten Jahrzehnte auf
dem Mars und nicht in der Regierung verbracht.

Auch für Reformen, die fix im Budget verbucht sind, fehlt noch der
Realitätsbeweis - von den Spitälern bis zu den Pensionen, deren
Kosten weiter stark steigen. Spindeleggers "Trendwende" weg vom
Schuldenmachen ist erst im Stadium der Träumerei.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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