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Börsen-Zeitung: Fair Value von Griechenland, Marktkommentar von Kai Johannsen

Geschrieben am 11-04-2014

Frankfurt (ots) - Fünfjährige Staatsanleihe, Volumen 3 Mrd. Euro,
Kupon 4,75%, Rendite 4,95%, Emittent ist ein Eurozonenstaat. Wer sich
nicht jeden Tag mit Bondrenditen auseinandersetzt und auch mal kurz
die Staatsschuldenkrise einen Moment außer Acht lässt, dem wird bei
diesen Eckdaten vielleicht noch nicht einmal viel auffallen. Als
Emittent mag man vielleicht an Frankreich, Holland oder sogar die
Bundesrepublik denken. Vor ein paar Jahren waren das sogar die
Anleihekonditionen dieser Staaten. Emittent ist nun aber Griechenland
- also das Land, das vor vier Jahren den Offenbarungseid leistete,
seitdem mit Abermilliarden an internationalen Hilfsgeldern gestützt
werden musste und das erst vor zwei Jahren seine Schulden
restrukturiert hat. Zur Erinnerung: Vor zwei Jahren lagen die
zehnjährigen Bondrenditen der Hellenen noch bei rund 30%, nun sind es
um die 6%; bei fünf Jahren knapp unter 5%.

Griechenland ist damit in etwa auf dem Niveau angekommen, auf dem
sich der Bund vor Ausbruch der Subprimekrise im Sommer 2007 befand.
Seinerzeit zahlte der deutsche Staat für eine fünfjährige Anleihe
eine Rendite von um die 4,65%. Aber der Bund war und ist eine
Triple-A-Adresse. Er ist der Benchmark-Emittent der Eurozone, an dem
sich alle messen (lassen müssen). Der Bund ist neben den USA auf dem
Anleihemarkt der sichere Hafen, den die Investoren ansteuern, wenn es
irgendwo auf den Märkten wacklig wird. Griechenland hingegen wird
immer noch mit "B-" (S & P und Fitch) bzw. mit Caa3 (Moody's)
bewertet, also tief bzw. sehr tief im Junk-Bereich. Der High-Yielder
Griechenland zahlt also heute die Zinsen bzw. Renditen, die vor nicht
ganz sieben Jahren die Top-Bonität der Eurozone zahlte. Das ist also
der Fair Value für Griechenland, wenn man annehmen darf, dass der
Markt immer den richtigen, d.h. den fairen Preis findet.

Wunsch der Investoren

Offensichtlich ist das der faire Preis, nämlich der aus
Investorensicht faire Preis. Denn die Lead-Banken sind bei dem ersten
Griechenland-Deal seit vier Jahren ohne irgendeine Indikation
hinsichtlich der Rendite vorgegangen. Üblicherweise wird in der Phase
der Interessenauslotung - Neudeutsch Indication of Interest - immer
eine Spread- oder Rendite-Vorgabe gemacht, damit die Investoren schon
mal einen Anhaltspunkt haben. Darauf wurde zunächst verzichtet. Die
Investoren sollten ihre Wünsche frei äußern können, war im Handel zu
vernehmen. Und die Investoren haben ihre Wünsche frei geäußert: Die
von ihnen gewünschten Renditen lagen im Bereich von 4,9 bis 5,5% -
war in mit dem Deal vertrauten Kreisen zu hören. Es waren also die
Investoren, die eine derartige Rendite für richtig - für fair -
gehalten haben. 4,95% haben sie schließlich bekommen.

Eine derartige Rendite kann nicht damit erklärt werden, dass
Investoren den Staat Griechenland so einstufen, wie sie vor ein paar
Jahren den Bund gesehen haben. Die wirtschaftliche Realität in beiden
Ländern - auch wenn ein paar Jahre zwischen diesem Vergleich liegen -
sieht beileibe nicht so aus, als das diese Renditen gerechtfertigt -
im Sinne von fair - wären. Erklären lassen sie sich nur mit zwei
Aspekten, die ineinandergreifen. Erstens: Mario Draghi, Chef der
Europäischen Zentralbank, hat den Marktteilnehmer im Sommer 2012 in
Aussicht gestellt, dass die Währungshüter jeden Staat der Eurozone
vor dem Kollaps bewahren werden, und zwar mit Bondkäufen jeden
erdenklichen Ausmaßes. Das ist der Draghi-Put. Seitdem kaufen die
Investoren diese Staatsanleihen, weil sie wissen, dass sie die
Papiere im Fall der Fälle der EZB andienen können. Zweitens: Die
Investoren sind auf der Jagd nach Rendite(aufschlägen). Diese finden
sie in der Peripherie. Durch den Draghi-Put werden die Staatsanleihen
der Eurozonenperipherie zum interessanten und zugleich risikolosen
Geschäft. Durch die enormen Staatsanleihekäufe sinken die Renditen in
der Peripherie, was den Ländern wiederum zugutekommt.

Und was bedeutet der Deal nun für Griechenland? Ohne Frage ist das
nur der erste Schritt an den Markt gewesen. Ein Bond-Testballon über
3 Mrd. Euro ist noch kein staatliches Refinanzierungsprogramm im
zweistelligen Milliardenbereich. Das ist ein ungleich größerer
Kraftakt. Aber es wird die Griechen ermuntern, zu diesen günstigen
Konditionen den Aufbau einer Laufzeitenkurve anzugehen. Außerdem wird
mit jedem weiteren Schritt auch die ganze Kette von
Refinanzierungskanälen aufgehen, und zwar nicht nur für den Staat. Es
ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die ersten
griechischen Unternehmen am Markt sehen lassen, die auch von der
Investorenjagd nach Rendite profitieren wollen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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